Die Leute können heute nicht besser kochen als früher Foodporn und echtes Kochen

Von Julia Kirchner

Manche kommen sich bei der Frage «Was gibt's denn heute?» vor wie in einer Prüfungssituation: Der Kopf ist leer, und es fällt einem partout nichts ein, was man auf den Tisch bringen könnte. Auf der Suche nach Inspirationen kann man Kochbücher wälzen, das Internet durchforsten - oder ganz klassisch zur Essenszeitschrift greifen.

Der Koch Achim Ellmer hat sein Handwerk bei Johann Lafer gelernt. Seit 15 Jahren leitet er die Versuchsküche der Zeitschrift «Essen & Trinken» in Hamburg, die es seit 45 Jahren gibt. Ein Gespräch darüber, was sich in deutschen Küchen verändert hat:

Sie entwickeln seit 15 Jahren Rezepte, was ist heute anders?

Ein großer Trend ist die Regionalität von Lebensmitteln. Nicht nur in der Gastronomie, auch im Discounter werden heute Zutaten aus der Region verkauft. Das muss zwar nicht immer stimmen, vermittelt aber ein gutes Gefühl.

Heute gibt es eine Unmenge an aufwendigen Kochbüchern, Tausende Foodblogs und YouTube-Videos zum Thema Kochen. Heißt das, dass die Leute es auch besser können?

Es gibt ein gesteigertes Interesse, das stimmt, und die Leute können eher mitreden. Das heißt aber nicht, dass sie es besser können. Kochen ist immer noch ein Handwerk, das man lernen muss.

Worauf achten Sie bei der Auswahl der Rezepte fürs Heft?

Dass die Mischung stimmt. Manches ist schnell gemacht, anderes aufwendiger, wichtig ist, dass man alles zu Hause nachkochen kann. Eine Zeit lang war die Molekularküche sehr angesagt, da muss man sich aber fragen: Haben Leute überhaupt das nötige Werkzeug in der Küche, um so etwas nachzumachen? Und ich muss Trends erkennen und einschätzen: Nicht alles, was in Hamburg, Berlin oder München gerade angesagt ist, interessiert auch den Hobbykoch auf dem Land.

Wenn Sie nächstes Wochenende Gäste hätten, was würden Sie servieren?

Ich würde auf den Wochenmarkt gehen und schauen, was die Bauern gerade frisch dabeihaben. Das ist nämlich ein Indiz dafür, dass es auch gerade im Freien wächst, aktuell Tomaten und Gurken. Und wenn ich beim Fischhändler einen tollen, frischen Pulpo finde, serviere ich den einfach mit einem guten Tomatensalat.

Ihr Magazin hat jüngst in einer Forsa-Umfrage herausgefunden, dass im Alltag vor allem jüngere Leute das Kochen als stressig empfinden. Heißt das, die lassen sich weniger vom Kochen begeistern?

Nicht unbedingt, nein. Sie gehen einfach anders ran. Die kochen weniger für sich allein, so wie ich das machen würde. Sondern die laden Freunde am Wochenende ein und kochen dann alle zusammen. Das kann etwas Aufwendiges sein oder eine selbst gemachte Pizza.

Die Begeisterung fürs Kochen: Woher kommt die?

Ich glaube, dass der Grundstein in der Familie gelegt wird. Wenn Kinder es nicht vorgelebt bekommen, dass man gemeinsam kocht und das am Wochenende auch zelebriert, können sie sich schwerer dafür begeistern. Dann sieht man Essen eher als reine Nahrungsaufnahme, und es geht darum, schnell satt zu werden. dpa