Heilwasser Hering mit Lakritze

Von Carolin Eckenfels

Das Wasser fließt unaufhörlich aus der Brunnenwand und schmeckt nach Metall. Etwas ungewohnt - doch viele Hessen schwören auf die Wirkung von Heilwasser und zapfen es sich wie hier in Bad Nauheim an der Löwenquelle ab. Landesweit sprudeln Dutzende Heilquellen, staatlich anerkannt, regelmäßig kontrolliert und oftmals kostenfrei zugänglich. Für Gesundheitsbewusste ein willkommenes Angebot - das für die Kommunen viel Aufwand bedeutet.

Heilquellen müssen einige Bedingungen erfüllen, damit das zuständige Regierungspräsidium Darmstadt (RP) sie als eben solche anerkennt. «Das ist so wie bei einem Auto mit oder ohne TÜV: Heilwässer sind Mineralwässer, die bestimmten Kriterien genügen und dies amtlich bestätigt ist», erklärt Karl-Ludwig Resch, Facharzt und Direktor des Deutschen Instituts für Gesundheitsforschung.

Für die Anerkennung ist demnach ein sogenanntes balneologisches Gutachten nötig. Es beinhaltet Resch zufolge die Analyse und Prüfung der Inhaltsstoffe sowie den Nachweis über die Wirksamkeit auf Basis wissenschaftlicher Studien. «Wenn dabei die gesundheitliche Wirksamkeit hinreichend nachgewiesen werden kann, dann kann es als Heilwasser anerkannt und für die Indikationen, die im Gutachten ausgeführt sind, zur Therapie oder Vorbeugung eingesetzt werden.»

Die Löwenquelle in Bad Nauheim etwa ist nach Angaben der Stadt bei «funktionellen Magen- und Darmstörungen, auch zu deren Prophylaxe» geeignet. Allerdings, so stellt ein Hinweisschild klar, darf es nicht auf Dauer getrunken werden.

Nach Angaben des Regierungspräsidiums Darmstadt gibt es in Hessen fast 120 staatlich anerkannte Heilquellen, darunter in Bad Homburg, Bad Orb, Bad Schwalbach, Bad Vilbel, Bad Wildungen oder Wiesbaden. In der Landeshauptstadt hat das RP im Jahr 2016 sogar ein Schutzgebiet für die dort vorhandenen Heilquellen ausgewiesen.

Bad Nauheim unterhält sechs Heilquellen, von denen fünf für Trinkkuren geeignet sind. «Je nach Reparaturbedarf der Brunnenanlagen liegen die Unterhaltskosten zwischen etwa 100 000 und 180 000 Euro pro Jahr», teilt die Kommune mit. Zu den ständigen Aufgaben gehören Instandhaltung oder Reparatur der größtenteils denkmalgeschützten Anlagen und regelmäßige Qualitäts- und Hygienekontrollen.

Die Heilbäder müssen diesen Aufwand betreiben: Die staatlich anerkannten Quellen seien für viele eine Grundvoraussetzung, um überhaupt diesen Titel führen zu können, erläutert Almut Boller, die Geschäftsführerin des Hessischen Heilbäderverbandes. Der Unterhalt der Quellen habe seinen Preis, aber dem Verband sei nicht bekannt, dass ein Kurort wegen der Kosten eine Quelle geschlossen hätte. Zumal diese nach wie vor beliebt seien. «Das Wasser wird genutzt, und das sehr gerne.» Zunehmend auch von Jüngeren.

Heilwasser kann Facharzt Resch zufolge getrunken oder äußerlich angewendet werden, wobei die angegebenen Empfehlungen zu Dosierung und Dauer der Anwendung beachtet werden sollten. Bei der inneren Anwendung unterscheidet man demnach zwischen Substitution - das Wasser wird als Nahrungsergänzung dauerhaft eingenommen, etwa bei Osteoporose - und einer Kur. Hydrogenkarbonathaltiges Wasser etwa soll der Verdauung helfen: «Das kann man über ein paar Wochen im Rahmen einer Trinkkur einnehmen, und damit beruhigen sich zum Beispiel die Magenschleimhaut und der Darm. Da kommt wieder vieles ins Lot.»

Allerdings hat Heilwasser längst Konkurrenz bekommen: «Es gibt auch ein paar Arten von Heilwässern, die früher ganz wichtig waren, die aber heute nicht mehr konkurrenzfähig sind», sagt Resch. Als Beispiel nennt der Experte eisenhaltige Quellen. Heute gebe es günstigen Ersatz durch Eisentabletten.

Trinkkuren seien noch immer zeitgemäß, vielleicht zeitgemäßer denn je, heißt es bei der Stadt Bad Nauheim auch mit Blick auf den anhaltenden Wellness- und Gesundheitstrend. Bei einer «Woche der Trinkkur» vom 26. Februar bis 4. März informiert die Kommune über die Anwendungsmöglichkeiten von Heilwasser und Geschichtliches. So soll schon Autor Erich Kästner (1899-1974) über seinen Kuraufenthalt geschrieben haben: «Das Wasser schmeckt wie Hering mit Lakritzen.» dpa

Von Königen und Champagner: Heilquellen in Hessen

In Hessen gibt es Dutzende staatlich anerkannte Heilquellen, mit teils klingenden Namen. So hat beispielsweise Bad Schwalbach einen Champagnerbrunnen, Bad Homburg eine Kaiserin-Augusta-Viktoria-Quelle oder Bad Wildungen die Königsquelle. In Nidda-Bad Salzhausen sprudelt die Schwefelquelle, in Schlangenbad die Neuquelle, in Wiesbaden gibt es den Faulbrunnen, in Bad Soden-Salmünster die Barbarossa Quelle und in Bad Zwesten den Zwestener Löwensprudel.