Geschichte der Luxusliner Glanz und Tragödie

Von Anna Tomforde

Im vibrierenden Maschinenraum, auf dem Vergnügungsdeck und im glitzernden Salon wird die Geschichte der Schiffe zu Zeiten von Krieg und Frieden erzählt: Von schmutzigen Frachtern über das Mittel zur Massenemigration nach Amerika, Truppentransport und Symbol internationaler Rivalität bis zu den «schwimmenden Palästen» der High Society. Tragödien wie der Untergang der «Titanic» (1912) und die Kriegsversenkung der «Lusitania»(1915) werden mit anrührenden Exponaten dokumentiert. Die Ausstellung «Ocean Liners: Speed and Style»(Ozeanliner -Geschwindigkeit und Stil) wurde am Samstag eröffnet und läuft bis zum 17. Juni.

Die mit rund 250 Objekten bestückte Schau bietet nach Angaben von Museumsdirektor Tristram Hunt erstmals Gelegenheit, «Design und gesellschaftliche Bedeutung» der Ozeanliner auf internationalem Niveau zu erforschen. «Als die größten Maschinen ihrer Zeit wurden sie zu mächtigen Symbolen von Fortschritt und Modernität des 20. Jahrhunderts.»

Die thematisch angeordnete und theatralisch präsentierte Ausstellung wurde in Zusammenarbeit mit dem Peabody Essex Museum in Salem, Massachusetts, konzipiert. Sie zeigt riesige Schiffsmodelle, Mobiliar, kostbare Täfelungen, Bronzeplastiken, Gemälde, Mode, Poster und Filmausschnitte, die überwiegend aus den Beständen des V&A stammen.

Erstmals in Europa ist das Fragment einer dekorativen Holztäfelung aus dem 1. Klasse-Salon der «Titanic» zu sehen, das 1912 über dem Wrack schwamm. Das anrührende Memento wird in einem Wasserbassin treibend als Endstück der Ausstellung präsentiert. Der mit Diamanten bestückte Cartier-Tiara einer kanadischen Millionärsgattin, die beim deutschen U-Boot-Angriff auf die «Lusitania» im Ersten Weltkrieg ihre beiden Töchter verlor, selbst aber überlebte, ist emotionales Kernstück der Schau.

Filmaufnahmen von Marlene Dietrich im Dior-Kostüm auf der «Queen Mary» im Jahr 1950 und Luxuskoffer, die Edward VIII nach seiner Abdankung 1936 bei Atlantiküberquerungen mit Wallis Simpson dabei hatte, sind zu sehen. Decktennis, Tontaubenschießen und das Reiten auf Pferde-und Kamelmaschinen sorgten für Unterhaltung an Bord. Unter den Ausrüstungen stechen ein Bett aus Korbgeflecht sowie Speisekarten und Spezialmöbel aus den Spielzimmern der Kinder hervor.

Schiffe mit klangvollen Namen hatten zwischen 1900 und 1914 rund elf Millionen Emigranten von Europa nach Amerika transportiert. Als die USA 1921 die Einreisebestimmungen verschärften, standen Reedereien vor der Herausforderung, die einst dreckigen Dampfer in Luxus-Transporter für die High Society des 20. Jahrhunderts zu verwandeln.

Nationale Rivalitäten sowie Wettbewerb bei Bau, Technik und Design bestimmten das Bild. «Schiffe wurden zu Wahrzeichen der nationalen Identität», erläuterte Kuratorin Ghislaine Wood. Das deutsche Kaiserreich stand bei der Herausforderung der britischen maritimen Überlegenheit dabei an erster Stelle. Ein Gemälde aus dem deutschen Liner «Kronprinz Wilhelm» bezeugt den Anspruch auf Seehoheit. Gepriesen wird in der Ausstellung der Vorsprung deutscher Schiffe bei Technik und Design.

Das französische Schiff «Normandie» (1934) blieb in Design, Eleganz und Stil unübertroffen, sogar Unterarmtaschen wurden der Schiffsform nachempfunden. Top-Modedesigner und Art-Deco-Größen halfen bei der Innengestaltung mit. Ebenso eindrucksvoll wird die schwungvolle Treppe in der Lobby der gegenwärtigen «Queen Mary 2» im Film dokumentiert.

Die Ära der «Schwimmenden Paläste» fand mit dem Zeitalter der Flugreisen in den 1960er Jahren ihr Ende, heißt es in der Ausstellung. Aber ihre Anziehungskraft und Inspiration setze sich mit den «Schwimmenden Städten» der modernen Kreuzfahrt fort. dpa