Moderne Küchen werden Wohnungsmittelpunkt

Bis in die 90er Jahre galt die Küche als ein fast geheimer Ort, an dem die Hausfrau meist auf wenigen Quadratmetern vor sich hin werkelte, während die Gäste im Ess- oder Wohnzimmer saßen und auf das Essen warteten. Heute dagegen wird nicht mehr im Geheimen gekocht. Eine offene Raumgestaltung hat eine völlig neue Wohn-Ess-Situation hervorgebracht. «Das Kocherlebnis ist kommunikativer geworden», sagt die Trend- und Designexpertin des Verbands der deutschen Möbelindustrie, Ursula Geismann.

Abgetrennte Wohnbereiche verschmelzen zu einer Einheit, und oft wird die Küche dabei schon zum Mittelpunkt der ganzen Wohnung. «Optimierte und bequemere Arbeitsabläufe und der Energieverbrauch sind wichtige Schlagwörter», erklärt Geismann. Dabei wird die Höhe der Küchenmöbel zunehmend nicht mehr nur nach der Körpergröße bemessen, sondern auch nach dem Ellenbogenwinkel. «Wer Spaß am Hacken und Schneiden haben will, darf natürlich keine Rückenschmerzen bekommen», sagt Geismann.

Daher gehe die Tendenz auch zu hoch eingebauten Elektrogeräten. Backofen oder Spülmaschine können dann leichter bedient werden. Gleichzeitig müssen die Geräte ressourcenschonend sein. Dazu gehöre neben einem geringen Strom- und Wasserverbrauch auch ein leises Gerät, so dass man beim Fernsehschauen nicht noch die Spülmaschine höre. «Deutschland ist führend bei energieeffizienten Geräten», sagt Markus Wittmann von der GfK-Marktforschung in Nürnberg.

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Mit den oft veränderten Grundrissen der Wohnungen habe sich auch die Kücheninsel etabliert: eine Küchenzeile, die mitten im Raum steht. Sie dient als Raumteiler zwischen Küchen-, Ess- und Wohnbereich, ohne jedoch eine trennende Wand zu haben. Zudem ermögliche sie, auf verkürzten Wegen mehr zu erledigen. «Diese Professionalität haben die Privatküchen aus der Gastronomie übernommen», erklärt die Trend- und Designexpertin. Dort steht in der Küche oft auch ein Küchenblock in der Mitte des Raums.

Bei der Material- und Farbauswahl verhielten sich die Käufer heute zurückhaltender als noch vor ein paar Jahren. «Der Trend geht zu hellen Tönen wie weiß, grün oder beige», sagt Geismann. Aber auch Holzfronten mit Struktur oder bedruckte Schranktüren seien gefragt. Dabei sei dann wieder fast alles möglich - «vom Popstar auf dem Küchenschrank bis zum eigenen Ehemann», kommentiert Geismann.

Sehr gefragt seien Lack-Oberflächen in Kombination mit Metall und Holz. «Mit weiter steigender Tendenz wurden im Jahr 2011 mittlerweile mehr als ein Drittel aller Küchen mit einer glänzenden Front verkauft», sagt Markus Wittmann.

Ein Muss in jeder neuen Küche sei heute das Induktionsfeld. «Es reagiert schneller als ein herkömmliches Kochfeld und ist daher energiesparend», erklärt Geismann. Die Expertin rät, sich bei der Planung einer neuen Küche auch direkt über die Lichtgestaltung zu informieren. «Moderne LED-Leuchten lassen sich fast überall einbauen, so dass man alle Arbeitsbereiche optimal ausleuchten kann.» dpa

Edel-Küchen liegen im Trend

Die Deutschen lassen sich ihre Küchen immer mehr kosten. Der Trend gehe zur hochwertigen Ausstattung, sagte der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Die Moderne Küche (AMK), Frank Hüther, am Montag in Köln. Im vergangenen Jahr hat die deutsche Küchenindustrie demnach einen Gesamtumsatz in Höhe von 9,66 Milliarden Euro erwirtschaftet. «Das entspricht einer Steigerung von 570 Millionen Euro oder 6,3 Prozent», sagte Hüther.

Im Zweijahresvergleich hätten die Hersteller von Küchenmöbeln, Elektro- und Einbaugeräten, Spülmaschinen und Zubehör um mehr als elf Prozent an Umsatz zugelegt. «Allein im vergangenen Jahr wurden rund 1,2 Millionen Neu-Küchen verkauft», sagte Markus Wittmann von der GfK-Marktforschung in Nürnberg.

Im Preissegment über 10 000 Euro sei von 2010 bis 2011 ein Anstieg um 9,6 Prozent zu verzeichnen gewesen. «Nachdem die Umsätze von 2008 auf 2009 um 4,2 Prozent gesunken waren hat sich die Küchenindustrie schneller erholt, als zu erwarten war», sagte Hüther. Hintergrund sei die Nachfrage nach hochwertigeren Einbaugeräten wie Induktionskochfeldern oder Geschirrspülmaschinen und einer insgesamt energieeffizienteren Kücheneinrichtung. «Die Deutschen sind bereit, mehr in ihre Küche zu investieren», sagte Wittmann.

Neben dem Inlandsmarkt als tragender Säule mit einem Plus von 6,5 Prozent erweisen sich besonders die Exporte als wichtiger Absatzmarkt. «Die Gewichte haben sich allerdings verlagert. Die Finanz- und Eurokrise hat wichtige Auslandsmärkte, wie etwa Spanien, Italien, Griechenland und Portugal deutlich geschwächt», so Hüther.

Zudem habe sich ein neuer Markt in China entwickelt. «Die Produkte der deutschen Küchenindustrie verbinden geradezu perfekt europäischen Lebensstil mit dem Label 'Made in Germany'», erläuterte Hüther. Diese Kombination gewinne die wachsende Mittelschicht in China. Ein wichtiger Aspekt dabei sei die Entwicklung moderner Küchenplanungssysteme, die in Europa bereits zum Standard gehören. dpa