Dehoga «Moselufer sicherer als Malle-Strand»

Die Hotels und Restaurants in Rheinland-Pfalz müssen nach Ansicht des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) sofort geöffnet werden. «Die Politik hat mehrmals auf allen Ebenen erklärt, dass die Betriebe des Gastgewerbes nicht geschlossen wurden, weil sie unsicher sind, sondern dass man damit Mobilität eingrenzen wollte», sagte der rheinland-pfälzische Dehoga-Präsident Gereon Haumann der Deutschen Presse-Agentur.

«Wenn die Mobilität das Grundübel für das Infektionsgeschehen sein soll, dann ist für keinen Menschen in Deutschland nachvollziehbar, dass man die Osterurlauber auf die Balearen treibt und gleichzeitig die deutschen Hotels geschlossen lässt», sagte Haumann und fügte in Anspielung auf Mallorca hinzu: «Das Moselufer ist sicherer als der Malle-Strand.»

Die Bundesregierung hatte am vergangenen Freitag die Reisewarnung für Mallorca und andere Regionen in Spanien, Portugal und Dänemark aufgehoben. Damit ist der Urlaub dort wieder ohne Quarantäne und Testpflicht bei der Rückkehr nach Deutschland möglich.

Vor den für diesen Montag angesetzten Bund-Länder-Beratungen über den weiteren Kurs in der Pandemie forderte Haumann die Politik auf, sich vom Corona-Inzidenzwert als Hauptkriterium für das weitere Handeln zu verabschieden. In den Betrieben des rheinland-pfälzischen Gastgewerbes habe es laut Robert Koch-Institut (RKI) «kein signifikantes Infektionsgeschehen» gegeben, deshalb müsse die Infektionsgefahr differenziert betrachtet werden. «Die Inzidenzwerte haben ihre Berechtigung verloren, ihre Mindesthaltbarkeit ist überschritten.»

Die Inzidenzwerte hätten das Ziel gehabt, Infektionsketten nachvollziehbar machen, um eine Ausbreitung der Pandemie und damit eine Überlastung der Krankenhäuser zu verhindern, sagte Haumann. Diese Gefährdung des Gesundheitswesens sei mit Blick auf die Lage in den Kliniken und die Intensivstationen «weder gegeben noch zu befürchten».

Die Inzidenzen müssten dringend ersetzt werden durch Kriterien wie Impfquote, Testquote und vor allem durch den Blick auf die Auslastung der Intensivbetten, forderte Haumann. Es sei klar, dass bei mehr Tests auch mehr Infektionen festgestellt würden. Die Infektionsgefahr ändere sich dadurch nicht, es träten einfach mehr Fälle zutage. Solange die Politik an dem nicht mehr anwendbaren Kriterium der Inzidenz festhalte, «werden wir zwangsläufig in Dauer-Lockdowns kommen», sagte er. «Wir brauchen einen Paradigmenwechsel.»

Er hoffe darauf, dass Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sich wie vor der Landtagswahl angekündigt bei den Beratungen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Regierungschefs der Länder für eine Öffnungsperspektive für die Hotellerie einsetzen werde, sagte Haumann. Mit Blick auf diesen Montag forderte der Dehoga-Präsident außerdem, die «mehrmals versprochene Öffnung der Außengastronomie unbedingt umzusetzen». Dieser Schritt werde die Infektionsgefahr sogar senken, da dort der Aufenthalt sicherer sei, als wenn sich die Menschen in größeren Gruppen irgendwo auf Bänken oder Picknickdecken an den Ufern von Rhein, Mosel oder Nahe niederließen.

Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen bezogen auf 100 000 Einwohner in den zurückliegenden 7 Tagen, lag am Mittwoch in ganz Rheinland-Pfalz bei 66,0. Das ist der höchste Stand seit sechs Wochen. Vor einer Woche waren es erst 48,0.

Warum laut Öffnungsplan von Bund und Ländern bei einem Inzidenzwert über 50 für einen Besuch der Außengastronomie jeweils ein tagesaktueller Schnelltest vorgelegt und vorab ein Termin gebucht werden soll, verstehe er nicht, sagte Haumann. Damit werde die Außengastronomie genauso behandelt wie Kinos und Theater, dabei sagten Experten doch, dass die Ansteckungsgefahr an der frischen Luft viel geringer sei als in geschlossenen Räumen. Wer sich in ein Straßencafé oder in den Außenbereich einer Gaststätte setzen wolle, solle dies auch ohne Test und Termin tun können. «Aber wenn das die Ultima Ratio ist, dann geht das auch damit», sagt er.

Der Verbandspräsident forderte, die digitalen Möglichkeiten zur Kontaktverfolgung «umgehend und konsequent» anzuwenden und diese dann zum Einlass in Gastronomie und Hotellerie zu nutzen. Außerdem müsse es wie in anderen Bundesländern einen «fiktiven Unternehmerlohn» für die Gastgeber-Familien geben. «Die gehen finanziell am Krückstock», sagte er. Deshalb sei der Unternehmerlohn «nach sieben Monaten Zwangsschließung dringend angesagt.»

Die Corona-Pandemie hatte im vergangenen Jahr zu einem historischen Einbruch bei den Gäste- und Übernachtungszahlen in Rheinland-Pfalz geführt. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes ging im Vergleich zu 2019 die Zahl der Gäste um knapp 40 Prozent auf 6,05 Millionen zurück. Die Übernachtungszahlen sanken um rund 33 Prozent auf 17,43 Millionen.

Anfang November waren wegen der Corona-Pandemie Übernachtungen im Inland nur noch für notwendige und ausdrücklich nicht für touristische Zwecke erlaubt worden. Auch Dauercamping ist verboten. Die Einschränkungen dauern an. Auch im April 2020 waren Betriebsschließungen angeordnet worden. dpa

Mallorca, Sylt oder zu Hause: Was wird aus dem Osterurlaub?

Es wirkt ein wenig absurd: Die Corona-Infektionszahlen in Deutschland schießen in die Höhe, und trotzdem werden die Schleusen für den Osterurlaub auf Mallorca geöffnet. Das wiederum lässt die Rufe nach Urlaub auch auf Sylt und Rügen lauter werden. Wohin soll das führen?

Nach der Aufhebung der Reisewarnung für Mallorca werden trotz steigender Infektionszahlen die Rufe nach Osterurlaub auch in Deutschland immer lauter. Aus den Urlaubsländern Bayern und Mecklenburg-Vorpommern kommen entsprechende Forderungen mit Blick auf die Bund-Länder-Konferenz zur Corona-Pandemie am kommenden Montag. Er erwarte dort «ein klares Signal für Osterurlaub in Deutschland», sagte Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) der Funke Mediengruppe. Ostern fällt in diesem Jahr auf das erste April-Wochenende.

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) mahnte rasche Entscheidungen an. «Wir werden über Ostern reden müssen», sagte sie bereits am Dienstag. «Ich glaube, dass es schwer vermittelbar ist, dass die Bundesregierung einerseits jetzt wieder Urlaub in anderen Ländern freigegeben hat, zum Beispiel Urlaub auf Mallorca, und gleichzeitig kein Urlaub im eigenen Bundesland möglich ist.» Ähnlich hatte sich zuvor schon der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, geäußert.

DER AUSLÖSER: «MALLE FÜR ALLE»

Losgetreten wurde die Debatte mit der Entscheidung der Bundesregierung am vergangenen Freitag, Mallorca und weitere Regionen in Spanien, Portugal, Dänemark sowie die Bahamas von der Liste der Corona-Risikogebiete zu streichen und die Reisewarnung aufzuheben. Im Klartext bedeutet das für Mallorca: keine Quarantäne mehr, weder bei Einreise noch Rückkehr. «Malle für alle» titelte die «Bild»-Zeitung am nächsten Tag. Die Buchungszahlen explodierten. Eurowings legte sofort 300 zusätzliche Flüge auf, TUI zog die Ostersaison um eine Woche vor und will schon an diesem Wochenende die ersten Hotels an der Playa de Palma wieder öffnen.

«Ein bisschen fühlt es sich schon wie früher an», freut sich Beatrice Ciccardini, Wirtin der Bar «Zur Krone» am Ballermann. «Die Woche saßen drei junge Deutsche in Badehose bei mir und haben Sangria getrunken. Die Deutschen fühlen sich sicher auf Mallorca.» Die Erleichterung über die Rückkehr der Urlauber überdeckt auf der Insel die Angst vor dem Virus.

Überraschend ist der plötzliche Mallorca-Boom nicht. Die Reiseveranstalter haben monatelang auf ein Signal der Bundesregierung gewartet, um endlich loslegen zu können. Das Absurde daran: Die Bundesregierung hat mit ihrer Entscheidung genau das erreicht, was sie eigentlich vermeiden wollte. Sie rät bis heute eindringlich von Reisen - sei es im In- oder Ausland - ab. Bei den Risikogebieten hat sie sich aber selbst einen Automatismus verordnet: Sinken die Infektionszahlen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche unter 50 in einer Region, wird sie von der Risikoliste gestrichen und die Quarantänepflicht aufgehoben - unabhängig davon, wie die Infektionslage im Inland ist.

PROBLEM NUMMER 1: DIE DRITTE WELLE

Die Infektionslage im Inland hat sich nun aber genau in die entgegengesetzte Richtung entwickelt, wie die auf Mallorca und in anderen Urlaubsregionen im Ausland. Auf den Balearen, zu denen Mallorca gehört, sank die Inzidenz bis Dienstagabend auf 18,79. In Deutschland liegt sie inzwischen mit 86 mehr als vier Mal so hoch - Tendenz stark steigend. Es besteht inzwischen Einigkeit, dass die dritte Welle Deutschland erfasst hat. Das steigert die Lust auf Urlaub nicht gerade. Oder doch?

Der eine oder andere wird argumentieren: Wenn die Zahlen auf Mallorca weiter sinken, liege ich doch lieber dort am Strand, als in Deutschland im Lockdown zu versauern. Virologen warnen aber, dass zunehmende Mobilität und Sorglosigkeit im Urlaub die Infektionszahlen in die Höhe treiben. «Wenn die Reiseaktivität steigt, dann werden auch die Inzidenzraten steigen. Das ist relativ klar», sagt der Mainzer Virologe Bodo Plachter. «Im Urlaub möchte man sich erholen, möchte man dann auch Corona vergessen. Und das führt dazu, (...) dass die Vorsicht sinkt und die Infektionsraten steigen.» Das sei auch schon im Sommer so gewesen.

Die Reiseveranstalter preisen dagegen ihre Hygienekonzepte an und werben damit, dass Pauschalurlaub relativ sicher ist. Ungezügelte Partystimmung ist jedenfalls noch lange nicht an den Ballermann zurückgekehrt. Bei der Einreise nach Mallorca muss ein negativer PCR-Test vorgelegt werden, der nicht älter als 72 Stunden sein darf. Zwischen 22.00 und 06.00 Uhr gilt auf der Insel eine Ausgangssperre, Bars und Restaurants müssen um 17.00 Uhr schließen. Außerhalb des Hotelzimmers gilt Maskenpflicht. In einem Zimmer dürfen nur Mitglieder aus ein und demselben Haushalt untergebracht werden. Diese Regeln sollen auch über Ostern gelten.

PROBLEM NUMMER 2: DIE VERZWEIFLUNG DES GASTGEWERBES

Trotz aller Bedenken der Virologen und einiger Politiker blickt das einheimische Gastgewerbe sehr neidisch in den Süden. Und mit zunehmender Ungeduld. «Wut und Verzweiflung wachsen ohne Ende. Das ist bitter wie inakzeptabel, dass es keine Öffnungsperspektive für das Gastgewerbe im Inland gibt», sagt die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Ingrid Hartges. Nach Dehoga-Angaben ist der Umsatz im Gastgewerbe in den vergangenen zwölf Monaten um 63 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eingebrochen. 72,2 Prozent der Unternehmer bangten um ihre Existenz.

Das Ostergeschäft sei für viele «der letzte rettende Strohhalm», meint auch der bayerischer Minister Aiwanger. Tausende Betriebe stünden finanziell und emotional mit dem Rücken zur Wand. «Da darf die Politik nicht mehr länger zusehen.»

DIE ENTSCHEIDUNG: OSTERFERIEN-GIPFEL BEI MERKEL

Das Zusehen wird Montag ein Ende haben. Dann berät Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wieder mit den Regierungschefs der Länder über die Pandemiebekämpfung - eine Woche vor Beginn der Osterferien in den meisten Bundesländern. Dabei soll entschieden werden, wie es für das einheimische Gastgewerbe weitergeht. Gesundheitsrisiken müssen mit den Interessen des Gastgewerbes und dem Wunsch nach Urlaub abgewogen werden. Der Ausgang: offen. Mit steigenden Infektionszahlen sinken allerdings die Chancen auf Öffnung.

DER TRAUM: URLAUB DANN WENIGSTENS IM SOMMER

Schon jetzt richten deswegen Politiker und auch Hoteliers bereits den Blick auf den Sommer. In Brüssel stellte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Pläne für ein «Grünes Zertifikat» als Nachweis für Impfungen, Tests oder eine überstandene Covid-Erkrankung vor. «Mit diesem digitalen Zertifikat wollen wir unseren Mitgliedstaaten helfen, verantwortungsvoll und sicher die Freizügigkeit wiederherzustellen», sagte die CDU-Politikerin. In den Osterferien wird dieses Zertifikat angesichts der geringen Impfquote aber noch nicht weiterhelfen.

Urlaubsländer wie Österreich setzen deswegen darauf, bereits jetzt auf die vollständige Wiederherstellung der Reisefreiheit im Sommer hinzuarbeiten. Auch auf Mallorca ist man sich bewusst, dass es jetzt vor allem darum gehen muss, sich die Sommersaison nicht mit einer neuen Infektionswelle zu verderben. «Am wichtigsten ist, dass wir mit einer guten gesundheitlichen Lage die Hauptsaison im Sommer erreichen», betont der balearische Tourismusminister Iago Negueruela. dpa

Zum Corona-Schnelltest in Mälzers «Bullerei» - Testzentrum eröffnet

Im Restaurant «Bullerei» des Hamburger Gastronoms und Fernsehkochs Tim Mälzer (50) können Hamburger sich kostenlos auf das Coronavirus testen lassen. «Dank dem Schnelltest Service Hamburg könnt ihr ab sofort einen Corona Schnelltest in der Bullerei buchen. Für Jedermann und kostenlos», heißt es auf der Facebook-Seite des Restaurants. Einen Testtermin gibt es auf schnelltest-hamburg.de/sternschanze. Getestet wird demnach immer von Montag bis Samstag von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 15.00 Uhr bis 19.00 Uhr im Deli der «Bullerei». Zuvor hatte «mopo.de» berichtet.

Mälzer betreibt in Hamburg neben der «Bullerei» noch das Restaurant «Die gute Botschaft», die seit mehreren Monaten wegen der Corona-Pandemie geschlossen sind. In der Corona-Pandemie ist Mälzer zu einem Sprachrohr der Gastronomie-Branche geworden und formuliert klare Erwartungen an die Politik. dpa