Von Christine Schultze und Aleksandra Bakmaz
Vom Erwachsenenhotel über Bio- und Vegetarierhotels bis hin zu Business- und Designhotels gibt es für zahlreiche Zielgruppen und fast jedes Portemonnaie die passenden Angebote.
In München eröffnete erst kürzlich ein sogenanntes Pop-up-Hotel. «The Lovelace» heißt das Domizil, das als «Happening» beworben wird und dessen Nutzung auf zwei Jahre begrenzt ist. Die historischen Räume eines früheren Bankgebäudes wurden in 30 schicke Designer-Zimmer umgewandelt. Mit Sofa Sessions, Vorträgen und Debatten soll das Haus auch ein kultureller Treffpunkt in der bayerischen Landeshauptstadt werden. «Das Programm ist genauso wichtig wie die Zimmer», betonen die Gründer und wollen sich so von ihren Mitstreitern abheben. Von denen gibt es derzeit jede Menge: Experten sprechen von einem Hotel-Boom - und einem harten Konkurrenzkampf um die Gäste.
Dass der deutsche Markt attraktiv ist, zeigt auch die Expansion der japanischen Hotelkette Toyoko. Im März öffnete das Unternehmen seine erste Filiale in Europa am Frankfurter Hauptbahnhof. Mit Kampfpreisen von knapp 40 Euro die Nacht sorgt die Kette für ordentlich Druck. Seit Eröffnung des ersten Toyoko Inns 1986 ging die Zahl der Häuser kontinuierlich nach oben - bis heute sind es rund 300. «Wir wollen weiter wachsen», kündigt die Präsidentin der japanischen Gruppe, Maiko Kuroda, auf der Website des Unternehmens an.
Seit längerem ist auch die Low-Budget-Kette Motel One auf Expansionskurs. 60 Hotels gehörten Ende September 2017 zu der Kette mit einem Jahresumsatz von zuletzt 357 Millionen Euro, davon 13 eigene und 47 angemietete Häuser. «Die Pipeline in Deutschland ist für die nächsten zwei Jahre noch gut gefüllt, danach wird sich der Schwerpunkt unserer Entwicklung weiter ins europäische Ausland verlagern», sagt Unternehmensgründer Dieter Müller.
Dabei sei es gerade in den deutschen Großstädten schwierig geworden, geeignete Standorte zu finden. «Gegen den Wohnungsbau hat man als Hotel derzeit keine Chance, da ja die Nachfrage nach Wohnungen extrem hoch ist», so Müller. Wenn auf einem Grundstück aus planungsrechtlichen Gründen keine Wohnungen möglich sind, konkurrieren Hotels zunächst gegen den Büromarkt und dann gegen andere Hotelanbieter. Angeheizt wird der Wettbewerb noch durch den Ansturm der Investoren, bei denen Hotels derzeit sehr gefragt sind, wie Müller sagt.
Zur Immobilienmesse Expo Real hatte der örtliche Branchenverband Dehoga München beklagt, dass der Hotel-Boom in keinem Verhältnis mehr zur Nachfrageentwicklung stehe - und vor allem für kleinere Anbieter Leerstand und Preisverfall nach sich ziehen dürfte. Müller teilt diese Sorgen, sieht aber auch die großen Marken von den Problemen betroffen. In Deutschland würden einfach zu viele Hotels gebaut, sagt der Unternehmer.
Dafür sprechen auch Zahlen des Branchenverbandes: Trotz Überkapazitäten an einigen Standorten bleibe die Hotellerie investitionsfreudig, sagt eine Sprecherin des Hotelverbands Deutschland. Nach ihren Angaben sind für die nächsten drei Jahre bundesweit derzeit 571 Neu-, Um- und Ausbau-Projekte geplant. «Werden alle angekündigten Hotelbauprojekte auch realisiert, drängen weitere 85 115 zusätzliche Hotelzimmer auf den deutschen Hotelmarkt», sagt die Sprecherin.
Eines der spektakulärsten Neubauprojekte entsteht gerade in Hamburg. «The Fontenay» heißt das Luxushotel, das Milliardär Klaus-Michael Kühne am Ufer der Außenalster errichtet. Das Budget: 100 Millionen Euro. Eigentlich sollte der Prachtbau schon vor ein paar Monaten eröffnet werden, doch der Termin wurde schon mehrfach verschoben, wie eine Sprecherin sagt. Auch der Termin Mitte Januar sei nicht mehr zu halten, auf einen neuen Eröffnungstermin wolle man sich nicht festlegen. GW/dpa
Hotellerie profitiert vom boomenden Deutschland-Tourismus
Die deutsche Hotellerie geht angesichts der andauernden Reise- und Konsumlust der Gäste aus dem In- und Ausland zuversichtlich ins neue Jahr. Die Übernachtungszahlen und die Umsätze dürften 2018 preisbereinigt um 1,5 bis 2 Prozent zulegen, erwartet der Hotelverband Deutschland. Allerdings sei die Branche auch sensibel für konjunkturelle Schwankungen und geopolitische Risiken. Auch bleibe die Ertragslage angespannt, da die Kosten schneller steigen als die Umsätze, wie es hieß.
Bis Oktober dieses Jahres verbuchte die Branche jeweils drei Prozent mehr Umsätze und Übernachtungen, daher dürfte es das achte Wachstumsjahr in Folge gewesen sein. «Das Reiseland Deutschland liegt nachhaltig im Trend», sagte eine Verbandssprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Auch als Tagungs- und Kongressstandort habe Deutschland die Nase vorn.
Angesichts der guten Entwicklung werde die Hotellerie ihre Angebote auch in den kommenden Jahren ausweiten - auch wenn es an einigen Standorten bereits Überkapazitäten gebe. Damit erhöhe sich auch der Wettbewerbsdruck weiter. «Wir erleben derzeit eine beispiellose Konsolidierungswelle.» Die Unternehmens- und Markenkonzentration in der Hotellerie nehme weiter zu.