Im höchstgelegenen Hotel

Von Jürgen Ruf

Thomas Banhardt (56) hat zwei Jahrzehnte auf Meereshöhe gearbeitet - nun ist er knapp 1500 Meter darüber. Der frühere Schiffskoch ist Hotelchef auf dem Feldberg im Schwarzwald. Höher hinaus in der deutschen Hotellerie geht es nicht: Nach Angaben des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) ist der «Feldberger Hof» das höchstgelegene Hotel Deutschlands. Zugleich ist es mit 400 Betten das größte Berghotel der Republik. Am 20. Juni wird es 150 Jahre alt.

Banhardt, gelernter Koch aus Leutkirch im Allgäu, blättert hin und wieder im Geschichtsbuch und findet darin auch sein Hotel. Es gilt als die Wiege des alpinen Skisports in Mitteleuropa: Im 1864 gegründeten «Feldberger Hof», am Fuße des 1493 Meter hohen Feldberggipfels im Südschwarzwald, wurde 1891 mit dem Skiclub Todtnau der erste Skiverein Deutschlands gegründet.

Die Idee zum Bau eines Hotels auf dem höchsten Berg Baden- Württembergs hatten 20 Bürger aus umliegenden Gemeinden. Eröffnet wurde es am 20. Juni 1864 als 20-Betten-Haus. Später wurde es größer - und lockte in den 1920er Jahren als Sporthotel die feine Gesellschaft, die in der Natur Ruhe suchte. Später kam die Krise, weil sich die Deutschen verstärkt von Urlaubszielen im Ausland begeistern ließen.

Heute ist der «Feldberger Hof» ein Ganzjahreshotel und der größte touristische Anbieter im Hochschwarzwald. Jedes Jahr kommen rund 140 000 Gäste in das Vier-Sterne-Hotel mit 110 Mitarbeitern und knapp neun Millionen Euro Jahresumsatz.

Banhardts eigene Geschichte hat nicht immer im Schwarzwald gespielt: Er verließ Deutschland, als er 18 Jahre alt war. Er lebte und arbeitete 20 Jahre in den USA, in Afrika und Asien, war Koch und später leitender Manager auf Kreuzfahrtschiffen. 1993 übernahm er schließlich das Berghotel im Schwarzwald, das er seitdem mit seiner Familie betreibt - mitten in der Natur und direkt an der Skipiste.

Höher übernachten können Touristen in Deutschland zwar sehr wohl - zum Beispiel in Berghütten oder Iglu-Hotels etwa auf der Zugspitze oder dem Nebelhorn in Bayern. Doch ein Hotel so weit oben gibt es nirgendwo sonst. Wind und Wetter sind nicht immer hilfreich für ein Haus in dieser Lage. Stürme mit Autobahngeschwindigkeit sind auf dem Feldberg keine Seltenheit, Schnee fällt auch mal im Juni und der Nebel ist regelmäßiger Gast. Es ist ein Wetter der Extreme - das Banhardt allerdings aus seinem Leben im Ausland kennt.

Diese Zeit hat ihn auch charakterlich geprägt. «Man müsste jedem Schwarzwälder vorschreiben, dass er mindestens ein Jahr in den USA leben muss. Das weitet den Geist», sagt Banhardt augenzwinkernd. Jetzt will er aber am Berg bleiben. Ebenso wie seine 20 Jahre alte Tochter und der 19-jährige Sohn, die derzeit in der Hotelbranche ihre Ausbildung machen.

«Das klassische Berghotel hat es zunehmend schwer», gibt Dehoga-Präsident Ernst Fischer zu bedenken. Denn Gäste wollten selbst in großer Höhe keine Einschränkungen hinnehmen. Weil die Infrastruktur auf Bergen an Grenzen stoße, sei das aber schwierig. «Ohne eine gewisse Größe des Hauses geht das nicht.» Andere Hotels in den Bergen - viele auch mit großer Tradition und einst großem Renommee - hätten daher aufgegeben. dpa