Biohof Ottilie und Hofcafé Bio-Juwel im Alten Land

Als Kerstin Hintz, die gebürtig aus Hamburg stammt, den 170 Jahre alten Resthof in Mittelnkirchen direkt hinterm Deich entdeckte, hat es ihr das ursprüngliche Terrain aus Haupthaus, drei Nebengebäuden und einer Apfelplantage gleich angetan. Vor 20 Jahren erwarb die dreifache Mutter den Hof, mit dem Ziel, die ganze Familie ernähren zu können. Der Name Ottilie geht auf ihre Großmutter zurück, die einen Hof auf der Stader Geest bewirtschaftete und ihr das Koch- und Backtalent vererbt hat.

Mit ihrem ganzheitlichen Ansatz und der „Weniger-ist-mehr“-Philosophie betritt Kerstin Hinz inmitten der ertragsorientierten Nachbarschaft eher Neuland. Nachdem die ehemalige Zahnarzthelferin ihrer Leidenschaft folgte und sich zur Bio-Landwirtin ausbilden ließ, pflanzte sie auf dem 2 Hektar großen Land rund 30 alte Apfel- und Birnensorten, Zwetschgen, Beeren, Walnüsse und Wildkräuter. Die geschmacksintensiven Raritäten packt sie als Saft, Mark & Mus, Konfitüre und Chutney ins Glas und in die Flasche, darunter auch ihr Signature-Produkt, das Apfelketchup.

Tatsächlich ist diese Altländer Antwort auf das Tomatenketchup ein erstaunliches Produkt, das mit seinem industriell hergestellten Bruder so viel zu tun hat wie Sterneküche mit der Pommesbude. Die pikante Apfelsauce mit einer Currymischung, Salz, Agavendicksaft, Paprikapulver, Rhabarber und Holunder, aber komplett ohne Tomaten - der Rest des Rezepts ist geheim - machte Kerstin Hintz schlagartig so berühmt, dass Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sie und ihren Mann zu kulinarischen Botschaftern Norddeutschlands ernannte.

Weit über die Hamburger Stadtgrenzen hinaus reicht auch der Ruf ihrer selbst gebackenen Kuchen nach eigens entwickelten Rezepten. Zucker verwendet sie so sparsam wie möglich und experimentierte mit glutenfreien Varianten so lange, bis sie genauso köstlich wie die konventionell mit Weizenmehl gebackenen Kuchen schmeckten. Ihr Apfelstreusel-Kuchen allein lohnt den Weg nach Mittelnkirchen, aber auch der glutenfreie Birnen-Schoko-Kuchen und das Rosmarin-Shortbread überzeugen auf ganzer Linie. Zum Glück gibt es die Produkte der Manufaktur auch im Online-Shop, so dass die Sehnsucht nach Ottilie, den Äpfeln und dem Alten Land immer und überall gestillt werden kann.

Als Ergänzung zu den eigenen Erzeugnissen hält der Hofladen frisches Obst und Gemüse sowie Produkte von befreundeten Manufakturen wie ein mindestens 48 Stunden gereiftes Slow-Baking-Brot bereit. Theoretisch kann man sich hier komplett für das Wochenende eindecken - selbstredend ist das teurer als im Discounter, aber am Ende rentiert sich der bewusste Einkauf nicht nur unter Geschmacks-, sondern auch unter Nachhaltigkeitsaspekten. Beides lässt sich bei Kochkursen, Kräuterwanderungen und sommerabendlichen Veranstaltungen im Obsthof übrigens auch live erlernen - Kerstin Hintz gibt ihr Wissen und Verbundenheit mit dem Land in regelmässig stattfindenden Events weiter.

Kerstin Hintz hat mit dem Biohof Ottilie eine ungewöhnliche Erfolgsgeschichte geschrieben, und vor Corona sah es so aus, als ob die millionenschweren Investitionen und der große Geist dahinter Früchte tragen würden: Der Biohof schaffte es in den internationalen Reise-Bestseller „1000 places before you die“, mit Sternekoch Jens Rittmeyer und den Farm-to-table-Dinnern hatte Kerstin Hintz ein hochwertiges und immer ausgebuchtes Eventformat entwickelt und 2022 einen regionalen Biolieferdienst aufgebaut. Nach drei Jahren Pandemie, Preissteigerungen und der damit verbundenen Zurückhaltung der Verbraucher*innen wurde es allerdings immer schwerer für die mutige Unternehmerin. Nun steht der Hof laut Stader Tageblatt zum Verkauf: die Kinder wollen ihn nicht weiterführen, ein Pächter fand sich auch nicht. Die gute Nachricht ist, dass es bis zum Herbst weitergeht mit Hofcafé und -laden, Kaffeekörben für ein Picknick im Obsthof und Veranstaltungen. Ein Grund mehr für Genießer*innen, die letzte Saison zu nutzen und das seltene Bio-Juwel im Alten Land zu besuchen: Die Liebe für das Land und ganz viel Herzblut machen es zu einem ganz besonderen Sehnsuchtsort.

Hofladen: Do-Sa 10-17 Uhr

Hofcafé: Do-Fr 12-17 Uhr mit Selbstbedienung

Am Wochenende und an Feiertagen können vorab Picknickkörbe reserviert werden.

Infos und Onlineshop: biohof-ottilie.de