Von Chris Melzer
Knochen und Apfelsinenschalen gehören nicht in den Müllschlucker. Explosionsgefahr! Das war eine der ersten Dinge, die Tobias Friedenburg lernen musste. Der Rheinländer ist einer der Chefköche auf dem größten Kreuzfahrtschiff der Welt. Gelernt hat er sein Handwerk auch in Düsseldorf.
«Ich wurde einfach abgeworben», sagt der 31-Jährige, der zuletzt in einem Hotel in seiner Heimatstadt gearbeitet hatte. Gerade seine Auslandserfahrung, unter anderem in Dubai, machten ihn für die Reederei attraktiv. «Drei Telefonate und ein Einstellungsgespräch per Skype später hatte ich den Job», sagt Friedenburg nicht ohne Stolz. Jetzt ist er einer der Sous Chefs auf der «Allure of the Seas». Das Schiff, so lang wie der Berliner Fernsehturm hoch ist, schippert bis zu 5400 Passagiere durch die Karibik oder andere Teile der Welt.
«Wir müssen jeden Tag mehr als 7000 Leute verköstigen, und das mindestens dreimal am Tag», erzählt der Düsseldorfer. Das wäre schon eine Herausforderung für die Küche, aber auf dem Kreuzfahrtschiff soll es natürlich nicht Kantinenqualität sein. 200 Köche und Hunderte Hilfskräfte sollen dafür sorgen, dass das Essen immer pünktlich und in der erwarteten Qualität auf den Tisch kommt. Geführt werden sie von einem Chef und 20 Sous Chefs. Einer von ihnen ist Friedenburg.
«Deutsche und auch Österreicher sind sehr begehrt in den Küchen dieser Welt», sagt der 31-Jährige. «Zum einen ist unsere Ausbildung sehr gut und die meisten bringen Fremdsprachenkenntnisse mit. Und wir Deutschen sind natürlich auch reiselustig.» Es gibt Schlimmeres, als im Februar bei Sonne und 25 Grad Außentemperatur zu arbeiten.
Allerdings bekommen die Köche davon während der Arbeit nichts mit. «Die Hitze in der Küche ist höllisch. Und die Lautstärke auch.» Heißes Wasser hält die Speisen warm - und sorgt für ein Waschküchenklima. Gerade in der Essenszeit muss im Akkord gearbeitet werden, ohne dass die Gäste davon irgendetwas mitbekommen sollen. «Nach einer Schicht von 13 oder 14 Stunden ist jeder platt.»
Warum tauscht man die Vorzüge von Düsseldorf gegen eine enge Koje auf einem Kreuzfahrtschiff? Warum ist man tausende Kilometer weit von zu Hause, nur um in überlangen Schichten siebenmal die Woche zu schuften? «Die Arbeit macht einfach Spaß! Und die internationale Atmosphäre ist nicht zu bezahlen.» Und eine verantwortungsvolle Arbeit auf einem großen Kreuzfahrtschiff sei zudem die beste Reputation, die man sich wünschen könne. «Hinterher kann man sich die Jobs aussuchen - und im gewissen Sinne sogar die Bezahlung.»
Und so gehört Friedenburg zu den Männern und Frauen, die in einer Woche 86 400 Eier, 25 000 Kilo Hühnchen, 20 000 Kilo Gemüse und 35 000 Kilo Früchte umschlagen. «Wir sind stolz, dass kaum etwas aus der Tüte kommt. Fast 90 Prozent der Sachen machen wir ganz frisch selbst. Umso bitterer ist es dann, wenn viel weggeschmissen wird.» Manche Gäste würden einfach nur bestellen, weil das Essen im Preis inbegriffen ist. «Wenn wir es dann wegschmeißen müssen, blutet mir das Herz.» Alle Abfälle werden geschreddert und dann auf Deck null zwischengelagert. «Außer Knochen und Apfelsinenschalen. Die würden ein Gas entwickeln, von dem uns alles um die Ohren fliegen kann.»
Mehr als 2300 Crewmitglieder aus gut 60 Ländern arbeiten auf der «Allure of the Seas». Fünf von ihnen sind Deutsche. In der knappen Freizeit schauen sie sich die Hafenstädte an, treiben Sport oder schlafen einfach. «Oder sie essen! Wir wollen den Crewmitgliedern die selbe Qualität bieten wie den Gästen», beteuert Friedenburg. «Weil unsere Kollegen aus aller Welt kommen, haben wir auch Essen aus aller Welt: Karibisches, chinesisches, indisches oder afrikanisches Essen.» Nur deutsches gibt es noch nicht. «Aber da arbeite ich dran!» dpa