Von Julia Ruhnau
Strahlende Sonne, keine Wolken, Temperaturen von minus elf bis minus fünf Grad. Das war die Wettervorhersage für einen Dienstag Ende Januar im Schweizer Skigebiet Pizol. Der Preis für ein Tagesticket: 54 Schweizer Franken, umgerechnet rund 48 Euro. Bereits einen Tag später kostete das Ticket nur noch 41 Franken. Ein Viertel weniger. Der Grund für den purzelnden Preis: Schwarze Wolkensymbole verdunkelten das Wetterpiktogramm. Kein Kaiserwetter mehr.
«Wir sind absolut wetterabhängig», erklärt Klaus Nussbaumer das ungewöhnliche Modell. Er ist Geschäftsführer bei den Pizolbahnen im Kanton St. Gallen, die zusammen mit den Belalp Bahnen im Wallis seit gut zwei Jahren mit wetterabhängigen Preisen experimentieren.
Während bei schönem Wetter Wintersportler in das vor allem von Tagesgästen frequentierte Gebiet strömen, herrscht bei Nebel und Schneeregen gähnende Leere auf den Pisten. Durch niedrigere Preise lasse sich an solchen Tagen eine bessere Auslastung erzielen.
Was am Pizol bereits Alltag ist, hält vermehrt in anderen Alpen-Skigebieten Einzug: flexible Preise für Tages-, Mehrtages- oder Saisonkarten. Solche gestaffelten Modelle seien inzwischen Standard, sagt Andreas König vom Deutschen Skiverband (DSV). Ein Grund: «Früher ist man in den Skiurlaub gefahren und hat eine Woche nichts anderes gemacht.» Heute seien Winterurlauber breiter aufgestellt, legten mal einen Tag in der Therme ein oder gingen Schneeschuhwandern.
Die Liftbetreiber haben darauf reagiert. Angebote wie 5 aus 7, bei denen man fünf Pistentage frei über eine Woche verteilen kann, gibt es genauso wie solche, bei denen gekaufte Tage die komplette Saison über einsetzbar sind. Stundenkarten sind ein weiteres Modell: Teile des Kaufpreises werden zurückerstattet, wenn Wintersportler nicht den ganzen Tag auf der Piste sind - praktisch, falls die Fitness früher nachlässt als erwartet oder das Wetter ungemütlich wird. Wer zum Beispiel rund um Kitzbühel mit seiner Stundenkarte für 52 Euro weniger als drei Stunden fährt, bekommt 9,50 Euro zurück.
Punktekonten wie die Easy Skicard der Zermatt Bergbahnen am Matterhorn im Schweizer Wallis sind noch genauer: Sie berechnen nur verbrauchte Liftfahrten. Für Vielfahrer lohne sich das nicht, erklärt Bergbahn-Mitarbeiterin Renate Juche. Rasch übersteigen bei ihnen die verbrauchten Punkte den Preis einer Tageskarte. Wenn aber Großeltern ihre Enkel bei den ersten Schwüngen begleiten und entsprechend wenig unterwegs sind, bietet das Punktekonto maximale Kostenkontrolle.
Viele Beispiele für dynamisches Pricing, wie der Fachbegriff lautet, kommen aus der Schweiz, und das ist kein Zufall. «Die Schweizer sind absolute Vorreiter», sagt DSV-Experte König.
Das Land habe durch den erstarkenden Franken in den vergangenen Jahren Gäste verloren, erklärt Andreas Keller von den Seilbahnen Schweiz. Das habe die Skigebiete zum Experimentieren gebracht. Manche verzichten ganz auf Festpreise bei Tages- und Mehrtageskarten. Andermatt-Sedrun, Zermatt oder St. Moritz gestalten die Preise je nach erwarteter Auslastung, Wettervorhersage und Saison.
Tagesticket-Preise in Andermatt-Sedrun können innerhalb einer Woche zwischen 10 und 69 Franken schwanken. «Hauptziel ist, die Auslastung gleichmäßiger zu steuern», erläutert Keller. Die Gäste könnten stark profitieren, zahlten manchmal aber mehr als die früheren Fixpreise.
Richtig sparen lässt sich mit einer gemeinsamen Saisonkarte für mehrere Skigebiete. Das ist für Wintersportler günstiger, als wenn sie für jeden Liftverbund eine eigene Karte kaufen. Schlägt man dann noch im Vorverkauf zu, zahlt man zum Beispiel für einen Saisonskipass Alpen Plus in Südbayern 360 statt 410 Euro. In Vor- oder Nebensaison sind Tages- oder Mehrtageskarten deutlich günstiger als zum Beispiel um Weihnachten herum.
«Meiner Meinung nach ist flexible Preisgestaltung die Zukunft», schätzt Jörn Homburg von den Oberstdorf Kleinwalsertal Bergbahnen. Man sei zwar noch nicht so weit wie etwa die Airlines, wo Preise für Flugtickets teilweise stündlich geändert werden. Aber seit etwa fünf Jahren sind flexible Kostenmodelle auf dem Vormarsch.
Mit von der Partie sind allerdings nur die großen Resorts. «Je kleiner das Skigebiet, desto statischer wird es», sagt Andreas König vom DSV. Kassensysteme und Verwaltungsapparat sind bei kleinen Gebieten meist nicht für komplizierte Preismodelle ausgelegt. dpa