Michelin Schweiz Sternekoch Peter Knogl im Interview

Von Thomas Burmeister

Die Entscheidung der «Sternenkonferenz 2015» wurde Peter Knogl an einem Freitagvormittag telefonisch übermittelt. Er stand gerade dort, wo er meistens steht: am Herd. Und er machte, wofür er besonders berühmt ist. «Ich war dabei, eine Soße anzusetzen», erzählt der 47-Jährige. «Soßen- und Fischkönig» haben Schweizer Journalisten ihn getauft. Auch in anderen Sparten der Kochkunst gehört der hochgewachsene Bayer zur Weltspitze. Davon zeugt seit Anfang Oktober sein dritter Michelin-Stern. «Das war die Erfüllung eines Lebenstraums», sagt Knogl im Gespräch.

Restaurant Cheval Blanc im Grand Hotel Les Trois Rois

Der Küchenchef des Restaurants «Cheval Blanc» im Basler «Grand Hotel Trois Rois» ist der erste Deutsche, dem es gelang, in der Gourmet-Hochburg Schweiz einen dritten Stern zu erkochen. Seine Küche sei «geprägt von einer klassischen Basis mit raffinierten Ideen, die voller Aroma, Kraft und Ausdruck sind und das Essen zu einem einzigartigen Erlebnis machen», erklärte Michael Ellis, Testesser und internationaler Direktor des «Guide Michelin».

Damit ist Knogl, der im 50-Seelen-Dorf Rohrmünz im Bayerischen Wald aufwuchs, zugleich der zweite deutsche Drei-Sterne-Koch im Ausland - nach seinem Freund Heinz Beck (52). Der hat seinen «Dritten» vor zehn Jahren im römischen «La Pergola» bekommen - und bis heute gehalten.

Zu Knogls ersten Gratulanten gehörte der Schweizer Daniel Humm, der als bester Koch in den USA gilt. «Peter ist trotz des Erfolgs immer auf dem Boden geblieben», sagte der Chef des Drei-Sterne-Restaurants «Eleven Madison Park» in New York der «Neuen Zürcher Zeitung». «Er hat ein gutes Team zusammengestellt und er lebt den Teamgedanken.» Und das international.

Michelin Schweiz | Sternekoch Peter Knogl im Interview

«Wir haben Japaner, Deutsche und Portugiesen in der Küche und im Service Italiener, Spanier und Franzosen», berichtet Knogl. «In einer internationalen Besatzung ist die Chemie oft besser, so ein Team muss arbeiten wie ein Orchester. Jeder muss sein Instrument perfekt im Dienste aller spielen.»

Dann haben Sie den «Dritten» also gemeinsam erkocht, aber was ist schwieriger - einen Stern zu bekommen oder ihn zu behalten?

Erkochen ist schwieriger. Das haben wir mit dieser Küche geschafft. Aber man muss nicht dauernd Neues erfinden, wir müssen nicht alles umschmeißen. Wir müssen einige Anpassungen vornehmen, einiges verfeinern, aber keine ganz neue Küche kochen.

Drei Sterne, 19 Punkte und damit ebenfalls das Maximum im Gault-Millau, zwei Mal «Koch des Jahres» in der Schweiz, die gemessen an der Bevölkerungszahl das Land mit der größten «Sternendichte» ist. Was hat man da noch für berufliche Ziele?

Das alles zu halten. Gäste weiter glücklich zu machen. Sich zu verbessern. Als Koch lernt man jeden Tag etwas hinzu. Das ist das Schöne an diesem Beruf: Man ist nie am Ziel.

Was ist Ihre Küchenphilosophie?

Die besteht einfach darin, klassische Küche neu zu interpretieren. Mit den bestmöglichen Grundprodukten. Und wir wollen einen Erinnerungseffekt. Wenn Gäste sich nach Monaten noch gern an das erinnern, was sie gegessen haben - das zeichnet ein gutes Restaurant aus. Das ist die große Herausforderung. Wenn Sie zehn Gänge essen und drei Tage später nicht mehr richtig wissen, was es war, dann war der Aufwand vergeblich.

Sternekoch Peter Knogl: Gelbflossen Thunfisch mit Avocado, Radieschen und Sushi Vinaigrette

Ihre Küche ist einerseits schnörkellos und bodenständig, aber vor allem französische und auch asiatische Einflüsse sind stark vertreten. Wie gestalten Sie Ihre Gerichte?

Manches wird von Grund auf neu entwickelt. Und ich versuche, klassische Sachen umzuwandeln auf eine moderne Art. Mit der reinen klassischen Küche ist es heute schwer, ganz erfolgreich zu sein. Die schmeckt super, aber nach oben zu kommen ist schwierig, wenn man nicht seine eigene Handschrift vorweisen kann.

Wie sieht denn die Knogl-Handschrift zur Weihnachtszeit aus? Was gibt es bei Ihnen zu Hause?

Als Küchenchef bin ich Weihnachten natürlich nie zu Hause. Sonst würde ich wohl einfach ein paar Austern machen, etwas mit Lachs oder ein paar Gambas, jedenfalls nichts Großes.

Da spricht der «Fischkönig»

Warum nicht? Ich habe Fisch bei meinen Stationen im Ausland lieben gelernt, in Spanien und Frankreich vor allem, Steinbutt wäre zum Beispiel auch etwas Schönes. Dazu ein Gewürzjus. Entenleber mag ich auch. Anis, Orange, Schwarze Trüffel aus dem Perigord - das gibt mir meine Weihnachtsgefühle. Vielleicht auch etwas mit Fasan.

Und was sagen Sie zum Titel «Soßenkönig»?

Soßen sind ganz wichtig. Da erkennt man die Qualität des Kochs. Heute können viele Junge keine Soßen mehr kochen. Da versteift man sich auf irgendwelche Reduktionen. Aber Soßen gehören zu einem guten Essen.

Gibt es ein Optimum hinsichtlich der Anzahl der Gänge?

Wir kochen für sechs Gänge. Vorher gibt es vier Amuse-Gueule (appetitanregende Häppchen). Der Mensch ist heute so gefordert. Und wenn man ihn überfordert, macht es ihm keinen Spaß mehr. Wenn er sich beim Essen dauernd fragt «Was ist das, wie geht das?» ist irgendwann der Wohlfühlfaktor weg. Wenn man permanent neue Aromen anbietet, wird das zu anstrengend.

Merken Sie es, wenn Testesser bei Ihnen im Restaurant sind?

Einige kennen wir, aber meistens merken wir das nicht. Aber das ist egal, für mich ist sowieso jeder Gast mein Testeresser.

Kommen nach dem dritten Stern nun andere Gäste?

Wir hatten schon immer ein Publikum aus aller Welt. Neu ist aber, dass wir mittags mehr große Menüs verkaufen und weniger den Business Lunch. Es gibt den internationalen Gourmet-Tourismus tatsächlich. Manche Gäste reisen allein nach Basel, um bei uns zu essen. Sie nehmen sich dann auch die Zeit für sechs Gänge.

Wenn Sie auswärts essen, wohin gehen Sie dann?

Ich fliege gern mal für ein Wochenende nach Spanien, San Sebastian oder Barcelona. Gern auch in Tapas-Bars. Grundsätzlich gehe ich entweder in Sterne-Restaurants, wo ich wieder etwas lernen kann, oder in ganz einfache Gaststätten. Mitteldinge mache ich nicht, das wäre schade ums Geld und die Zeit.

Und wer kocht zu Hause im Basler Vorort Riehen?

Da mache ich höchstens mal den Salat. Sonst kocht meine Freundin, eine Holländerin mit chinesischen Wurzeln. Aber meist habe ich im Kühlschrank nur Obst. Als Vorsichtsmaßnahme für den Fall, dass mich nachts der Heißhunger packt.

Also, ein Koch mit leerem Kühlschrank?

So ungefähr, jedenfalls zu Hause.

Geräucherter Aal mit rote Beete, schwarzem Knoblauch und Wasabi von Sternekoch Peter Knogl

Koch Peter Knogl - Stationen einer Karriere

Schon als Kind wollte Peter Knogl (47) Küchenchef werden. Geweckt wurde sein Interesse im Gasthof der Großmutter im Bayerischen Wald. Am Anfang der kulinarischen Bilderbuchkarriere des in Deggendorf (Niederbayern) geborenen Starkochs stand die Lehre in einem Hotel in Viechtach. Sein Können perfektionierte er bei Meistern in Feinschmeckerlokalen - darunter das «Tantris» in München, das «Tristan» auf Mallorca, das «Le Saveur» in London, und das «Negresco» in Nizza.

Kurz vor Weihnachten 2007 übernahm Kogl mit 39 Jahren als Küchenchef das Restaurant «Cheval Blanc» im Basler «Grand Hotel Trois Rois». Sieben Monate später bekam er seinen ersten Michelin-Stern. Ein Jahr danach folgte der zweite. 2015 erhielt der Bayer als erster Chef de Cuisine eines Schweizer Hotels 19 Gault-Millau-Punkte und wurde nach 2011 zum zweiten Mal «Koch des Jahres».

Im Oktober 2015 gab der «Guide Michelin» Knogls Auszeichnung mit dem dritten Stern bekannt. Er ist der erste Deutsche, der in der Schweiz drei Sterne erkochte und nach Heinz Beck («La Pergola», Rom) der zweite deutsche Drei-Sterne-Koch im Ausland. dpa

Mehr: Peter Knogl im Hangar 7

Restaurant Cheval Blanc in neuem Kleid

Das erste Drei-Sterne-Restaurant in Basel präsentiert sich seit wenigen Wochen mit aufgefrischtem Interieur in neuen eleganten Farbtönen und mit exklusivem handgefertigtem Porzellan aus der Manufaktur Coquet in Limoges im Grand Hotel Les Trois Rois.

lestroisrois.com

Exotische Schokolade mit Yuzu Sorbet von Sternekoch Peter Knogl