Von Britta Schultejans
Neue Bücher, eine Ausstellung und Plastikenten auf dem Grabstein: Auch mehr als zwei Jahre nach seinem Tod ist der Humorist Vicco von Bülow unvergessen. Das, was er als Loriot in die Welt gesetzt hat, ist längst deutsches Kulturgut und zu seinem 90. Geburtstag an diesem Dienstag wird das landauf, landab gefeiert.
Die ARD bringt einen «großen Geburtstagsabend» (16. November), neue Bücher kommen auf den Markt, seine Geburtsstadt Brandenburg an der Havel will ihm ein Denkmal setzen, Bremen hat das mit einem Loriot-Platz schon getan - Posse um einen Parkplatz, der ursprünglich seinen Namen tragen sollte, inklusive. Und vor dem Haupteingang des Funkhauses von Radio Bremen steht seit Sonntag das berühmte Loriot-Sofa - aus Bronze gegossen.
Die Weine aus dem legendären Loriot-Weinsketch «Vertreterbesuch» gibt es inzwischen wirklich: Die «Oberföhringer Vogelspinne», das «Hupfheimer Jungferngärtchen» und der «Klöbener Krötenpfuhl».
Fans schmücken Loriots Grab auf dem Berliner Waldfriedhof Heerstraße in Erinnerung an einen seiner berühmtesten Sketche mit gelben Quietscheentchen und in Erinnerung an seine große Leidenschaft mit Möpsen aus Porzellan - auch wenn Kritiker das pietätlos finden. Inzwischen trägt auch eine Spinne seinen Namen. Der Frankfurter Spinnenforscher Peter Jäger benannte einen zwei Millimeter großen Achtbeiner aus Laos nach Loriot.
Der Autor Stefan Lukschy zitiert Altbundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) in seinem neuen Buch «Der Glückliche schlägt keine Hunde. Ein Loriot Porträt»: «Mit seiner vielfältigen Begabung, seiner Intelligenz und seinem feinsinnigen Humor hat Loriot auf unvergleichliche Weise brillante und zeitlose Unterhaltungskunst geschaffen.»
Komiker Bastian Pastewka erinnert sich darin an seinen ersten Besuch bei den von Bülows und einen «übergroßen, feierlichen Kuchen mit Mops-Motiv» und Michael «Bully» Herbig, der Loriot 2009 den Ehrenpreis des Deutschen Filmpreises überreichte, berichtet, was der ihm nach der letzten Probe gesagt habe: «Schade, dass wir uns nicht früher kennengelernt haben.» Der Auftritt beim Filmpreis sollte von Bülows letzter großer in der Öffentlichkeit sein. Er starb am 22. August 2011 im Alter von 87 Jahren in Münsing am Starnberger See. «Bernhard-Viktor v. Bülow 12.11.1923 - 22.8.2011» steht schlicht auf seinem Grabstein in Berlin.
Die genaue Beobachtung des Alltags des kleinen Bürgers, die gnadenlose Überzeichnung - und die «zerbröselte Kommunikation», das Aneinander-vorbei-Reden: Das waren Loriots Themen. Sein Sprachwitz und seine Pointen sind längst legendär: der Sketch mit der Nudel im Gesicht, Lottogewinner Erwin Lindemann und die Knollennasenmännchen Dr. Klöbner und Müller-Lüdenscheidt in einer Hotelwanne im Streit um eine Badeente. Loriot hat Lebensweisheiten geprägt wie «Frauen und Männer passen einfach nicht zusammen» und dem Publikum Filme hinterlassen wie «Ödipussi» und «Pappa ante portas».
Eine Ausstellung im Münchner Literaturhaus zeigt aber zum 90. Geburtstag einen anderen, bislang unbekannten Loriot. Unter Schlaflosigkeit habe er sein Leben lang gelitten, sagte Kurator Peter Geyer, ein Vertrauter der Familie von Bülow. «Er konnte seinen hellen Geist nicht einfach ausknipsen.» Und so begann er, in der Nacht zu zeichnen. «Nachtschattengewächse» hat er die Werke genannt, die dabei entstanden und die jetzt der Höhepunkt der Münchner Ausstellung sind.
Sie zeigen einen Loriot, wie man ihn nie zuvor gesehen hat. Einen etwas dunkleren, einen, der Fantasien zeigt, losgelöst vom gezeichneten Witz. Die lustigen Männchen mit der Knollennase geraten dabei immer weiter in den Hintergrund. Das, was Vicco von Bülow da nachts in seinem Haus am Starnberger See zu Papier brachte, erinnert entfernt an den Stil Picassos. Nackte Frauen mit zerfallenen Kronen sind auf den Zeichnungen zu sehen, ein Elefant mit Reißzähnen - und auch ein Mops, kubistisch zerlegt.
Apropos Mops: Brandenburgs damaliger Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sagte zu Loriots erstem Todestag in Anlehnung an eines seiner berühmtesten Zitate: «Ein Leben ohne Loriot ist möglich, aber sinnlos.» dpa