Kaviar to go in Moskau

Kaviar ist eine köstliche, aber exklusive Delikatesse - und dennoch für viele Russen nur einen Knopfdruck entfernt. Möglich macht dies der Ikramat, benannt nach dem russischen Wort für Kaviar, «Ikra». Allein in Moskau bietet die Firma Jukra an etwa 30 grellfarbenen Automaten «Kaviar to go» an. Rasch einen Nummerncode eingetippt, die verlangte Summe Bargeld in einen Schlitz geschoben - schon plumpst ein Döschen Lachskaviar heraus.

Im modernen Geschäftsviertel Moskwa City bedienen zwei junge Frauen in schwarzen Pelzmänteln kichernd einen Ikramat. Nur zum Spaß hätten sie die Maschine ausprobiert, erzählen sie. Viele Russen sind aber kritisch. «Da weiß ich doch gar nicht, welche Qualität der Kaviar hat», gibt eine junge Frau zu bedenken, die achtlos vorbeigeht. «Lieber kaufe ich auf dem Markt ein.» Und ein älterer Mann schimpft: «Kaviar gehört nicht in einen Automaten.»

Jelena Sosonowa von der Firma Jukra aber legt Wert darauf, dass die Ware frisch sei. Ohne Konservierungsstoffe sei der Kaviar im Ikramat bei minus vier Grad Celsius gekühlt bis zu acht Monate haltbar, erzählt sie. Die Delikatesse kommt aus dem Fernen Osten Russlands, aus den fischreichen Gewässern rund um die Insel Sachalin.

Die edelste Sorte, der schwarze Beluga, ist aber - ein Wermutstropfen für alle Feinschmecker - nicht im Angebot des Ikramaten. Die Delikatesse aus dem Kaspischen Meer steht unter strengem Artenschutz und ist kaum zu bezahlen.

Dabei galt schwarzer Kaviar zu Sowjetzeiten fast als Grundnahrungsmittel, Mütter stellten ihren Kindern vor wichtigen Prüfungen schon mal ein Glas Fischrogen als Nervennahrung hin. Und zu einem landestypischen Essen gehörte Kaviar genauso wie die Rote-Bete-Suppe Borschtsch oder die mit Hackfleisch gefüllten Pelmeni-Teigtaschen. Genießer streichen den Fischrogen dick auf ein Stück Weißbrot mit Butter, dazu wird gerne Wodka oder Schampanskoje gereicht.

Auch heute kennt Geschmack in Russland keine sozialen Grenzen, und so bedienen sich am Ikramat keineswegs nur wohlhabendere Moskauer. «Zuerst haben wir uns lediglich auf die Elite konzentriert, aber dann haben wir verstanden, dass jeder Kaviar mag», sagt Jelena Sosonowa.

Standen die Maschinen anfangs lediglich in Behörden wie dem Moskauer Bürgermeisteramt, so finden sich Ikramaten nun an zahlreichen Orten der russischen Hauptstadt. Im Umkreis des Messegeländes gibt es gleich mehrere Automaten, außerdem in Einkaufszentren oder Bürogebäuden. Oft stehen die Maschinen mit dem leuchtenden Schriftzug «Ikra» praktischerweise direkt neben Geldautomaten.

Das kleinste Glas zu 100 Gramm gibt es bereits für 150 Rubel, umgerechnet knapp vier Euro. Im Angebot sind auch Familienpackungen von 320 Gramm, die kosten etwa 15 Euro. Das Geschäft laufe prima, behauptet Jelena Sosonowa, Zahlen will sie aber nicht nennen.

Von der Geschäftsidee erzählt sie hingegen gerne - und die war denkbar einfach: «Händler haben ihre Rechnungen oft zu spät bezahlt», berichtet Sosonowa. «Bei diesen Geräten kassieren wir aber sofort.» dpa