Von Heidemarie Pütz
Manche Menschen feiern gern mit Freunden zu Hause, haben aber wenig Platz für ein großes Buffet. Wer feine Häppchen im Glas serviert, löst nicht nur dieses Problem: Er kann das meiste auch in Ruhe vorbereiten. Ob Heißes oder Kaltes, Pikantes oder Süßes - alles ist möglich. Die Leckereien werden einfach in geeignete Gläser geschichtet und sind für jeden sichtbar. Die Optik der kulinarischen Hochstapeleien ist umwerfend. Und beim Auslöffeln hat man alle Aromen auf der Zunge.
Ursprünglich ein Trend aus Frankreich, macht Feines aus dem Glas inzwischen bei vielen Gelegenheiten eine gute Figur. Vorspeisen werden kunstvoll gestapelt, Heißes dampft in rustikalen Weckgläsern, und Desserts verführen in Champagnerschalen. "Im Grunde kann man ein komplettes Menü im Glas servieren, von der Vorspeise über Suppe, Zwischengericht, Hauptgericht und Dessert", sagt Jochen Kempf, Küchenchef vom Restaurant "Osteria Due" in Hamburg.
Auch für die Sterneköchin Tanja Grandits vom Restaurant "Stucki" in Basel ist Kulinarisches im gläsernen Gewand für jeden Anlass und jede Einladung geeignet. "Man kann die Sachen gut vorbereiten, fix und fertig schichten, zum Beispiel schichtweise Mousse einfüllen und dann einen Tag im Kühlschrank aufbewahren", erläutert sie. "Oder man kann Fisch in einem Weckglas mit einem feinen Öl, etwas Zitronenzeste und Thymian schon vorher marinieren und später dann im Ofen zubereiten."
Auch bei einem Picknick sind die Gläschen ein kulinarischer Höhepunkt. Grandits empfiehlt, kleine Salate einzufüllen, eine Paste als Brotaufstrich oder Desserts im Glas mitzunehmen. Schön seien auch kleine Kuchen, die in der Glasware gebacken wurden.
Für beide Köche ist die optische Wirkung grandios. Im Glas serviert, lassen sich mit verschiedenen Schichten tolle Effekte erzielen. "Alles kann farblich aufeinander abgestimmt werden", erklärt Kempf. Die appetitanregende Wirkung werde durch Schäume, Beilagen und dekorative Kräuter noch verstärkt. Und die aromenverliebte Köchin Grandits schwärmt: "Man sieht die Speisen, zum Beispiel Suppen, und riecht sie. Man nimmt sie mit allen Sinnen wahr." Außerdem seien in der Hand Wärme beziehungsweise Kälte zu spüren.
Ein weiterer Vorzug ist: "Es können mehrere Texturen aufeinander aufgebaut werden", sagt Kempf. Beim Löffeln aus dem Glas verbindet sich dann Zartschmelzendes mit knusprigen oder frischen Elementen. Durch die verschiedenen Schichten hindurch erhält man von allem etwas. Zum Beispiel füllt der Hamburger Spitzenkoch eine warme Erbsen-Minze-Suppe auf einen Eiswürfel aus Erbsenpüree ins Glas. "Das Ganze sollte getrunken werden. Dann ist der Überraschungseffekt groß, wenn nach der heißen Suppe die kalte Schicht folgt."
Ansonsten empfiehlt Grandits: "Einfach ausprobieren und schichten. Zum Beispiel für ein Dessert etwas Pannacotta einfüllen, ein Fruchtgelee oben dazugeben und mit frischen Früchten garnieren." Für ihren persönlichen Favoriten, ein Joghurt-Thymian-Pannacotta, füllt sie die Masse in ein höheres Glas, sprüht etwas Himbeerschaum darauf und schließt mit einer Kugel Kräuterhonigsorbet sowie einem Thymianzweig ab. Und im Glas ist ein Traum aus Weiß, Rot und Grün.
Das passende gläserne Gewand zu finden, ist nicht schwer und muss auch nicht teuer sein. "Bestens geeignet sind Teelichtgläser, Einmach- und Marmeladengläser", sagt die Kochbuchautorin Stefanie Knorr aus Tübingen. "Ich würde dafür aber nicht gerade geschliffene Gläser nehmen. Langstielige Gläser sind wunderschön für Obstsalat oder andere Desserts." Tanja Grandits spielt gern mit unterschiedlichen Formen. Passend zu den jeweiligen Speisen nimmt sie mal dick- oder dünnwandige, mal hochgezogen schmale oder runde Gläser.
Bei kalten Speisen spielt die Beschaffenheit des Glases keine Rolle. Doch Heißes wie Mini-Gratins, Flans oder kleine Kuchen, die direkt im Ofen gegart werden, brauchen hitzebeständige Weck- oder andere Einmachgläser. Für warme Suppen, die nicht kochend heiß eingefüllt werden sollten, rät Kempf zu Gläsern mit dickem Boden: "Den kann man dann mit der Hand fassen." Und bei Gläschen mit Deckeln nutzt er den Deckel als Anrichtefläche. Darauf dekoriert er zum Beispiel zum Lachssalat Bambusspießchen mit Lachswürfeln.
Damit das Essvergnügen nicht getrübt wird, sollten Löffel und Gabel auf die Glasgröße abgestimmt sein. Und Zutaten wie Fleisch, Fisch oder Gemüse müssen häppchengerecht in Würfel oder Streifen geschnitten sein: "Die Streifen dürfen nicht zu lang sein, sonst hängen sie nur unschön von der Gabel runter", warnt Kempf.
Die kulinarischen Etagenwerke erfordern beim Einfüllen eine ruhige Hand und Überblick. "Die Gläser sollten beim Füllen nicht kreuz und quer stehen, sondern in einer Reihe oder im Block", erklärt Knorr. "Das ist übersichtlich und bringt Ruhe in die Arbeit. Rechtshänder sollten von links nach rechts arbeiten, Linkshänder umgekehrt."
Wenn Knorr Freunde zu Besuch hat, präsentiert sie alle Leckereien im Glas wie ein Tischband in der Mitte der Tafel. Als dekorativer Kontrapunkt glänzt dazwischen ein Silbertablett, auf dem mit Blütenköpfen gefüllte Gläser stehen. dpa