Kochen mit Sake - Sake zum Essen

Von Nina C. Zimmermann

Gebraut wie Bier, getrunken wie Wein. Manchmal glasklar wie Wasser, manchmal goldgelb wie Honig, manchmal ein Duft von Kletterrose oder ein Aroma wie Banane. Und nur vier Zutaten: Reis, Wasser, eine Pilzkultur und Hefe. Sake ist japanisches Nationalgetränk und passt zu jeder guten Speise - nicht nur asiatischen. Doch das, was man hierzulande meist als Reiswein kennt und oft brühwarm serviert bekommt, hat wenig mit dem zu tun, was Kenner an dem traditionellen Trank schätzen.

«Wie 'Liebfrauenmilch' aus Japan» seien die häufig in Deutschland servierten Sake, sagt Yoshiko Ueno-Müller abfällig. Die gebürtige Japanerin lebt seit 20 Jahren in Hessen, ist «Master of Sake-Tasting» der Brewing Society of Japan und importiert mit ihrem Mann seit sechs Jahren hochwertigen Sake nach Deutschland. Auf der internationalen Leitmesse ProWein in Düsseldorf zeigte sie, wie gut ein Sake zum Beispiel zu Käse passt. Ausgerechnet Käse: Die meisten Asiaten schütteln sich bei dem Gedanken an Produkte aus geronnener Milch.

Doch so abwegig ist das nicht: Käse wird oft mit Wein kombiniert. Und auch wenn der Name Reiswein irreführend ist - weil Sake wie Bier gebraut wird -, sollte man ihn dennoch wie Wein genießen. Wer verschiedene Sake mit unterschiedlichen Käsen probiert, wird feststellen: Das passt hervorragend. «Man findet in Sake sehr viele Geschmacksnuancen wieder», sagt André Macionga, Sommelier und Restaurantleiter beim Spitzenkoch Tim Raue in Berlin. «Die Aromatik ist so facettenreich wie bei Wein.» So gebe es sehr «weinige Sake» mit einem vergleichbaren Säurespiel und fruchtige genauso wie trockene Richtungen. Allerdings sei Sake ein sehr «komplexes Thema», in das man sich reintrinken müsse.

Sake-Anfängern serviert Macionga denn auch am liebsten weinähnlichen Sake - «um es dem Gaumen einfacher zu machen». Der sei fruchtig, habe wenig Alkohol und sei filigraner als manch anderer Sake. Hartgesottenen Sake-Trinkern setzt er dagegen eher schwereres Gebräu vor, mit «kräftiger Kräuternote und ordentlich Würze»: «Also das, was man als Nichtkenner als typischen Sake bezeichnen kann.»

Andreas Moerke plädiert dafür, sich von vornherein an einen trockenen, reine Sake von hoher Qualität zu machen. «Der ist so gut, dass auch 'Anfänger' bestimmt auf den Geschmack kommen», sagt der Repräsentant der Messe Düsseldorf in Japan. Und das muss nicht nur eine besondere Gelegenheit sein: Zwar trinken die Japaner Sake auf jeden Fall bei Feierlichkeiten wie einer Hochzeit, erzählt Moerke. Zu einem sehr guten Essen, Kaiseki genannt, dürfe er ebenso wenig fehlen. Aber auch einfach abends in der Gaststätte oder daheim nach der Arbeit sei für Japaner ein Anlass für einen guten Schluck.

Ganz wichtig beim Sake-Trinken: Am besten schmeckt er gut gekühlt oder bei Zimmertemperatur. «Manche hochwertige Sake kann man zwar erwärmen», sagt Macionga. «Aber ab 40 Grad macht man die ganze Arbeit des Braumeisters zunichte. Die blumigen, außergewöhnlichen Aromen gehen kaputt.» Und die sind beinahe so zahlreich wie die 1300 Brauereien, die in ganz Japan Sake herstellen. Die meisten sind handwerkliche Familienbetriebe. Die fünf größten Brauereien, die alle zwischen Kyoto und Kobe und damit weit entfernt vom Ort der Reaktorkatastrophe in Fukushima liegen, produzieren aber 50 Prozent der in ganz Japan hergestellten Menge industriell.

Für Premium-Sake müsse der Reis poliert und der äußere Rand samt Eiweiß und Fett vom Korn entfernt werden, erläutert Ueno-Müller. Vom Poliergrad hängen später Qualität und Geschmack ab. Nach dem Dämpfen und Abkühlen kommt eine Pilzkultur zum Fermentieren dazu, Hefe hilft bei der Gärung. Ist diese abgeschlossen, wird die Maische gepresst, die gewonnene Flüssigkeit filtriert, pasteurisiert und bis zu einem Jahr im Keller gereift. In Flaschen abgefüllt kommt er auf den Markt.

Im Durchschnitt liegt der Alkoholgehalt bei 15 Prozent. Auf nur 7 Prozent kommt ein leicht trüber Sparkling-Sake des Poliergrads «Junmai» aus Kobe. Im Restaurant Tim Raue wird er gern mal als Erfrischung zwischendurch serviert. Ueno-Müller reicht das mit einem fruchtigen Sekt vergleichbare, perlende Getränk zu einem weichen, cremigen Rohmilchkäse. «Der Käse ist ziemlich fetthaltig. Die Säurestruktur des Sake lockert das auf», erklärt sie.

Ein mindestens vier Monate gereifter, gelblicher Rohmilchkäse, dessen Rinde mit Meersalz abgerieben wurde, passt gut zu einem Premium-Sake aus Yamaguchi, der «umami» - also weder sauer, salzig, bitter oder süß, sondern fleischig - schmeckt. Einen Weichkäse aus Ziegenmilch kombiniert Ueno-Müller mit einem aromatischen, nach weißen Blüten duftenden Sake mit dem schönen Namen «Himmelswind».

Ein Rotschimmelkäse mit starkem Aroma ergänzt sich gut mit einem goldgelben Jahrgangs-Sake mit Honig- und Bananennoten, bei dem laut Ueno-Müller Weinkenner einen Fassausbau vermuten würden. Die Farbe komme aber allein durch chemische Prozesse aufgrund seines hohen Zuckergehalts zustande. Sie empfiehlt einen solchen Sake auch zu Blauschimmelkäse oder zum Ablöschen von gebratenem Kalbfleisch.

«Sake ist ein hervorragender Speisebegleiter, der passend zu den Aromen auf dem Teller ausgewählt werden sollte», bestätigt Sommelier Macionga. Zu einem fruchtig-scharfen Gericht etwa würde er einen alkoholarmen, mild-fruchtigen Sake servieren, «der die Schärfe einsammelt». Zu erdigen Aromen wie Trüffel oder dunklen, würzigen Soßen empfiehlt er grobkörnigen Sake mit «oxidativen Tönen». Im Prinzip sei alles erlaubt. «Nur schlechter Sake geht nicht mit Essen.» dpa