Von Andreas Stein
Über seine neue Heimat, immerhin das zweitgrößte Land Europas, fällt der deutsche Koch David Kikillus ein hartes Urteil. «Kulinarisch gesehen existiert die Ukraine nicht», sagt der gebürtige Dortmunder. Mit einem Gourmetrestaurant in Kiew und eigenen Varianten ukrainischer Gerichte will er das ändern. So bietet Kikillus die traditionelle Rote-Beete-Suppe als «Borschtsch - New Style» mit Stickstoff gekühlter Crème fraîche an. «Es geht darum, die lokale Küche aufzupeppen», sagt der 31-Jährige.
Im Süden von Kiew ragt ein neues Geschäftszentrum mit 22-stöckigen Türmen in den Himmel. Dort residiert ein im Juni 2012 eröffnetes Hotel, und von dort aus will Kikillus die Restaurantszene aufmischen. Leger mit Jeans und Kochjacke empfängt der auf französische Gourmetküche spezialisierte Deutsche, der für ein Sechs-Gänge-Menü etwa 130 Euro berechnet, den Gast. Für die meisten Menschen in dem veramten Land ist ein Besuch unerschwinglich. Aber wie in anderen Ex-Sowjetrepubliken gibt es auch in der Ukraine Superreiche.
Das Restaurant «DK» trägt die Initialen des Deutschen. Für die Ukraine ungewöhnlich modern wirkende Räume unterstreichen das Avantgarde-Konzept des Chefkochs. Bis zu 60 Gäste finden im Saal mit verglastem Show-Room Platz. Für besondere Besucher ist ein Séparée mit Videoübertragung aus der Küche vorgesehen. Im Zentrum steht das kulinarische Erlebnis. Der deutschen Fachpresse zufolge gilt Kikillus als einer der experimentierfreudigsten jungen Spitzenköche.
«Die Entscheidung für Kiew fiel nicht schwer», sagt der Küchenchef, der schon in Kitzbühel, Spanien und Berlin kochte. Hotelinvestor Dmitri Burjak bot ihm bei einem Treffen in London an, ein Restaurant nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Diese Freiheit ließ ihn Angebote etwa aus China ablehnen. «Hier sind wir Pioniere», sagt er. Noch sind seine Gänsestopfleberkreationen, exotische Texturen oder Zubereitungstechniken mit Vakuum in der örtlichen Restaurantwelt unbekannt. Aber das soll sich ändern.
Nach der Eröffnung habe es Anfragen gegeben, bei Gästen daheim zu kochen, erzählt Kikillus. «Das machen wir definitiv.» Zwar gilt die Millionenstadt Kiew heute als moderne europäische Metropole, die Versorgung mit gutem Fisch und Gemüse ist aber noch problematisch. «Ich brauche Spitzenqualität, etwa andalusische Tomaten, und muss bei fast jeder Lieferung Teile zurückgeben», klagt Kikillus.
Die mehr als 40 einheimischen Mitarbeiter mussten in knapp drei Monaten angelernt werden. Auf korrekten Service und makellose Hygiene legt ihr Chef Wert. Natürlich gebe es Sprachprobleme, räumt Kikillus ein. Englisch ist in der Ukraine noch nicht sehr verbreitet. «Ich möchte aber etwas Russisch oder Ukrainisch lernen», erzählt er.
Trotz der reizvollen Aufgabe vermisst Kikillus seine Familie im gut zwei Flugstunden entfernten Ruhrgebiet. In Kiew möchte er sich auch mit seinem Kollegen Sebastian Kellerhoff austauschen, der in einem First-Class-Hotel kocht. Der Westfale Kellerhoff ist unter anderem für seine asiatischen Gerichte ausgezeichnet worden. «Die Nummer Eins in Kiew wollen aber wir werden», sagt Kikillus. dpa