Der Branchenverband DEHOGA fürchtet ein massives Gasthaussterben in Hessen. «Aktuell gibt es im Land 1800 klassische Gasthäuser, die neben Essen und Trinken bis zu 20 Fremdenzimmer anbieten», sagte Präsident Gerald Kink in Wiesbaden. Bis zum Jahr 2020 werde mit einem Rückgang von rund 40 Prozent gerechnet. «Wenn wir dann bei 1000 Häusern liegen, dann ist das eine solide Zahl.»
Die Regionen Wetterau, Vogelsberg, Werra-Meißner, Hintertaunus und Mainz-Kinzig seien am stärksten von dem Trend betroffen, erklärte Kink. «Die Lebensgewohnheiten und das Freizeitverhalten der Menschen ändern sich.» Gerade junge Familien würden vermehrt in die Ballungsräume ziehen. Die Gäste wollten in ihrem Urlaub zudem immer mehr von einem Ort zum nächsten reisen und nicht auf eine Gegend festgelegt sein. Das belaste vor allem das Geschäft der Landgasthöfe.
«Der Einzelne wird es nicht schaffen, dass Urlauber für drei bis fünf Tage in ihren Ort kommen», betonte der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands. «Was nutzt der beste Wanderweg, wenn am Ende kein Lokal ist, um etwas zu essen oder einfach in netter Atmosphäre zu sitzen und sich auszuruhen.» Die Gemeinden müssten bei ihren Tourismuskonzepten viel mehr miteinander reden und planen. «Es gibt noch viel Kirchturmdenken in den Kommunen.»
Um das Gasthaussterben aufzuhalten, hat der DEHOGA Hessen eine Kampagne («Gasthaus trifft Rathaus») ins Leben gerufen und will nun mit einer Informationstour durch die Gemeinden ziehen, um das Bewusstsein für die Probleme zu schärfen. Runde Tische mit den Sportvereinen, Verbänden, der Politik und den Gastronomen sind nach Angaben von Hauptgeschäftsführer Julius Wagner geplant. Zwei Jahre lange soll diese «Roadshow» durch Hessen gehen und vor allem in den ländlichen Regionen ansetzen.
«Wir wollen das Gasthaus am Ort weiter am Leben erhalten - auch in seiner wichtigen Rolle als Dorfwirtschaft», erklärte Kink. Dabei müssten sich die Gastronomen aber auch helfen lassen: Der Wechsel der alten Wachstischdecke oder die Auffrischung der Speisekarte mit regionalen Produkten und Gerichten seien dabei nur kleine, aber oft sehr wirksame Mittel. Auch müsse in Ferienregionen dafür gesorgt werden, dass nicht erst um 17 Uhr, sondern bereits um 12 Uhr geöffnet wird. Der falsche Weg sei jedoch, wenn die Gastronomen aus der Fläche die Konzepte der Kollegen in den Ballungszentren abkupferten.
Der Branchenverband will mit seiner Initiative auch für mehr Anerkennung für die Landgasthöfe werben. «Der Spruch, wer nichts wird, wird Wirt, ist ein Imageschaden, der der Branche anhaftet», mahnte Hauptgeschäftsführer Wagner. Auch die vielen TV-Sendungen, in denen Promiköche inkompetenten Gastronomen zeigen, wie sie ihr Restaurant führen sollen, seien fatal für das Ansehen der Branche. dpa