Bulgarien - Strände und Kultur am Schwarzen Meer

Die Westdeutschen nahmen lieber einen Flieger nach Mallorca, Rimini oder an die spanische Festlandküste. "Auf die politische Wende in Bulgarien folgte eine weitere, radikale Wende im Tourismus", erzählt Katja, Reiseleiterin bei Suntours. Zusammen mit ihrem Kollegen betreut sie die Gäste von alltours, die am Sonnen- oder Goldstrand in Albena ihre Ferien verbringen.

Als nach dem Mauerfall die Touristen aus der einstigen DDR wegblieben, um neue Orte auf der nun auch für sie "geöffneten" Welt zu beschnarchen, wurde der Tourismus Bulgariens privatisiert und erlebt heute ein Comeback. "Es ist vor allem das Preis-Leistungs-Verhältnis, das die Gäste anzieht" erklärt Professor Marin Neshkov, Leiter des Tourismusverband der Schwarzmeerküste und verantwortlich für den gesamten Tourismus des knapp 7 Mio. Einwohner zählenden Landes.

Rund 600 000 Urlauber aus Deutschland entscheiden sich jährlich für Bulgarien, 70 Prozent davon zieht es an die Schwarzmeerküste. Varna und Burgas sind die beiden Flughäfen, die aus Düsseldorf, Berlin und auch Leipzig direkt angeflogen werden; die Flugzeit beträgt etwas über zwei Stunden.

"Der Tourismus ist der einzige lebendige Wirtschaftszweig in unserem Land. Etwa 110 000 Menschen verschafft er Arbeit und gut 14 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bringen die Urlauber ins Land" erklärt Professor Neshkov. Das Problem ist die relativ kurze Saison, die sich fast ausschließlich auf den Sommer beschränkt.

Doch Bulgarien ist ein Wachstumsmarkt. Nach den Balearen, der Türkei und den Kanaren liegt das Balkanland immerhin schon auf Platz 4 der Flugreiseziele. "Der Facettenreichtum des Landes sorgt für ideale Urlaubsbedingungen", sagt Thomas Gruber vom Reiseveranstalter byebye. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich die Buchungszahlen bei byebye verdoppelt. Neue Hotels wurden deshalb ins Programm aufgenommen.

Überhaupt sind die Hotels ihre 4 und 5 Sterne in der Tat wert. Gut eingerichtet und geräumige Zimmer im Vergleich zu anderen Hotels. "Hier haben sich über Jahrhunderte viele Kulturen gekreuzt, das macht unser Land so interessant", fügt Neshkov hinzu. Unterschiedlichen Kulturen – vor allem unterschiedlichen Urlaubskulturen – begegnet man hier. So ist Albena eher das Refugium für Familien und Ruhe Suchende. Der Sonnenstrand und der Goldstrand bieten hingegen Abwechslung bis hin zur Partymeile, die jenen legendären Ballermann locker in den Schatten stellt.

Bar reiht sich an Bar, gefolgt von Rums-Da-Bums-Da-Restaurants, die ihre Gäste bevorzugt mit altbekannten Dauerschlagern längst in die Jahre gekommener deutscher Partybarden stimmungsvoll unterhalten. Das Hollister, eine im April 2013 eröffnete Bar, leitet eine Leipzigerin. "Zuvor war ich auf Mallorca, aber die Party ist jetzt hier", sagt die Chefin.

Gewürzt ist das alles mit endlosen, besonders kinderfreundlich Stränden; das Meer ist hier so flach, dass man sehr weit hinaus laufen kann. Natürlich gibt es im Hinterland auch Typisches, wie z.B. die Altstädte von Sozopol und Nessebar. Letztere liegt auf einer Halbinsel und zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Leider verschandeln unzählige Souvenir- und Nippeshändler den Blick auf die Jahrhunderte alten Häuser, die zum Teil ebenso befremdend wie eigenwillig "verziert" sind mit einem breitem Spektrum nationalsozialistischer Devotionalien, deren Botschaften jegliche Assoziation mit "Weltkulturerbe" äußerst fragwürdig erscheinen lassen.

So kam dann auch gleich ein Händler ziemlich rüde daher, als er mitbekam, dass ich Aufnahmen davon machte. Das war dann aber auch die einzige unfreundliche Begegnung. Es gibt nur wenige Länder, in denen das Personal so freundlich ist wie hier. Man merkt, dass die Bulgaren verstanden haben, wie sehr sie vom Tourismus abhängig sind.

Ob im Hotel oder Restaurant, überall fühlt man sich willkommen. Besonders bei Oma Radka in dem kleinen Dorf unweit Burgas. Aus der Not - vor Jahren ging die bäuerliche Kooperative den Bach runter - machte sie eine Tugend. Sie empfängt die Gäste auf ihrem Hof traditionell landestypisch mit Brot und Salz und zeigt ein Bulgarien wie aus dem Bilderbuch: mit Schopska-Salat, Schaschlik, Schnaps und Volkstänzen. Und das bereits seit über zwanzig Jahren.

Inzwischen arbeitet schon das halbe Dorf mit, denn täglich kommen mehr und mehr Besucher. Oder man entscheidet sich für eine Jeep-Safari mit einem alten russischen Mobil, besucht einen der Wasserparks, genießt die Annehmlichkeiten seines Hotels oder liegt einfach am Strand.

Es gibt viel zu entdecken in Bulgarien, und alles zu unschlagbar günstigen Preisen, weshalb man das "All" gerne auch mal "Inclusive" sein lässt, um außerhalb des Domizils auf Erkundung zu gehen. Etwa zum Besuch der Show "Zelt des Kahns" oberhalb des Sonnenstrandes. Zum 3-Gänge-Menü mit Wein und Schnaps gibt es eine sensationelle Show. Das alles für 37 Euro (Kinder die Hälfte).

Oder z.B. ein Restaurant in St. Constantine an Elena, wo man bei landestypischem Ambiente für ein Hauptgericht circa 1,50 Euro und 1,25 Euro für eine Suppe zahlt. Das Bier am Strand kostet etwa 70 Cent. Trotzdem hat man nicht den Eindruck von Billigtourismus.

Kein Wunder also, dass nicht mehr nur Sachsen bis 'nunder nach Bulgarchen fliegen. Skandinavier, Rumänen, Russen, Engländer kommen und entdecken die Schönheiten des Landes. Es gibt jedoch auch ganz andere Gründe für einen Besuch. So traf ich am Sonnenstrand eine Berliner Skatrunde. "Wir haben nicht mal eine Badehose mit", lachten die vier Jungs, die eine Woche gebucht hatten. Täglich von 10 bis 18 Uhr kloppten sie die Karten auf den Tisch an der Poolbar, am Abend ging es auf die Partymeile. Wie gesagt – Bulgarien bietet für jeden etwas.

Bin dann mal wieder unterwegs,

Euer Honza