Coronavirus bedroht China-Tourismus Lufthansa streicht Flüge

Knapp einen Monat nach Bekanntwerden der ersten Krankheitsfälle trifft die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus in China auch Unternehmen aus anderen Ländern immer stärker.

Die Lufthansa und British Airways streichen ihre Flüge von und nach China. Andere Firmen schließen Fabriken und Filialen oder verzichten auf Dienstreisen in die betroffene Region.

Nach ersten Einschätzungen könnte auch der Tourismus in Europa einen Dämpfer bekommen, wenn die zahlreichen Gäste aus Fernost für längere Zeit ausbleiben sollten.

FLUGREISEN: Die Lufthansa streicht ihre Flüge von und nach China.

Europas größte Fluggesellschaft folgt damit ihrem Konkurrenten British Airways und anderen Fluggesellschaften, wie das Unternehmen am Mittwoch in Frankfurt bestätigte. Zuvor hatte die «Bild-Zeitung» berichtet. Die Maßnahme umfasst auch die Töchter Swiss und Austrian und soll zunächst bis zum 9. Februar gelten. Hongkong werde wie geplant weiterhin angeflogen. Aus operativen Gründen sei die Buchungsannahme für China-Flüge bis Ende Februar gestoppt worden.

Am Mittwoch hatte es an Bord einer Lufthansa-Maschine einen Corona-Verdachtsfall gegeben. An dem in Nanjing gelandeten Flug LH780 aus Frankfurt hatte auch ein Mann teilgenommen, der von den chinesischen Behörden als Risikofall eingestuft wurde, bestätigte das Unternehmen. Der Chinese soll gehustet haben und zwei Wochen zuvor in der Stadt Wuhan gewesen sein, in der das neuartige Coronavirus zuerst bemerkt worden war. Ob er tatsächlich infiziert ist, blieb zunächst unklar.

British Airways hatte bereits kurz zuvor die Direktflüge zwischen Großbritannien und dem chinesischen Festland eingestellt. Damit folge man verschärften Reisewarnungen des britischen Außenministeriums, hieß es von der Fluggesellschaft. «Die Sicherheit unserer Kunden und unserer Besatzung hat immer Priorität», hieß es weiter. Die Airline bietet normalerweise täglich Flüge von London-Heathrow nach Peking und Shanghai an. Finnair kündigte zudem an, einige ihrer Flüge nach China zwischen Anfang Februar und Ende März zu streichen. Grund dafür sind nach Angaben der finnischen Fluggesellschaft die von China ausgesetzten Gruppenreisen.

Auch die spanische Fluggesellschaft Iberia streicht ab Freitag zunächst alle Verbindungen von und nach China. Die Airline bietet normalerweise drei Flüge pro Woche zwischen Madrid und Shanghai an.

TOURISMUS: Italienische Hoteliers bangen um den Tourismus aus China.

«Wir haben schon viele Stornierungen und Absagen bekommen, vor allem von Gruppen und Pauschalreisenden», sagte der Präsident des Hotelverbandes Federalberghi, Bernabò Bocca, der Nachrichtenagentur Ansa. «Wir bereiten uns auf noch schwerere Schäden vor. Und es werden keine kleinen Verluste sein, das können wir schon sagen.»

Für Italien gehört der chinesische Markt zu den wichtigsten im Tourismusbereich. Städte wie Rom oder Venedig sind besonders beliebt.

Gruppen aus China bringen vor allem in der Nebensaison um das chinesische Neujahr im Winter viel Geld. Chinesische Urlauber gaben

2018 nach Daten des zuständigen Ministeriums 650 Millionen Euro in Italien aus. Aus Spanien gibt es noch keine Warnmeldungen. Der Touristenzustrom aus China bleibe vorerst unverändert, hieß es bei den Hotelierverbänden und großen Reiseagenturvereinigungen.

BETRIEBE: Der schwedische Möbelkonzern Ikea schließt wegen der Ansteckungsgefahr vorübergehend rund die Hälfte seiner Warenhäuser in China. Die betroffenen Angestellten seien gebeten worden, bis auf Weiteres zu Hause zu bleiben, hieß es. Die Ingka-Gruppe betreibt 30 Ikea-Möbelhäuser in China, in denen knapp 14 000 Mitarbeiter angestellt sind.

In China bleiben auch 74 H&M-Filialen und drei Läden der H&M-Tochtermarke Monki wegen des neuartigen Coronavirus bis auf Weiteres geschlossen. Auch Reisen von Mitarbeitern nach China und innerhalb des Landes seien gestoppt worden, teilte eine Sprecherin des schwedischen Modekonzerns auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Man halte sich an Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO und der lokalen Behörden. Die H&M-Gruppe, zu der auch andere Modemarken wie COS oder Monki zählen, hat 520 Geschäfte in China, 455 davon sind H&M-Filialen.

Der japanische Autobauer Toyota stellt den Betrieb in den Werken in China bis zum 9. Februar ein. Man werde die Situation beobachten und dann über das weitere Vorgehen entscheiden, teilte eine Konzernsprecherin mit. Volkswagen lässt seine 3500 Mitarbeiter in Peking für zwei Wochen von daheim aus arbeiten. Bis auf weiteres werden dem Autobauer zufolge auch alle Geschäftsreisen in China und international ausgesetzt. Auch der Darmstädter Merck-Konzern rät seinen rund 56 000 Mitarbeitern derzeit von Reisen nach China ab.

Nach der Infektion mehrerer Mitarbeitern mit dem Coronavirus schloss der Autozulieferer Webasto die Konzernzentrale in Stockdorf bei München. Dort hatte sich ein Mitarbeiter bei einer chinesischen Kollegin angesteckt. An allen anderen Standorten in Deutschland laufe der Betrieb normal weiter, sagte eine Sprecherin. In Stockdorf seien 1000, an den anderen sieben Standorten in Deutschland rund 3000 Mitarbeiter beschäftigt. In China hat Webasto elf Werke mit 3500 Mitarbeitern - darunter in der Metropole Wuhan, wo das Coronavirus ausbrach. dpa

Schloss Neuschwanstein: Weniger Tourismus wegen Coronavirus

Der Ausbruch des Coronavirus hat Auswirkungen auf die Tourismusregion Schloss Neuschwanstein. «Viele Hotels klagen über Stornierungen und werden massive wirtschaftliche Auswirkungen spüren - vor allem die Häuser, die sich auf Gruppenreisen aus dem asiatischen Raum spezialisiert haben», sagte der Füssener Tourismusdirektor Stefan Fredlmeier der «Augsburger Allgemeinen» (Donnerstag).

Die Anzahl der Stornierungen ändere sich täglich. Der Rückgang der Touristen- und Tagesbesucherzahlen wird sich laut Fredlmeier auf Füssen und die umliegenden Gemeinden wirtschaftlich auswirken. Für mögliche Ansteckungen seien das örtliche Krankenhaus und die Behörden bereits gewappnet, sagte er der Zeitung.

Schloss Neuschwanstein ist ein beliebtes Ziel von Touristen besonders auch aus Asien. Unter den durchschnittlich 7000 Gästen pro Tag sind viele Reisende aus China - dort hatte sich das Virus zunächst ausgebreitet. dpa

Veranstalter: China-Reisende können umbuchen oder stornieren

Das Coronavirus ist inzwischen in fast jeder Provinz oder Region Chinas aufgetaucht. Das hat Folgen für den Tourismus - auch in Deutschland.

Nach der Ausbreitung der neuen Lungenkrankheit in China ziehen mehrere deutsche Reiseveranstalter Konsequenzen. Kunden können bevorstehende Trips umbuchen oder stornieren. Die wirtschaftlichen Folgen für die Branche dürften sich aber in Grenzen halten. Für viele Veranstalter ist China kein großer Markt. Umgekehrt ist Deutschland dagegen ein beliebtes Reiseziel für Touristen aus China. Peking hatte jüngst den Verkauf von Pauschalreisen auch ins Ausland untersagt.

Tui-Kunden, die in den nächsten zwei Wochen eine China-Reise geplant haben, können gebührenfrei auf einen anderen Reisetermin umbuchen, wie der deutsche Branchenprimus am Montag auf Anfrage mitteilte.

Aktuell hat Tui nach eigenen Angaben nur wenige Gäste in dem Land.

Hauptreisezeit ist der Sommer. «Wir stehen weiterhin in Kontakt mit den Behörden und beobachten die Situation genau», sagte eine Sprecherin.

DER Touristik bietet kostenlose Stornierungen und Umbuchungen für China-Reisen mit Abreisetermin bis 31. März an. Die Veranstaltermarken Dertour, Meiers Weltreisen und ADAC Reisen haben das Reich der Mitte im Programm. Aktuell ist eine knapp dreistellige Anzahl von Gästen in dem Land unterwegs. Sie würden mit SMS und Aushängen in den Hotels auf dem Laufenden gehalten, erklärte DER Touristik. Man beobachte die Lage genau.

Gäste der FTI Group können nach Angaben des Veranstalters Trips mit Abreisedatum bis einschließlich 21. Februar kostenfrei umbuchen oder stornieren.

Studiosus sagte unterdessen Reisen in das Land bis einschließlich 15.  April ab. «Vor dem Hintergrund einer anhaltenden Lage-Verschlechterung und der Verschärfung der Reisehinweise des Auswärtigen Amtes sehen wir derzeit keine Möglichkeit, geplante Chinareisen durchzuführen», teilte der Anbieter auf seiner Homepage mit. Mit einer raschen Entspannung werde nicht gerechnet. 

Aktuell hat Studiosus nach eigenen Angaben keine Gäste in China. Der nächste Trip sollte ab dem 15. März stattfinden. China-Gäste mit Abreise bis zum 31. Mai können kostenlos umbuchen oder stornieren.

Das Auswärtige Amt in Berlin riet dazu, nicht notwendige Reisen in die betroffenen Gebiete zu verschieben. Allgemein sei derzeit mit erheblichen Einschränkungen der Mobilität innerhalb Chinas zu rechnen. Der Erreger ist inzwischen in fast jeder Provinz oder Region des Landes aufgetaucht.

China ist für deutsche Veranstalter eher ein kleiner Markt. Der Deutsche Reiseverband (DRV) wies darauf hin, dass jährlich etwa 600.000 bis 650 000 Bundesbürger in das Land reisen. Davon sind etwa zwei Drittel Geschäftsreisende.

Für den Deutschland-Tourismus sind Gäste aus China von größerer Bedeutung. So wurden nach jüngsten Daten 2018 etwa 3 Millionen Übernachtungen von chinesischen Reisenden in Hotels, Pensionen und anderen Unterkünften zwischen Rügen und Garmisch-Partenkirchen gezählt. Sie belegten damit Platz 12 im Ranking ausländischer Urlauber. Hauptreisesaison sind die Sommermonate.

«Das hohe Ausgabeverhalten der Chinesen mit einem Umsatz von sechs Milliarden Euro 2018 spiegelt die wirtschaftliche Bedeutung für den Einzelhandel und die Tourismus- und Freizeitindustrie im Reiseland Deutschland wider», sagte Petra Hedorfer, Vorsitzende des Vorstandes der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT). Ganz oben auf der Beliebtheitsskala stehen bei Chinesen nach Angaben der DZT München, Frankfurt, Berlin und Köln.

Welche Folgen die Reisebeschränkungen hätten, hänge davon ab, wie diese weiter ausgestaltet würden und wie lange sie in Kraft blieben.

Aktuell wurden den Angaben zufolge Gruppen- und Pauschalreisen ins Ausland mit Abreisedatum ab Montag (27. Januar) abgesagt. dpa