Bubble Tea erobert die Großstädte

Von Nina C. Zimmermann

Schwarzer oder grüner Tee? Mit oder ohne Milch? Mango-, Heidelbeer- oder ein anderer Fruchtsirup als Aroma dazu? Feste Würfel aus Fruchtgelee oder doch lieber mit Sirup gefüllte Tapiokakugeln als Topping? Wer einen Bubble Tea bestellt, hat die Qual der Wahl: Die Menükarten der vielerorts wie Pilze aus dem Boden schießenden Modegetränk-Läden bieten eine schier unüberschaubare Vielfalt an Kombinationsmöglichkeiten. Erwachsene scheint das eher zu überfordern - die Kundschaft ist mehrheitlich im Teenageralter und trägt sichtbar stolz die großen Becher auf der Straße spazieren.

«Von der Aufmachung und der Idee her ist Bubble Tea ein junges Produkt», sagt die Foodtrend-Forscherin und Gesundheitspsychologin Hanni Rützler aus Wien, wo wie in deutschen Großstädten ein Laden nach dem anderen eröffne. Im Prinzip handele es sich um eine flüssige Süßigkeit, die farbenfroh und intensiv im Geschmack daherkomme und dadurch eher jugendliche Gaumen anspreche. «Das ist etwas für die Spaßfraktion, nicht für die Genussfraktion.» Sie selbst könne dem Gedanken wenig abgewinnen, im Gehen zu trinken.

«Überwiegend sind unsere Kunden Jugendliche im Alter von 12 bis 18 Jahren», bestätigt Tan Huynh von BoBo Q, dem eigenen Angaben nach größten Bubble-Tea-Anbieter in Deutschland. Beliebt sei das Getränk aus mehreren Gründen: «Das Design, der Verkaufsbecher ist im Gegensatz zu anderen Softgetränken etwas ganz Neues, die versiegelten Becher mit den Toppings und den XL-Strohhalmen sind ein absoluter Hingucker.» Auch die Kombination aus fruchtigem Geschmack mit Kugeln, die im Mund zerplatzen, sei für viele Kunden neu.

Grundlage des Getränks ist grüner oder schwarzer Tee, ursprünglich mit Milch. Hinzu kommen die mit Sirup gefüllten Tapiokaperlen, die auch Popping Bobas genannt werden. Sie gelangen beim Trinken durch den extra weiten Strohhalm in den Mund. Serviert wird das fertig zubereitete Getränk in einem Becher, der in einer speziellen Maschine oben mit einer Folie fest verschlossen wird. Je nach ausgewählter Frucht-Tee-Aroma-Kombination ist das Geschmackserlebnis durchaus gewöhnungsbedürftig.

Bubble Tea hat seine Wurzeln in Taiwan. Dort existiere er schon seit etwa 25 Jahren, erläutert Huynh. Nach und nach habe er sich von ganz Asien über die Chinatowns in Nordamerika nach Europa und Deutschland ausgebreitet. Der Unterschied zwischen Bubble Tea hierzulande und in Taiwan sei lediglich, dass der deutsche Kunde eher Bubble Teas mit verschiedenen fruchtigen Sirups und Popping Bobas bestellt. «In Taiwan wird eher der Standard-Bubble-Milk-Tea mit den Tapiokaperlen bevorzugt.» Die Perlen bestehen aus Stärke, die aus der Wurzel der Maniokpflanze gewonnen wird, wie Huynh erläutert. In der asiatischen Küche dient diese Stärke oft als Bindemittel, zum Beispiel für Soßen.

Tee an sich hat in Asien ohnehin eine lange Tradition. «Er ist auch weltweit nach Wasser das am meisten getrunkene Getränk», erläutert Monika Beutgen vom Deutschen Teeverband in Hamburg. «In Asien ist er das Alltagsgetränk und hat eine hohe kulturelle Bedeutung.» Dort werde er bei weitem nicht nur pur getrunken, wie das mancher Purist in Europa denken mag. «Es gibt sehr unterschiedliche Konsumgewohnheiten», sagt Beutgen und nennt als Beispiel den indischen Chai, der mit Gewürzen und Milch angereicht und oft auch noch gezuckert wird. Der Weg zum Bubble Tea ist da gar nicht so weit.

Trendforscherin Rützler erklärt sich den Erfolg von Bubble Tea damit, dass er mit verschiedenen Produkten und Ausgangspunkten - fest/flüssig, süß/herb - spielt. Das erinnere ein bisschen an das, was der spanische Koch Ferran Adrià mit seiner Molekularküche vorgemacht hat: «Er hat das sensorische Erlebnis auf ein anderes Niveau gehoben und das Spiel mit den Konsistenzen ins Bewusstsein gebracht.»

Als echten Trend mag sie das Getränk zwar noch nicht bezeichnen, als Modeerscheinung dagegen schon. Moden allerdings vergehen auch schnell wieder. Mit etwas Glück könne es Bubble Tea aber gelingen, sich zu behaupten, sagt Rützler - sie sieht durchaus das Potenzial, dass sich Bubble Tea als «sensual food» etablieren könnte. «Das Thema ist so gut, dass ich mir vorstellen könnte, dass die Gastronomie das aufgreift.» Wenn man sich mal den für sie zu süßen Fruchtsirup wegdenke, könne daraus ein neues Trinkerlebnis werden. «Ich kann es mir als Aperitif, Dessert oder Zwischengang vorstellen.»

Doch das dürfte noch etwas dauern - wenn es überhaupt so weit kommt. Denn bislang ist nur eine große Fast-Food-Kette auf den Zug aufgesprungen und hat das Getränk ins Sortiment aufgenommen. Damit gerät auch ein wesentlicher Aspekt von Tee ins Hintertreffen, auf den Beutgen hinweist: «Tee hat das Image eines gesunden Lebensmittels und ist an sich kalorienfrei.» Ein Bild, das nicht so recht zum Umfeld Fast Food passen mag.

Denn sobald Zucker dazu kommt, ist es vorbei mit Kalorienarmut. Das gilt für Chai wie für Bubble Tea. Rützler rät daher, solche Getränke ähnlich wie Smoothies nicht als Durstlöscher, sondern eher als flüssige Mahlzeit zu werten, die als Geschmackserlebnis durchaus mal drin sein kann. Und es muss ja nicht unbedingt eine so wilde Kombination wie grüner Tee mit Heidelbeersirup und Milch sein. dpa

Gesundheitsgefahren durch Bubble Tea

Bubble Tea hat es in sich - sowohl, was die Kalorienanzahl angeht, als auch in Bezug auf eine mögliche Erstickungsgefahr. Das Bundesinstitut für Risikobewertung warnte jüngst davor, dass sich vor allem Kinder bis vier Jahre an den fruchtsirupgefüllten Kügelchen in dem Modegetränk verschlucken könnten. Derartige Unfälle seien zwar bislang nicht bekannt, Anbieter sollten auf diese Gefahr aber beim Verkauf aufmerksam machen. Nach dem Willen von Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) soll das Getränk mit einem Warnhinweis versehen werden.

Ernährungsexperten der Verbraucherzentralen und der Stiftung Warentest betonen zudem immer wieder die hohe Kalorienzahl von Bubble Tea: Je nach Größe und Zusammensetzung enthält ein Becher so viele Kalorien wie eine Hauptmahlzeit, nämlich 300 bis 500.

Hinzu kommt, dass die Fruchtaromen meist nicht aus echten Früchten stammen. Zum Teil sind es laut der Zeitschrift «test» synthetische Azofarbstoffe, die im Verdacht stehen, bei Kindern zu Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsdefiziten zu führen (Ausgabe 7/2012). Der Anbieter BoBo Q teilte auf Anfrage mit, dass derzeit geprüft werde, ob sich kritische Inhaltsstoffe durch pflanzliche Alternativen ersetzen lassen.