Von Sabine Dobel
Die Loopings der Achterbahn ragen schon in den Himmel, die Bierzelte stehen - der Countdown zum größten Volksfest der Welt läuft. Am nächsten Samstag (17. September) heißt es auf dem Münchner Oktoberfest wieder «O'zapft is»:
Um Punkt zwölf Uhr wird Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) traditionsgerecht in Lederhose das erste Fass Bier anzapfen und damit das Fest eröffnen. Bis zum 3. Oktober werden sechs Millionen Besucher erwartet.
Traditioneller wird das 178. Oktoberfest sein, teurer - und so groß wie noch nie. Auf zusätzlichen drei Hektar bietet die nostalgische «Oide Wiesn» ein eigenes Festzelt, Volksmusik und historische Fahrgeschäfte. Die Münchner hatten nach der traditionsgeprägten 200-Jahr-Feier im vergangenen Jahr vehement mehr Brauchtum verlangt. «Das ist bei den Münchnern angekommen wie noch nie», sagt Festleiterin Gabriele Weishäupl. «Wir haben Tausende von Zuschriften bekommen: «Geht in Richtung Tradition!» Nun könne sich München auf die Fortsetzung freuen.
Nicht zur Freude sorgt bei manchem Gast der Bierpreis, der mit 8,70 bis 9,20 Euro pro Maß gefährlich nahe an die 10-Euro-Marke herangekommen ist und von historischen Zeiten träumen lässt. Bei der allerersten Wiesn 1810, die damals aus dem Hochzeitsfest von Kronprinz Ludwig I mit Therese von Sachsen-Hildburghausen entstand, kostete die Maß braunes Wiesn-Bier 3 Kreuzer, und 1960 waren es 1,90 D-Mark.
Obwohl das Fest ganz vom Konsum des Gerstensaftes geprägt ist, gibt es heuer einen Stehausschank mit Wein - besonders für die Damen, die nicht so gern Bier trinken, wie Weishäupl sagt. Neu ist auch eine Wildwasserbahn mit Sturzbächen, Stromschnellen und rotierenden Booten. Für Schwindelgefühle dürfte auch die Riesenschaukel «Monster» mit einem Ausschlag von 47 Metern sorgen.
Sehr zünftig geht es seit Wochen überall in der Stadt zu: Im Supermarkt gibt es Bier im «Oktoberfest-Rucksack», nebendran die Wiesn-Hits auf CD, und die Geschäfte sind voll von Dirndl, Haferlschuhen und Lederhosen. Schon jetzt sieht man in München viele Menschen in Tracht, die immer mehr auch außerhalb der Wiesn-Zeit wieder salonfähig wird. «Für mich ist Tracht keine Wiesn-Sache», sagt Wiesn-Stadtrat Helmut Schmid. «Die Tracht gehört zum normalen Leben in Bayern.»
Die Wiesn ist auch ein großes Geschäft. Hotels heben ihre Preise an, Privatleute vermieten Zimmer an Heimatlose und findige Geschäftsleute werfen jedes Jahr neue Accessoires auf den Markt, vom Filzhut in Bierfassform bis zum bunt flimmernden Plastik-Gamsbart. Ist nur erstmal Bier durch die durstige Kehle geflossen, wird fast jedes Souvenir dankbar genommen.
Tisch-Reservierungen werden seit Monaten zu teils astronomischen Summen im Internet gehandelt, Ticketagenturen bieten einen Platz für mehrere Hundert Euro an - beim Wirt gibt es die Reservierung je nach Zelt für einen Verzehrgutschein zwischen 30 und 80 Euro. Manche Zweitverkäufer trieben es besonders dreist: Sie verkauften sogar Plätze, die nach Stadtratsvorschrift gar nicht reserviert werden können, nämlich im Mittelschiff. In manchen Fällen gab es bereits Betrugsermittlungen.
Für Raucher wird es im Jahr zwei nach dem Volksentscheid für ein absolutes Rauchverbot in Bayerns Gastronomie heuer einfacher: Erstmals haben die Zelte Raucherbereiche im Freien: Die Wirte haben Balkone gebaut oder Freiflächen überdacht, damit die Gäste eine Zigarette rauchen können und danach wieder ins volle Festzelt kommen, ohne in der Menschentraube am Eingang steckenzubleiben.
Rund um die Theresienwiese wurden für gut drei Millionen Euro 180 Sicherheitspoller installiert. Auch 70 Betonkübel mit Blumen sollen zusätzlich als Bollwerk dienen. «Sicherheit ist großgeschrieben», sagt Weishäupl. Vor zwei Jahren hatten Drohungen des Netzwerkes Al-Kaida das Fest überschattet.
Bis zum 3. Oktober werden sechs Millionen Gäste erwartet. Die Festleitung hofft dabei keineswegs auf neue Besucherrekorde. «Die Qualität leidet durch viel Quantität», sagt Weishäupl. «Das ist nicht gut fürs Fest.» dpa
Offizielle Seite: oktoberfest.eu
Fotos: muenchen.de