Cocktail Kunst & Bartrends

Von Nina C. Zimmermann

Radieschen, Möhren oder Rote Bete gehörten bislang nicht gerade zu den typischen Zutaten von Getränken an der Bar. Doch das könnte sich allmählich ändern. Denn die Idee, dass Genuss gesund sein soll, macht auch vor Cocktailbars nicht Halt, wie in der Lounge der Fachzeitschrift «Fizzz» auf der internationalen Fachmesse ProWein in Düsseldorf zu hören war.

Gemüse sei positiv besetzt, so Thomas Weinberger, Bartender und Schulungsleiter an der Barschule München. Und da gute Barkeeper immer auf der Suche nach neuen Geschmackserlebnissen sind, sei schließlich die Idee der «Garden Drinks» entstanden: die Kombination von gesundem, vitamin- und mineralstoffhaltigen Gemüse mit qualitativ hochwertigen Spirituosen.

«Die Idee war, keine Cocktails zu kreieren, die in Richtung Saft plus Spirituose gehen, sondern Drinks, die durch einen Gemüsesaft eine zusätzliche Note erhalten und im Nachhinein zu einem Wow-Effekt führen», erklärt er. Herausgekommen sind Drinks wie «Bon Carrot» aus kubanischem Rum und Karottensaft, der von frischer Limette und Karamellsirup abgerundet wird. Weinberger serviert das leuchtend orange Getränk mit Eiswürfeln in einem kleinen Weckglas mit aufgelegtem Deckel, auf dem er eine winzige blanchierte Möhre mit Rohrzucker karamellisiert.

Dabei spielt er nicht nur mit verschiedenen Aromen - Alkohol, Gemüse, Zucker -, sondern auch mit unterschiedlichen Konsistenzen: Der Drink ist flüssig, die blanchierte Möhre nicht ganz weich und der karamellisierte Zucker darauf sehr kross. «Man muss den Gästen immer neue Anreize bieten», sagt er. Denn wer in eine Bar geht, will schließlich nicht einfach irgendetwas trinken, sondern etwas Besonderes geboten bekommen.

«Der Cuisine-Style, also die Ergänzung von Cocktails um frische Kräuter wie Minze, Basilikum oder Rosmarin, hat in den Bars in den vergangenen Jahren immer mehr zugenommen», erklärt Weinberger. Die gemüsigen Cocktails seien noch einen Schritt weiter in diese Richtung gedacht. So lässt sich der Bartender von seinen regelmäßigen Einkäufen auf dem Münchener Viktualienmarkt und beim Kochen zuhause inspirieren.

Eines der Ergebnisse ist der süffige Drink «Sweet Potatoe Whiskey» aus Maiswhiskey und Süßkartoffelpüree, dem Aprikosen- und Zuckersirup den letzten Schliff geben. Fast schon als Dessert lässt sich der leicht cremige Drink «Beetroot Feelings« genießen, der aus frischem Rote-Bete-Saft, weißem Schokoladensirup und aus dem Zuckerrohrschnaps Cachaça besteht, den man aus Caipirinha kennt.

«Vor zwei Jahren habe ich erstmals mit Radieschen experimentiert», erzählt Weinberger. Das jetzt präsentierte Resultat heißt «Radish Sour» und verbindet Gin mit seinen würzigen Wacholdernoten mit der leichten Schärfe der kleinen Knollen, abgerundet mit frischem Zitronensaft und Zuckersirup.

Wer es leichter mag, probiert die «Garden Lemonade». Dafür schüttelt Weinberger Kartoffelwodka, frischen Gurkensaft, etwas Zuckersirup und Limettensaft im Shaker, gibt die Mischung in eine zur Hälfte mit Eiswürfeln gefüllte kleine Flasche und gießt sie mit Ginger Ale auf. Ein aufgeschnittenes Stück Gurke krönt den Drink. Bei solchen Kombinationen greifen auch viele anfängliche Gemüseskeptiker gern zu. dpa

Wodka und Gurke - Rezept für eine «Garden Lemonade»

Als neuer Trend in der Barszene wurden in der Lounge der Fachzeitschrift «Fizzz» auf der internationalen Fachmesse ProWein (bis 25. März) in Düsseldorf «Garden Drinks» vorgestellt. Die hochprozentige «Garden Lemonade» mit Gurke ist einer davon. Gurke wirke entzündungshemmend, entgiftend und wassertreibend, erklärt der Bartender Thomas Weinberger, der das Rezept entwickelt hat. Da das Gemüse zu 97 Prozent aus Wasser bestehe, brauche es eine leichte Spirituose: am besten einen mehrfach destillierten Wodka auf Kartoffelbasis.

Zutaten: 3 cl Wodka, 2 cl Limettensaft, 1 cl Zuckersirup, 4 cl Gurkensaft (Gurke dafür im Entsafter entsaften), Ginger Ale zum Auffüllen, länglich geschnittenes Gurkenstück, Eiswürfel.

Zubereitung: Einige Eiswürfel in eine kleine Flasche mit breiter Öffnung geben. Alle Zutaten bis auf das Ginger Ale im Cocktailshaker schütteln und über das Eis gießen. Mit Ginger Ale auffüllen. Mit dem Gurkenstück und einem hübschen Strohhalm anrichten.

Tipp: Das Gurkenstück sollte unbedingt dabei sein. Denn es hat nicht nur einen optischen Effekt, sondern auch Einfluss auf den Geschmack, da der Mensch Aromen größtenteils über die Nase wahrnimmt. Wer die Limonade also zum Trinken in Richtung Mund hebt, riecht sofort den frischen Duft der aufgeschnittenen Gurke.

Cocktail Kunst: Zukunft der Bar - Cocktails auf Sterneküche-Niveau

Stephan Hinz ist angetreten, um die Trinkkultur auf die nächste Stufe zu heben. Als Barmanager wurde er unter anderem mit den Titeln „Mixologe des Jahres“ und „Deutscher Cocktailmeister“ ausgezeichnet. Mit seinem Unternehmen Cocktailkunst überträgt er die Entwicklungen der modernen Sterneküche auf die Bar.

Zubereitung mit Rotationsverdampfer oder Sous-Vide-Verfahren werden vorgestellt, lassen Sie sich von Zutaten wie Meerrettich, Zuckerwatte oder Trüffel verführen. Doch das Buch ist nicht nur für kulinarische Visionäre geeignet, sondern bietet auch dem Bar-Einsteiger mit ausführlicher Zutatenkunde, einem umfangreichen Praxis- und Geschichtsteil sowie unzähligen klassischen Rezepten einen fundierten Überblick.

Besondere Beachtung erhält dabei eine eigens entwickelte Harmonielehre zur Cocktailkreation sowie das richtige Verkosten und Wahrnehmen von Getränken. „Dieses Buch soll vor allem den Einstieg erleichtern, aber den Leser gleichzeitig bis zu den Höhen der flüssigen Kulinarik führen und dabei die Wahrnehmung für die Feinheiten des bewussten Genusses wecken. Mein Wunsch ist, dass dieses Buch Ihnen nicht nur beim Lesen Freude bereitet, sondern vor allem beim Trinken“ (Stephan Hinz)

Cocktailkunst – Die Zukunft der Bar, 39,95 Euro, Edition Fackelträger, cocktailkunst.de