Kochen mit Hagebutte, Sanddorn und Holunder

Von Eva Neumann

An Hecken und Sträuchern leuchten im Sommer orange, rote und blau-schwarze Wildbeeren. Längst haben Himbeeren, Brombeeren, Erdbeeren und Heidelbeeren aber auch als Kultursorten in die Gärten Einzug gehalten. «Sie haben den Vorteil, dass sie roh genascht oder auch ohne große Vorarbeit im Kuchen oder Dessert verwendet werden können», sagt Gertrud Scherf, Biologin und Buchautorin aus der Nähe von München.

Unbekanntere Wildbeeren warten noch darauf, für die Küche entdeckt zu werden. Sanddorn und Holunderbeeren stehen auf der Bekanntheitsliste noch im oberen Bereich. Die Früchte des Weißdorns hingegen, die der Schlehe oder der Kornelkirsche hingegen kennen zwar viele Leute vom Sehen, wissen jedoch nicht, dass diese essbar sind. Wieder andere werden fälschlicherweise für giftig gehalten.

Tatsächlich gilt: «Etliche der unbekannteren Wildbeeren wie Ebereschenfrüchte oder Früchte des Schwarzen Holunders dürfen nicht roh verzehrt werden», sagt Scherf. Sie enthalten in rohem Zustand giftig Substanzen. Andere wie die Hagebutte oder die Früchte des Weißdorns sind roh einfach nicht genießbar. Das heißt: Die meisten Wildbeeren müssen vor dem Verzehr erhitzt werden. Und das macht zumindest mehr Arbeit als das Naschen roher Kultursorten.

«Gemeinsam ist allen Wildbeeren ihr besonderer, herb-aromatischer Geschmack und ihr Reichtum an Vitamin C und sekundären Pflanzenstoffen», sagt Alexandra Borchardt-Becker, Ökotrophologin bei der Verbraucher Initiative in Berlin. Damit können sie eine leckere und gesunde Bereicherung vor allem für den Frühstückstisch und die Dessertküche sein.

Eine gute Möglichkeit der Vorbehandlung ist, aus den Beeren ein Mus zu kochen. «Dafür streicht man die in wenig Wasser weichgekochten Früchte durch ein Sieb. Kerne oder Steine, die bei manchen Arten wie der Schlehe oder der Traubenkirsche giftige Inhaltsstoffe haben, bleiben so als Ganze zurück», erläutert Scherf. Ein Klassiker unter den Wildbeerenmus-Kreationen ist Hagebuttenmark. «Das schmeckt superlecker als Brotaufstrich oder auch mit Süßspeisen», sagt Irmela Erckenbrecht vom Vegetarierbund Deutschland. Aber auch das Mus anderer Wildbeeren schmeckt - zum Beispiel zu Vanillepudding, zur Dessertcreme oder als Füllung in der Biscuitrolle.

Mus ist auch eine gute Basis zur Weiterverarbeitung, zum Beispiel zu Konfitüre oder Gelee. «Die Wildbeeren gelieren unterschiedlich gut: Preiselbeeren, Brombeeren und Heidelbeeren enthalten viel Pektin. Schlehen, Hagebutten und die meisten anderen Wildbeeren sind pektinarm», erläutert Borchard-Becker. Die Beeren könnten deshalb untereinander oder auch mit anderen Früchten gemischt werden.

Das hat einen angenehmen Nebeneffekt: Gerade unbekanntere Beeren schmecken häufig intensiver und saurer als Kulturbeeren. Das ist nicht jedermanns Sache. Deshalb sollte man sich beim Kosten vorsichtig und in kleinen Portionen an sie herantasten oder mildernde Partner hinzufügen. «Köstliche Kombinationen sind beispielsweise Schlehe und Apfel oder Sanddorn und Aprikose», sagt Erckenbrecht. Konfitüre oder Gelee landen auf dem Butterbrot oder auch in pikanten Gerichten. «Sie machen sich gut zu Bratengerichten, Wild oder auch Käse», sagt Borchard-Becker.

Das Problem bei allen Wildbeeren: Im Supermarkt sucht man sie vergeblich. Und selbst auf großen Wochenmärkten werden Verbraucher nur in Ausnahmefällen fündig. Eine Möglichkeit ist, Wildbeeren im eigenen Garten zu kultivieren. «Dann kann man zum einen ganz sicher sein, um welche Frucht es sich handelt», sagt Scherf. «Zum anderen sind sowohl die Verschmutzung als auch die Gefahr durch den Fuchsbandwurm deutlich geringer, als wenn man Beeren im Straßenraum oder Wald erntet.»

Wer als Sammler unterwegs ist, muss nicht nur den Naturschutz beachten, sondern auch genau hinschauen. «Gute Sammelstellen sind Lichtungen und Waldwege fernab von Straßen. Wenn ich in höheren Regionen ernte, bin ich auch vor dem Fuchsbandwurm weitgehend sicher», erklärt Borchard-Becker. Voraussetzung ist, dass man die Früchte sicher erkennt. «Es gibt sehr viele Beeren, die sich sehr ähnlich sehen. Das gilt besonders für dunkel-blaue bis schwarze Früchte. Die Gefahr, eine essbare Beere mit einer giftigen zu verwechseln, ist deshalb sehr groß», warnt Scherf.

Pflanzenerkennungsbücher sind zwar bei der Identifizierung hilfreich, bieten aber keine absolute Sicherheit. «Eine gute Möglichkeit ist, an einer Naturführung teilzunehmen und sich konkrete Pflanzen zeigen zu lassen. Außerdem kann man die Gehölze in der Wohnumgebung im Jahresverlauf beobachten und dabei auch Unterscheidungsmerkmale wie Blüten im Blick haben.» Zur Grundausstattung des Beerensammlers gehört ein luftiger Korb. Die Früchtchen sind sehr druckempfindlich. Damit ihr feines Aroma erhalten bleibt, sollten sie zu Hause möglichst rasch verarbeitet oder auch eingefroren werden. dpa

Vorsicht, Verwechslungsgefahr!

Im August und September hat der Holunder Hochsaison. Doch Vorsicht: Nur die Früchte des Schwarzen Holunders sind nach dem Erhitzen essbar. Die ebenfalls blau-schwarzen Beeren seines Verwandten, des strauchigen Zwergholunders, sind giftig. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal: Beim Schwarzen Holunder hängen die reifen Fruchtstände, erklärt die Biologin Gertrud Scherf.