Der Wein in meinem Glas hat eine grüngelbe Farbe und gute Viskosität. In der Nase erweist sich diese weißgekelterte Rotweinrebsorte sauber und wird begleitet von frischen vegetabilen Noten wie grünes Gras oder Melisse. Wüßte ich es nicht besser, ich würde auf Sauvignon Blanc tippen!
Dann kommt die erste Überraschung: die vegetabilen Noten entwickeln sich zu einem leicht reifen fruchtigen Bouquet. Wunderbare Aromen von zarter Ananas und gelben Birnen entfalten sich. Ich rieche mich förmlich durch viele Bodenschichten!
Eine weitere Überraschung steht mir dann am Gaumen bevor - zunächst habe ich einen frischen und feinen bitteren Geschmack, der abgelöst wird von Weichheit und Cremigkeit. Jetzt weiß ich: der Wein wurde einem BSA (Biologischer Säure Abbau) unterzogen. Das ist noch keine große Überrachung, sondern zählt zum Handwerk eines guten Kellermeisters.
Der Höhepunkt: Explosionsartig entfaltet der Wein eine Mineralität, die mich schier umhaut! Wenn ein Wein den Unterschied zwischen Säure und Mineralität zeigt, dann der in meinem Glas. Ich bin überwältigt.
Im Geschmack findet sich die Farbpalette wieder. Die vegetabilen Aromen werden von fruchtigen Aromen abgelöst. Ich halte den Wein aufgrund des frühen Abends mindestens 2 Stunden in meinem Glas. Im finalen Abgang, der übrigens sehr lange hält, entwickeln sich dann noch filigrane Töne von Mandarine und Orangenzester!
Ich bescheinige diesem Wein eine Lagerfähigkeit von mind. 5 Jahre.
Was möchte ich dazu essen? Dieser Wein mag weißes Fleisch. Und so entscheide ich mich aufgrund der ausgeprägten Mineralität für ein Vitello Tonnato. Kalbfleisch mit fetter Sosse, Kapern dürfen durchaus dazu.
Mein Fazit: Es handelt sich hier um einen trockenen, hervorragend ausbalancierten Wein von mittlerem Alkohol (obgleich 12,5% vol.), feiner Frucht, muskulöser Mineralität, kraftvollem Körper mit cremiger Textur. Wobei er in allen Facetten filigran erscheint.
(Merlot trocken, QbA, Weingut Christian Bamberger, Steinhardter Hof, Nahe)
Ihre