Lausitzer Seenland Das Plus im Tourismus

Von Miriam Schönbach

Die frische Brise weht schon. Das Wasser für den künftigen Hafen Großräschen fehlt dagegen noch. Bürgermeister Thomas Zenker (SPD) steht mitten im modrigen Sand des einstigen Tagebaus. Um ihn herum staksen gelbe Stahlsäulen aus der Erde. «Dieses Jahr ist die letzte Saison im Trockenen. Wenn das Wasser da ist, werden an den Stelen die Steganlagen für die Boote verankert», sagt er. 32 Millionen Kubikmeter Wasser fehlen noch, bis das Hafenbecken vollgelaufen ist. Nach Angaben der Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV) soll spätestens im Frühjahr 2018 die Flutung beendet sein.

Foto: TMB/Regina Zibell/Geierswalder See im Lausitzer Seenland

Der Großräschener See ist eines von mehr als 20 künstlichen Gewässern im Lausitzer Seenland. Seit fünf Jahren kümmert sich der Tourismusverband Lausitzer Seenland um die touristische Entwicklung der sächsisch-brandenburgischen Urlaubsregion. Im vergangenen Jahr zählte sie knapp 630 000 Übernachtungen, im Jahr zuvor waren es 563 000. «Sachsen, Brandenburger und Berliner haben uns bereits entdeckt. Ein neuer Markt sind Touristen aus Tschechien», sagte Daniel Just, Geschäftsführer des Zweckverbands Lausitzer Seenland Sachsen. 4340 Gästeankünfte wurden 2016 aus der Tschechischen Republik gezählt, das waren 20 Prozent mehr als im Vorjahr.

Das Besucherplus stimmt die Touristiker optimistisch. «Zu Beginn unserer Arbeit vor fünf Jahren haben wir uns natürlich vorgestellt, dass das Wasser schneller da ist. Von Anfang an setzen wir auf aktive Erholung in einer sich wandelnden Landschaft. Wir erzählen hier die Geschichte vom Bergmann zum Seemann», sagt Kathrin Winkler, Geschäftsführerin des Tourismusverbands Lausitzer Seenland. Zur Interessensgemeinschaft gehören 128 Mitglieder - Kommunen, Vereine, Unternehmen und touristische Anbieter aus Sachsen und Brandenburg.

Besonders beliebt ist die Region derzeit bei Radwanderern. Sieben Fernradwege, elf Themen-Radwege und zehn Seerundwege machen die Landschaft attraktiv für die Radler.

Doch Winkler und ihre Partner wollen das Seenland weiter voranbringen: «Wir konkurrieren mit über 430 Reisezielen in Deutschland. Unser Ziel ist es, die Aufenthaltsdauer von derzeit 3,1 Tagen zu verlängern und eine eigenständige Urlaubsregion zu werden», sagt sie. Um Gäste anzulocken, wollen sie weiter auf den Wandel von der Industrie- zur Kulturlandschaft setzen. Das Lausitzer Seenland zwischen Berlin und Dresden wächst durch die Flutung früherer Tagebaue derzeit zur größten von Menschen geschaffenen Wasserlandschafts Europas. In der Region wurden über zwei Milliarden Tonnen Braunkohle aus der Tiefe geholt.

Erlebbar macht diesen Landschaftswandel die Energie-Route der Lausitzer Industriekultur. Seit zehn Jahren können Besucher an teils noch aktiven Originalschauplätzen in die Geschichte der Bergbau- und Energieindustrie zwischen Cottbus und Bautzen eintauchen. Aktuell hat der Tourismusverband elf neue Entdeckertouren zusammengetragen. Die Tagesausflüge, die am besten per Rad zu erkunden sind, führen unter anderem rund um die IBA-Terrassen in Großräschen, zur Energiefabrik Knappenrode, ins Kraftwerk Schwarze Pumpe, in den Tagebau Welzow-Süd und in das Elektroporzellanmuseum Margarethenhütte in Großdubrau.

«Für Neugierige, die auf eigene Faust auf Entdeckung gehen wollten, war es bisher mühsam, alle Informationen rund um die Stationen der Energie-Route selbst zusammen zu suchen», sagt Projektkoordinatorin Antje Boshold. Das Kartenmaterial mit Einblicken in die Regionalgeschichte, Insidertipps und sehenswerten Stopps ist auf der Webseite der Energie-Route abrufbar. «Diese Industriekultur ist das kulturelle Rückgrat des neuen Lausitzer Seenlands», so Boshold. dpa