Bier, der Getränkehandel und Oetker

Von Volker Danisch

Die Schnapszahlen 9,99 Euro und 8,88 Euro für den Kasten mit 20 Halbliterflaschen mögen die Biertrinker erfreuen, für andere sind sie traurige Realität. Mehr als 90 Prozent der Getränkefachgroßhändler sehen einer Verbandsumfrage zufolge im Preiskampf der Supermärkte und Discounter die größte Herausforderung. Der Ausleseprozess unter den häufig kleinen Fachhändlern wird sich damit fortsetzen. Von den bundesweit etwa 14 000 Getränkemärkten wird einer Prognose zufolge innerhalb von zehn Jahren gut jeder Dritte seine Türen schließen.

Der Getränkefachgroßhandel ist eine riesige Drehscheibe zwischen den Getränkeherstellern auf der einen Seite und den Verbrauchern auf der anderen Seite. Beliefert werden Gaststätten, Tankstellen und Lebensmittelgeschäfte. Ein Teil der Getränkefachgroßhändler betreibt zudem eigene Fachmärkte, um direkt die Verbraucher zu bedienen.

Wer hier aktiv ist, kennt die Trends, die «Schnelldreher» unter den Produkten. In der Branche ist durch den Preisdruck viel in Bewegung gekommen. «Einkaufsverbünde, die gemeinsam Getränke einkaufen und Aktionen starten, sind eine Antwort auf die Entwicklung der letzten zwei Jahre», sagt Günther Guder, Chef des Branchenverbandes GFGH. Es hätten sich bereits zwei große Verbundgruppen herausgebildet, denen jeweils mehr als 1000 Getränkemärkte angeschlossen seien.

In regionalen Allianzen mit Bierherstellern und Mineralbrunnen sieht der Verband ebenfalls Chancen zum Gegenzusteuern. «Wir versuchen auf Vielfalt zu setzen, wir müssen mehr bieten als der Supermarkt. Wir müssen kleinen Brauereien eine Plattform bieten», erläutert Guder. Einige Getränkemärkte böten Edelbier in Sektflaschen, andere hätten ein Weinabteilung aufgebaut. Zusammenschlüsse und Innovationen zahlten sich aus. Die Getränkemarktketten hätten im ersten Halbjahr 2011 Umsatzzuwächse von bis zu acht Prozent erzielt, während der Umsatz aller Getränkemärkte inklusive kleiner Händler stagnierte.

«Die berühmten Einzelkämpfer werden es auch in der Zukunft schwer haben», meint Guder. In ländlichen Regionen ohne Konkurrenz seien ihre Chancen am besten. Dem Ausleseprozess im Getränkefachgroßhandel könnten bis 2020 etwa 5000 bis 6000 Getränkemärkte zum Opfer fallen.

Allerdings gebe es auch einen Rückenwind. Viele Getränkefachhändler berichteten über Zuwächse beim Verkauf alkoholfreier Getränke in Mehrwegflaschen. Jahrelang waren Discounter beim Mineralwasser auf dem Vormarsch, die den Durstlöscher in Einwegflaschen anbieten. Von einer Trendwende ist beim GFGH-Verband aber noch nicht die Rede.

Ob Bier, Mineralwasser oder Limonade: Das Getränkegeschäft liegt in immer weniger Händen. Die führenden Lebensmittelhändler Edeka und Rewe verkaufen diverse Durstlöscher nicht nur in ihren Supermärkten. Sie stehen auch schon hinter zahlreichen Getränkemärkten.

Zuletzt hatte die Edeka-Regionalgesellschaft Rhein-Ruhr einen großen Schritt gemacht mit der Übernahme von Trinkgut. Auch einige Brauer wie die Radeberger Gruppe und Veltins mischen im Getränkefachgroßhandel mit. Dank der Getränkemärkte können die Brauer Trends früh erkennen.

Oetker und die Radeberger Gruppe

Oetker zählt zu den bekanntesten Marken in Deutschland und die meisten Verbraucher denken an Pudding oder Backpulver. Den größten Umsatz erzielt die Gruppe aber auf den Weltmeeren: Fast jeder zweite Euro des Konzernumsatzes von 9,5 Milliarden Euro 2010 stammte aus dem Reedereigeschäft (Hamburg Süd).

Zweitgrößte Sparte sind die Nahrungsmittel, unter anderem Pizza, die ein Viertel des Konzernumsatzes stellten. Drittgrößte Aktivität ist die Radeberger Gruppe, die ein Sechstel der Gesamterlöse einbrachte. Sekt, Wein und Spirituosen der Tochter Henkell spielten jeden 15. Euro ein.

Die Radeberger Gruppe stieg mit der Übernahme des Dortmunder Getränkeriesens Brau und Brunnen 2004 zum führenden Bierhersteller in Deutschland auf. Zu ihr gehören mehr als 40 Biermarken, angeführt von Radeberger, Jever und Schöfferhofer.

Auch die Mineralwassermarke Selters, die hauptsächlich in der Gastronomie vertrieben wird, zählt dazu. Die Radeberger Gruppe erzielte laut Oetker-Konzernbilanz 2010 mit knapp 6000 Mitarbeitern einen Umsatz von gut 1,6 Milliarden Euro. Das waren 3,1 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Der Anteil am deutschen Biermarkt betrug in den zurückliegenden Jahr etwa 15 Prozent. dpa