Die neuen Funktionen der Backöfen

Von Eva Neumann

Das Auto war einmal das wichtigste Statussymbol der Deutschen. Ausgerechnet die Küche scheint es einer Studie zufolge aber abgelöst zu haben. Mehr als der Hälfte aller Deutschen gab kürzlich an, dass ihnen eine «tolle Küche» wichtig ist (57 Prozent).

Nur 29 Prozent sagten in der Umfrage des Zukunftsinstituts im Auftrag des Herstellers Siemens-Electrogeräte hingegen das über ein Auto. Da die Küche so viel Aufmerksamkeit bekommt, wird an Technik kaum noch gespart - besonders der Backofen bekommt immer mehr Funktionen. Er ist heute fast ein Alleskönner.

Ober- und Unterhitze, Heißluft- und Grill-Funktion sind eigentlich schon Standard. Aber es geht noch mehr: Umluftgrillen und eine Pizzastufe, mit der von unten besonders stark geheizt wird, sind häufige Beheizungsarten bei neuen Backöfen. Auch eine Mikrowelle kann integriert sein. Der Einbauherd «HE78BD.71» von Siemens hat etwa eine «Intensivhitze» zu bieten.

Sie ist laut Anleitung für Gerichte mit knusprigem Boden gut. Die Hitze kommt normal von oben aber besonders stark von unten. Die «Twin Cooking»-Funktion in Samsungs Einbauofen «NV70F7786ES» ermöglicht es, zwei verschiedene Gerichte zeitgleich im Ofen zuzubereiten - der Hersteller nennt zum Beispiel ein Brathähnchen als Hauptspeise und Cupcakes zum Nachtisch.

Um schonend zu garen, finden in modernen Küchen auch zunehmend eingebaute Dampfgarer Verwendung. Ein druckloses Dampfgarsystem kann aber auch mit einem Backofen kombiniert sein. Je nach Bauart wird dieses System über einen festen Anschluss oder eine Schublade mit Wasser versorgt.

Der Dampf in Kombination mit Heißluft führt zu besonders schmackhaften Ergebnissen: Gemüse wird bei niedrigen Temperaturen und damit besonders schonend im Dampf gegart. Der Braten bleibt zart und saftig - dafür dauert die Zubereitung länger. «Energiesparen ist mit dieser Zusatzausstattung nicht möglich, es geht um Gesundheit und Genuss», erläutert Claudia Oberascher von der Fachgemeinschaft für effiziente Energieanwendung (HEA) in Berlin.

Die Öfen können sogar den Feuchtigkeitsgehalt je nach Gericht beeinflussen. Neff verspricht mit der zuschaltbaren Dampfunterstützung «VarioSteam» eine optische und geschmackliche Frischekur für aufzuwärmende Reste vom Vortag, eine Pizza etwa.

Große Fortschritte gab es in jüngster Vergangenheit beim Komfort: Mit Hilfe von Automatikprogrammen lässt sich der Kochaufwand erheblich reduzieren. Und so kann auch weniger erfahrenen Hobbyköchen ein Festtagsbraten gelingen. Aber solcher Komfort hat seinen Preis: «Backöfen mit Programmautomatik kosten etwa 300 bis 400 Euro mehr», schätzt Anette Kreiselmeyer vom Agrarbildungszentrum des Bezirks Oberbayern in Landsberg, Ausbildungsbereich Haushaltstechnik.

Die Idee hinter der Automatikschaltung ist einfach: Hersteller nutzen die Erfahrungen aus ihren Versuchsküchen und machen sie dem Endverbraucher in fertigen Programmierungen zugänglich. Der Hobbykoch bestimmt nur das Grundprogramm und je nach Gerät muss er noch Angaben wie das Gewicht des Gargutes ergänzen. «Den Rest erledigt der Backofen alleine», erläutert Oberascher. «Mit Hilfe von hinterlegten Einstellungen bestimmt er die Beheizungsart, Garzeit und Temperatur.»

Die Liste der Möglichkeiten mit solchen Programmen ist lang. Ein Beispiel: Miele liefert beim «H 6860 BP» ein Bratthermometer mit, das die Kerntemperatur von Fleisch und Geflügel erfasst. Der spießförmige Temperaturfühler ist mit einer elektronischen Regelung im Ofen verbunden und wird in das Fleischstück gesteckt. Sobald der vom Benutzer programmierte Wert erreicht ist, schaltet die Beheizung automatisch ab.

Bei Geräten mit Zeitschaltautomatik bestimmt der Benutzer das Ende der Garzeit oder auch die Gardauer. Daraus errechnet das Gerät, wann es die Stromzufuhr freigibt und wann es sie sperrt. Auch Lieblingsrezepte oder oft genutzte Einstellungen können mit Hilfe einer Speicherfunktion hinterlegt werden. Sogar genaue Anweisungen gibt der Ofen: Ein Display zeigt etwa an, auf welche Ebene das Kochgeschirr kommt.

«Für den Verbraucher ist es sehr schwer, einen Überblick über all diese Möglichkeiten zu bekommen - vor allem über Funktionen und Programme, welche er noch nicht kennt», sagt Werner Scholz, Geschäftsführer des Fachverbandes Elektro-Haushalt-Großgeräte im Zentralverband der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI).

Doch der Experte muss wissen, in welche Richtung er beraten soll. «Als Verbraucher sollte man deshalb vorher seine Nutzungsgewohnheiten unter die Lupe nehmen», empfiehlt Oberascher. Welche Beheizungsarten nutze ich wie viel? Grille ich gerne? Backe ich viel auf mehreren Ebenen? Wie viele Personen werden bekocht? Wie viel Platz steht zur Verfügung?

Worüber Interessenten sich ebenfalls Infos einholen sollten, ist die Pflege - auch hier gibt es immer mehr spannende Funktionen: Viele Modelle haben Einweichprogramme oder können sich durch Katalyse noch während des Garens selbst reinigen. Eine Beschichtung der Wände mit Metalloxiden saugt Fettpartikel an, Lebensmittelreste oxidieren und zerfallen.

Oder der Backofen wird mit Hilfe eines Pyrolyse-Programms von Zeit zu Zeit gereinigt. «Das heißt nichts anderes, als dass der Ofen auf über 500 Grad erhitzt wird, so dass Reste zu Asche zerfallen und rausgekehrt oder -gewischt werden können», erklärt Elektroexperte Scholz. Außerdem sind die Oberflächen selbst pflegeleicht: «Bei allen Herstellern ist die Emaillierung der Oberflächen glatter und porenloser geworden, so dass weniger oder gar keine Verschmutzungen anhaften», erläutert Kreiselmeyer.

Im Fachhandel sollten Interessenten dann die Bedienung testen - sie unterscheidet sich deutlich von alten Modellen: «Viele Geräte werden heute bereits über Berührungssensoren gesteuert», erläutert Oberascher. «Doch damit kommt nicht jeder gleich gut zurecht.» Vor allem ältere Nutzer seien handfestere Knebel und Schalter gewöhnt. Interessenten sollten auch auf die Größe der Anzeige und die Schriftart am Ofen achten. dpa