Von Teresa Dapp
Jamie Oliver spricht viel und schnell. Seine Nachrichten an die Welt versieht er gern mit Ausrufezeichen. Aber: «Wir haben es geschafft, Leute !! Wir haben es geschafft !!!», das ist selbst für den 40 Jahre alten Starkoch eine ungewöhnlich erregte Interpunktion.
Was ist da los? Die britische Regierung will Unternehmen zur Kasse bitten, die Geld mit zuckersüßen Softdrinks verdienen. Jamie Oliver, der dafür seit langem wirbt und sogar im Londoner Parlament auf Werbetour war, ist glücklich.
Und nicht nur er. «Visionär» sei die sogenannte Zuckersteuer, findet etwa Mark Hanson von der Britischen Herzstiftung. Zwar sei sie kein Allheilmittel, dürfe ruhig früher kommen als wie geplant erst 2018, und außerdem solle sie auch Fruchtsäfte treffen, die seien ja auch süß. Aber dass die angepeilten 520 Millionen Pfund Staatseinnahmen - umgerechnet fast 660 Millionen Euro - in den Sportunterricht an Grundschulen fließen sollen, sei «inspirierend».
Es nicht der erste Anlauf in jüngerer Zeit, über Steuern und Gesetze an den Ernährungsgewohnheiten der Briten zu schrauben. 2012 scheiterte Schatzkanzler George Osborne damit, heiße Snacks zu besteuern - dass Sausage Roll und Cornish Pasty teurer werden könnten, ging dem Volk gehörig gegen den Strich. Dann war da noch die Idee eines Mindestpreises für alkoholische Getränke, doch es stellte sich heraus, dass man damit gegen EU-Recht verstoßen würde.
Wenn der Staat mitbestimmen will, was seinen Bürgern auf den Teller oder ins Glas kommt, erregt das die Gemüter, auch in Deutschland. Man denke an die «Veggie Day»-Affäre oder Endlos-Debatten um die Kennzeichnung «ungesunder» Lebensmittel - da geht der Streit schon bei der Definition los. Die Verbraucherschützer von «Foodwatch» fordern ein Webeverbot für ungesunde Kinderlebensmittel, die Industrie ist dagegen.
Zwar sind sich fast alle einig, dass zu viele Menschen zu dick sind und dass Diabetes, Gelenkbeschwerden und andere Folgeerkrankungen ein großes Problem darstellen. Da sprechen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes eine klare Sprache, etwa Ende 2014: «Jeder zweite Erwachsene in Deutschland hat Übergewicht». Aber wer schuld dran ist und wie man es ändern soll, das ist weniger eindeutig.
Die Softdrink-Steuer allerdings, die London jetzt plant, ist für britische Verhältnisse fast schon unumstritten. Natürlich ist die Getränkeindustrie dagegen, denn sie soll ja zahlen. Wie viel, ist noch offen. Es soll, je nach Zuckergehalt, zwei Stufen geben: ab fünf Gramm und ab acht Gramm pro 100 Milliliter.
Das British Medical Journal veröffentlichte erst dieses Jahr eine Studie, wonach in Mexiko der Konsum merklich zurückgegangen ist, nachdem Getränke mit Zuckerzusatz extra besteuert wurden. Auch in Frankreich gibt es die Steuer schon, mehr als 300 Millionen brachte das der Regierung 2014. Auch in Deutschland könnte die Debatte um eine «Zuckersteuer» nun wieder in Schwung kommen. Befürworter gibt es etwa unter Ärzten reichlich.
Jamie Oliver jedenfalls ist sich sicher und schreibt über den Plan der Briten: «Ein bedeutender Schritt, der um die ganze Welt gehen wird.» dpa