Ganz am Geschmacksnerv - Sternekoch Schuhbeck

Von Sabine Dobel

Kürzlich wollte die Polizei Alfons Schuhbeck nicht an den Kochtopf lassen. Der Sterne-Koch kümmerte sich bei der Münchner Sicherheitskonferenz um die Verpflegung der hochkarätigen Gäste - aber Beamte stoppten ihn an der Absperrung. Sie kannten ihn offenbar nicht. Dabei ist sein Gesicht aus Kochshows weithin bekannt.

Schuhbeck gibt Tipps zum richtigen Bruzzeln ebenso wie zum Abnehmen oder für den Wiesn-Kater. Immer wieder überrascht er mit ungewöhnlichen Kreationen: Knödel-Wurstsalat, Melonensuppe mit Minze, Schweinsbraten in Ingwer, gebackene Weißwurstradeln, Safrantopfenschaum auf marokkanischer Pflaumensauce, Schokoladenbruch mit Knoblauchflocken, Schwarzbrot- oder Gurken-Dill-Eis - manches erfordert einen geübten Gaumen. Am 2. Mai wird der Erfinder ungewöhnlicher Tafelfreuden, der sich auch als Erneuerer der bayerischen Küche bezeichnet, 65 Jahre alt.

Er kochte für Helmut Kohl und Angela Merkel, für Arnold Schwarzenegger und Michael Schumacher - und immer wieder für den FC Bayern, den er auch zu Auswärtsspielen begleitet. Heimatverbunden und bodenständig, mit bayerischem Charme und kulinarischen Tabu-Brüchen begeistert er seit Jahrzehnten Gäste und Publikum. "Zur Tradition unserer herzhaften bayerischen Küche gehört auch, dass sie sich Einflüssen aus Österreich, Böhmen und Italien öffnete", sagt er. "Da muss es doch in der allgemeinen, also auch kulinarischen Globalisierung nicht verwundern, dass Gewürze aus jenen Aromenwelten, die der Ferntourismus erschlossen hat, in unsere heutige Küche einfließen."

Das bayerische "Nahrungsmittel" Bier kommt oft vor: Limettengranitée mit Weißbier, Bier-Tiramisu, Apfelkücherl in Bierteig, Biergulasch. Schuhbecks neue Leidenschaft aber sind Gewürze. "Ich tüftele an Fisch in der Tandoorikruste, Ente mit Sternanis und asiatisch mariniertem Radi oder Milchlamm im Duft Marokkos. Die faszinierende Welt der Gewürze ist die zweite große Liebe meines Kochlebens."

Den Trend in der Küche sieht er so: "Ich glaube, in einer immer komplizierter und technischer werdenden Welt wird die Küche der Zukunft naturnah, unverkünstelt und aromenfreudig sein. Produkte aus nachhaltiger Landwirtschaft in der Region werden an Reiz gewinnen."

Koch, Unternehmer, Autor zahlreicher Kochbücher, Gastwirt - doch beinahe hätte er in seinem Leben Fernmeldekabel verlegt oder Telefonanlagen gewartet. Zunächst sah es überhaupt nicht nach einer Karriere als Spitzenkoch aus. Geboren als Alfons Karg in Traunstein machte er eine Lehre als Fernmeldetechniker - "weil meine Eltern meinten, Post oder Bahn seien was Krisensicheres", wie er später sagt. Ansonsten tourte er mit seiner Band "Die Scalas" durch die Gegend um Traunstein und das Berchtesgadener Land.

Aber es zog ihn an den Herd. Zu der Zeit suchte der kinderlose Gastronom und damalige Bürgermeister von Waging am See, Sebastian Schuhbeck, einen Nachfolger für sein "Kurhausstüberl" - er adoptierte den jungen Alfons und ließ ihn auf die Hotelfachschule Bad Reichenhall gehen. Alfons - nun Schuhbeck - lernte auch in Salzburg, Genf, Paris, London und München. Zu den Stationen seiner Lehrjahre gehörten Adressen wie Feinkost Käfer, Alois Dallmayr und das "Aubergine" von Eckart Witzigmann.

Im Jahr 1980 übernahm er den Betrieb und erkochte sich schnell die Sympathien der am Chiemsee verkehrenden Münchner Prominenz. 1983 bekam er einen Michelin-Stern, 1989 ehrte ihn der Gourmetführer GaultMillau als "Koch des Jahres", weitere Auszeichnungen folgten. Seitdem ist Schuhbeck als Autor zahlreicher Kochbücher und als Fernsehkoch bundesweit bekannt. Mit seinem Cateringservice belieferte er Großveranstaltungen und hochkarätige Events, unter anderem Feste des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl.

Seit 2003 bruzzelt und schmort Schuhbeck in München am Platzl gleich beim Hofbräuhaus. Zu seinem Gastro-Imperium gehören eine Kochschule, ein Eissalon und ein Schokoladenladen. Ein Magnet für Feinschmecker sind seine Gewürzläden. Das Geheimnis des Erfolges: "Ich lege nie die Hände in den Schoß, denke immer positiv und grüble nicht viel darüber, warum eine Tür zugegangen ist, sondern schaue, wo die nächste aufgehen könnte."

Und Feiern? "Mein Geburtstag wird wie jedes Jahr ein ganz normaler Arbeitstag sein. Ich wünsche mir nur, dass ich als Beweis dafür herhalten kann, dass 65 heutzutage kein Alter ist. Noch tut mir bei den Freuden des Lebens nichts weh." dpa