Von Chris Melzer
Pottsville ist einer der deutschesten Flecken in den USA. Die Namen auf den Wahlplakaten heißen Staudinger und Hess und wer in dem Städtchen einen Arzt braucht, findet Hilfe bei Dr. Altmuller. Doch der größte Arbeitgeber in der ganzen Region kann deutscher kaum sein: Aus Pottsville, Pennsylvania, kommt Yuengling-Bier. Die Brauerei ist die älteste in Amerika und nach wie vor in Familienhand.
Der erste der Yuenglings hieß noch Jüngling und wurde in Deutschland geboren. David Gottlob Jüngling hatte in Aldingen bei Stuttgart das Brauerhandwerk gelernt und war 1823 in die junge USA ausgewandert. Sechs Jahre später gründete er die «Eagle Brewery» in Pottsville. Da hat die Brauerei noch immer ihr Hauptquartier und auch der Adler ist noch auf Flaschen und Gläsern, nur der Name wurde längst in den Familiennamen geändert. Wer jetzt im Osten Pennsylvanias «ein Lager» bestellt, bekommt mit ziemlicher Sicherheit ein Yuengling.
«Es gibt uns nur in 14 Bundesstaaten. Wir sind ja keine der ganz großen Brauereien», sagt Jennifer Yuengling. Die Tochter von Firmenchef Richard Yuengling, der das Unternehmen in fünfter Generation führt, untertreibt. Denn mit fast 300 Millionen Liter Bier in diesem Jahr sind die Pennsylvanier die sechstgrößte Brauerei der USA - und die zweitgrößte, die noch in US-amerikanischer Hand ist.
David Jünglings Geschäft blühte und jeder seiner Söhne konnte das Geschäft etwas vergrößern. Bis 1919 die Prohibition kam und Alkohol in den ganzen USA verboten wurde. «Wir haben ein sehr dünnes Bier produziert, das gerade noch erlaubt war», erzählt Jennifer Yuengling und ihr Augenrollen macht deutlich, was sie davon hält. «Außerdem haben wir in Immobilien investiert und in Molkereiprodukte. Das Eis soll sehr gut gewesen sein.» Wie es schmeckte, weiß sie nicht, denn als 1933 die Prohibition fiel, orientierte sich die Brauerei auf das Kerngeschäft - und sandte Präsident Franklin Roosevelt für dessen Kampf gegen das Alkoholverbot einen Lastwagen voller «Gewinnerbier».
Die Yuenglings haben ein enges Verhältnis zum Militär. Nicht nur, dass Fässer mit ihrem Bier in den Air-Force-Transportern den Weg nach Afghanistan antreten. Auch die Yuenglings selbst zogen in den Krieg - zweimal gegen das Land, aus dem ihre Familie stammt. «Viel Flak über dem Ziel, aber nicht sehr genau», schrieb einer der Yuenglings im Oktober 1944 in sein Kriegstagebuch nach einem Bombereinsatz gegen Kassel. Über Mainz ein paar Tage später war die Flugabwehr «nur leicht, aber verdammt genau».
Und wie ist das Verhältnis zu Deutschland heute: «Ich spreche leider kein deutsch, aber mein Vater ist darin ganz gut und ist regelmäßig drüben», sagt Jennifer. Aber die Familientradition ist da: «Unsere Kneipe heißt "Rathskeller", die Biersorten "German Bier" und "Oktoberfest" und wir arbeiten im "Brauhaus", nicht im "Brew House". Natürlich sind die Verbindungen da und wir sind sehr stolz darauf.»
Eine durchgängige Erfolgsgeschichte war die Marke Yuengling nicht, immer wieder wurde sie schon totgesagt. Aber in den Neunzigern stieg der Umsatz enorm, dank des Lager-Biers. Derzeit ist das Geschäft stabil - vielleicht auch wegen eines nicht ganz unprominenten Fans.
Der sandte sogar seinem kanadischen Amtskollegen als diplomatische Geste eine Kiste seines Yuengling-Lieblingsbieres: Präsident Barack Obama bekennt offen seine Schwäche für das deutsche Lager aus Pennsylvania. dpa