Die Bundesgartenschau in Koblenz wird teurer. Schon vor dem Start am heutigen Freitag war klar: Das mit 102 Millionen Euro veranschlagte Budget reicht nicht. Schuld sind Probleme beim Bau einer Bahnhaltestelle in Innenstadtnähe - bis zu 6 Millionen Euro Mehrkosten für die Stadt sind im Gespräch. Kostensteigerungen hatte man beim Bund der Steuerzahler Rheinland-Pfalz schon befürchtet. Ohnehin sei klar: «Die meisten Gartenschauen sind defizitär», sagt Geschäftsführer Peter Pferdekemper in Mainz.
Keine schöne Aussicht, wenn man bedenkt, dass die Besucherzahl bei einem solchen Freiluft-Event stark vom Wetter abhängt. 25 Millionen Euro des Koblenzer Buga-Haushalts sollen unter anderem über das Eintrittsgeld der erwarteten zwei Millionen Gäste reinkommen. «Aus Sicht der Steuerzahler kann man nur wünschen, dass der Sommer ein guter wird und genügend Besucher kommen», sagt Pferdekemper.
Die Gartenbaubranche begegnet dem Vorwurf des Zuschussgeschäfts meist mit dem Nutzen der Buga für die Stadtentwicklung und als Konjunkturprogramm in Höhe von bis zu 500 Millionen Euro für die Region. Dafür spricht auch die Bilanz der letzten zehn Jahre: Von den Bundesgartenschau-Gastgebern hatten nur zwei ihre Kosten eingespielt, zufrieden waren dennoch die meisten.
Mut macht die jüngste Buga 2009 in SCHWERIN, die zwar «nur» 1,86 Millionen Besucher verzeichnete, aber mit einem Gewinn von 3,08 Millionen Euro abschloss. Nach Angaben der Schweriner Buga GmbH war sie neben der Buga in Potsdam 2001 allerdings die einzige seit 1951, die kostendeckend beziehungsweise mit einem Plus endete. 77,2 Millionen Euro waren zuvor investiert worden. «Das war ein tolles Konjunkturprogramm für Schwerin», sagte Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Till Backhaus (SPD) später. Die Buga galt mit knapp 60 Hektar als kleinste bislang, Herzstück war der Schlossgarten, der auch heute frei zugänglich ist. Die üppigen Blumenrabatten sind verschwunden, geblieben sind unter anderem neue Uferpromenaden.
Bei der Buga in POTSDAM (Brandenburg) wurden 2,6 Millionen Gäste begrüßt - 100 000 mehr als geplant. Der Buga-Park diente dabei auch dazu, einen früheren Truppenübungsplatz nahe der Stadt zu entwickeln. Aus ihm wurde ein Volkspark, der bis heute für Großveranstaltungen genutzt wird. Eine Attraktion war damals der Neubau einer großen gläsernen Pflanzenhalle, die jedoch danach ein Zuschussgeschäft blieb. Die Gesamtkosten beliefen sich 2001 auf 159,06 Millionen Euro. Potsdam kalkulierte dabei mit einem Anteil von 17,53 Millionen Euro, am Ende blieben Einsparungen von 4,3 Millionen Euro.
Ganz anders lief es bei der Internationalen Gartenbauausstellung 2003 in ROSTOCK (Mecklenburg-Vorpommern). Die hatte zwar ebenfalls 2,6 Millionen Besucher, doch sie schloss nach Angaben des damaligen Geschäftsführers Bernhard Küppers mit einem Fehlbetrag von fast 20 Millionen Euro ab. Die Ausgaben für das Blumenfest in der Ostseestadt waren von 150 auf 170 Millionen Euro gestiegen.
Die Buga 2005 in MÜNCHEN verbuchte ein Defizit von 700 000 Euro, die für eine schwarze Null notwendigen 3,1 Millionen Besucher wurden in dem verregneten Sommer um 100 000 Menschen verpasst. Dennoch ist man beim Münchner Presseamt sicher, dass sich die Buga mit einem Budget von 107 Millionen Euro gelohnt hat. «Geschätzte 400 Millionen Euro hat die Buga an Wirtschaftskraft in den Großraum München gepumpt - durch Baumaßnahmen, aber auch durch mehr Übernachtungen sowie durch eine deutlich erhöhte Zahl an Tagestouristen», sagte ein Sprecher. Der neue Park sei zudem eine beliebte Freizeit- und Erholungsoase.
Ein Defizit von rund 3 Millionen Euro hinterließ die Buga mit 1,49 Millionen Besuchern 2007 in GERA und RONNEBURG (beide Thüringen). Dennoch wertet Geras Oberbürgermeister Norbert Vornehm (SPD) die Schau mit Blick auf rund 500 Millionen Euro an Folgeinvestitionen als Erfolg für die strukturschwache Region: «Wir haben unsere Infrastruktur in die Kur genommen, haben Industriebrachen revitalisiert, Sport- und Kulturstätten saniert und neu gebaut.» Im benachbarten Ronneburg, wo sich das Ausstellungsgelände auf ein saniertes ehemaliges Uranbergbau-Gebiet erstreckte, sind auch heute Ausflügler unterwegs, die den Ausblick ins Gessental genießen. Das ehemalige Buga-Gelände in Gera ist ein beliebter Stadtpark.
Der Bund der Steuerzahler warnt auch vor den Folgekosten. «Man kann ja nicht Millionen investieren und das Gelände dann verlottern lassen», sagt Pferdekemper. Und bei Grünanlagen gebe es eine denkbar schlechte Kostendeckung. In Potsdam und Rostock hat man sich wohl daher entschieden, die Erhaltung der Flächen auch nach dem Ende der Gartenschau mit einem Eintrittsgeld zu finanzieren. In Koblenz ist die Nachnutzung der drei Ausstellungsgelände noch in der Diskussion.
Fragen rund um die Bundesgartenschau in Koblenz
Die Bundesgartenschau 2011 hat am Freitag in Koblenz ihre Tore geöffnet. 185 Tage lang bieten die Organisatoren den Besuchern ein buntes Programm mit rund 3000 Veranstaltungen.
Wie reisen Buga-Gäste am besten an?
Wer mit der Bahn kommt, wird vom Hauptbahnhof mit einem Shuttlebus zum Gartenschaugelände gebracht. Vom Bahnhof «Koblenz Stadtmitte» sind es nur zehn Minuten Fußweg. Autofahrer sollen ihren Wagen an den P+R-Parkplätzen «Messe Wallersheim» oder «Fritschkaserne» abstellen. Ein solcher Parkplatz kostet fünf Euro. Von dort verkehrt ebenso ein Shuttlebus, extra Buga-Parkplätze in der Innenstadt gibt es nicht.
Was kostet der Eintritt?
Die Dauerkarte für Erwachsene kostet 120 Euro. Kinder von sechs bis 14 Jahren zahlen 35 Euro. Es gibt Ermäßigungen für Wehr- und Zivildienstleistende, Schwerbehinderte, Arbeitslose, Rentner und Studenten. Eine Tageskarte kostet 20 Euro für Erwachsene (ermäßigt 18 Euro), 5 Euro für Sechs- bis 14-Jährige. Enthalten in den Preisen ist der Bustransfer sowie eine Hin- und Rückfahrt mit der Seilbahn. Im Internet sind unter www.buga2011.de weitere Preismodelle erklärt.
Welche Bereiche sind eingezäunt - wo kann ich auch ohne Karte hin?
Die drei Teile des Ausstellungsgeländes, «Kurfürstliches Schloss», «Blumenhof am Deutschen Eck» und «Festung Ehrenbreitstein», sind eingezäunt. Dadurch kann etwa die neue Rhein-Seilbahn oder das Ludwig-Museum nur mit einer Buga-Karte erreicht werden. Das Deutsche Eck am Zusammenfluss von Rhein und Mosel ist frei zugänglich wie auch die Kastorkirche oder die Rheinpromenade mit ihren Restaurants. Die Jugendherberge auf der Festung ist ebenfalls ohne Karte zu erreichen.
Was gibt es wo zu sehen?
Vor dem Kurfürstlichen Schloss am Haupteingang der Buga empfängt eine riesige Krone aus blühenden Blumen die Besucher, hinter dem Gebäude wurden Anlagen des preußischen Gartenbaumeisters Peter Josef Lenné neu gestaltet. Das Motto lautet: «Gartenkunst: Schloss im Wandel». Der Blumenhof am Deutschen Eck - in direkter Nähe zu Rhein und Mosel - steht unter dem Thema «Gartenerlebnis: Wasser, Kultur und Kunst». Pflanzen mit religiösem Bezug und ein Skulpturengarten sind hier etwa zu sehen. Der größte Gartenschaubereich thront über dem Rheintal auf dem Plateau der Festung Ehrenbreitstein und bietet tolle Ausblicke. Hier gibt es unter anderem Anschauungsunterricht und viele Tipps für Hobbygärtner, der Titel: «Gartenwissen: Natur, Umwelt und Gärtnern».
Was kostet die Fahrt mit der Buga-Seilbahn über den Rhein?
Die neue Seilbahn können nur Gartenschaugäste nutzen, mit einer Buga-Eintrittskarte kann man einmal am Tag kostenlos rauf und runter fahren. Der Preis für eine zusätzliche Hin- und Rückfahrt beträgt acht Euro für Erwachsene und vier Euro für Kinder. Es gibt aber auch einen kostenlosen Shuttlebus. Die Seilbahn-Fahrt dauert etwa vier Minuten.
Wie ist die Buga auf Menschen mit Behinderung eingestellt?
Die Gartenschau ist laut Organisatoren weitgehend barrierefrei. Menschen mit Behinderung, aber auch Eltern mit Kinderwagen, haben ungehinderten Zugang zu allen Ausstellungsbereichen. Auch Parkplätze, Toiletten, Gastronomie und die Seilbahn sind barrierefrei ausgelegt.
Darf ich meinen Hund auf das Buga-Gelände mitnehmen?
Es gilt ein Hundeverbot, ausgenommen sind davon Begleithunde von Behinderten. Am Eingang zum Buga-Gelände auf der Festung Ehrenbreitstein können die Vierbeiner für die Dauer des Besuchs kostenfrei abgegeben werden. Tierheim-Mitarbeiter betreuen die Hunde. dpa
Bundesgartenschau als Jahrhundertchance für neues Koblenz
Nach dem frühen Wintereinbruch und vor dem erwarteten großen Rhein-Hochwasser befielen wohl auch die Macher der Bundesgartenschau in Koblenz leise Zweifel. «Eröffnet wird, was fertig ist», verkündete Chef-Organisator Hanspeter Faas wacker lächelnd zu Jahresbeginn.
Großprojekte wie der Bau einer Seilbahn über den Rhein sind ohnehin lange fertig. 180 000 Menschen nutzten schon den Testbetrieb im vergangenen Sommer. Die Seilbahn verbindet die nahe der Altstadt gelegenen Ausstellungsflächen, den Blumenhof am Deutschen Eck und das Kurfürstliche Schloss, mit dem Vorgelände der Festung Ehrenbreitstein. Einst galt die mehr als 100 Meter über dem Rhein thronende Anlage als eine der größten militärischen Befestigungen Europas, im Sommer 2011 gibt es hier nur Blumenparaden. Wie die Festung wurde auch vieles andere in der Rhein-Mosel-Stadt erneuert.
Passend zum Buga-Motto «Koblenz verwandelt» wurden überfällige Bauarbeiten in Angriff genommen. Die Stadt saniert etwa die Rhein-Mosel-Halle, erneuert die Europabrücke sowie die Fußgängerzone und baut eine Bahnhaltestelle daneben. 32 Baustellen sind es aktuell, nicht alles wird fertig. Politische Konflikte, bauliche Probleme oder Hochwasserschäden wie im Fall eines Campingplatzes sind die Ursachen. Der neue Bahnhof werde aber «definitiv» rechtzeitig eröffnet und die wichtige Europabrücke befahrbar sein, sagt Oberbürgermeister Joachim Hofmann-Göttig (SPD). «Die Infrastruktur steht.»
Der Politiker weiß: «Die Buga hat eine Riesenbedeutung für die Stadt. Es ist die Jahrhundertchance schlechthin, ein anderes, neues Koblenz zu zeigen.» Den erwarteten zwei Millionen Besuchern soll ein attraktiver Urlaubsort geboten werden. Profitieren sollen davon auch die Gastronomen am Rhein. «Die haben harte Zeiten hinter sich», sagt die Sprecherin der Bundesgartenschau Koblenz 2011 GmbH, Christiane Gandner. Die Erneuerung der Promenade vergrätzte viele Touristen, Zäune vor den Restaurants versperrten den Blick. Das Deutsche Eck am Zusammenfluss von Rhein und Mosel geriet zu einem Gitter-Labyrinth, viele Baustellen ließen den Verkehr in der Innenstadt stocken.
Doch Hofmann-Göttig ist sich sicher, dass die Entscheidung für die Buga richtig war. «Die Landschaftsgestaltung wird uns in den nächsten Jahrzehnten viel Freude bereiten.» Dabei ist die Ausstellungsfläche von 40 Hektar vergleichsweise klein. Der enge Raum werde jedoch dafür sorgen, dass es Plätze gibt, «wo es knallt», sagt Gandner. «Man kommt rein und sieht Blumen ohne Ende.»
Mehr als 90 Prozent aller Pflanzen sind in den Boden gebracht. Klar ist jedoch auch: An den Feinheiten wird bis zur Eröffnungsfeier mit Bundespräsident Christian Wulff gearbeitet. So bepflanzen etwa die Friedhofsgärtner ihre Ausstellungsgräber erst kurz vor dem Start.
Über 25 000 Buga-Dauerkarten sind schon verkauft. Ob die erste Bundesgartenschau in Rheinland-Pfalz mit einem Budget von etwas mehr als 100 Millionen Euro aber tatsächlich den erhofften Erfolg bringt, hängt nicht nur, aber - einmal mehr - vom Wetter ab. Weite Teile der am Rheinufer gelegenen Ausstellungsgelände sind zwar hinter Mauern vor Hochwasser geschützt, doch Kälte und Regen haben die Kalkulationen von Buga-Veranstaltern schon oft zunichtegemacht. dpa