Olivenöldiebe in Spanien

Sie suchen kein Geld und auch keinen Schmuck, wohl aber «grünes Gold»: In Spanien treiben neuerdings Olivenöl-Diebe ihr Unwesen. In den vergangenen Wochen sind landesweit gut ein Dutzend Agrarbetriebe Opfer organisierter Banden geworden, die sich auf den Raub von kaltgepresstem (nativem) Olivenöl der höchsten europäischen Qualitätsstufe spezialisiert haben.

Auf den ersten Blick mag die Wahl der Beute verwundern, doch immerhin ist eine Tonne des nicht nur von Gourmets geschätzten Öls rund 2000 Euro wert - in Flaschen abgefüllt ist es später im Laden um ein Vielfaches teurer, vor allem im Ausland.

«Der Olivenölraub ist lohnenswerter als ein Banküberfall, zumal das Risiko für die Täter sehr gering ist», erklärte dieser Tage der Sprecher einer Agrarkooperative in Andalusien. Schließlich sind Olivenölmühlen nicht gerade Betriebe, die besonders gut geschützt sind. Oftmals sind sie lediglich von einem Maschendrahtzaun umgeben. So erbeuteten Diebe bei Jaén kürzlich gleich 90 Tonnen des gelbgrünen Safts im Wert von rund 180 000 Euro.

Die Täter gehen stets nach dem gleichen Muster vor. Sie fahren im Schutz der Nacht mit mehreren Tankwagen vor, zapfen die Öl-Depots des Betriebes an und pumpen sie mit Hilfe großer Schläuche leer. In drei bis vier Stunden ist die Aktion abgeschlossen. «Da sind Profis am Werk», heißt es bei der Polizei. Die Abnehmer des «grünen Goldes» vermuten die Ermittler vor allem in Italien, wo seit jeher spanisches Olivenöl importiert, abgefüllt und dann in edlen Flaschen mit italienischen Etiketten vermarktet wird.

Bestätigt wurden die Vermutungen der spanischen Fahnder vor wenigen Wochen, als die Guardia Civil eine der Banden zerschlagen konnte: Bei den Festgenommenen handelte es sich um zehn Italiener und einen Spanier. Sie hatten tonnenweise Öl in einer Fabrikhalle zwischengelagert und wollten es über eine Scheinfirma mit Tankwagen oder per Schiff in die italienische Hafenstadt Bari transportieren.

«Die Verbrecher müssen Komplizen in der Ölbranche haben, denn sonst wäre es sehr schwierig, so große Mengen gestohlenen Öls unbemerkt auf den italienischen Markt zu werfen», sagte die Geschäftsführerin eines spanischen Betriebes der Zeitung «El País».

In den vergangenen drei Jahren sind in Spanien Schätzungen zufolge mehr als 2000 Tonnen besten Olivenöls gestohlen worden. Vor allem für die aus mehreren Familienbetrieben bestehenden Kooperativen ist das ein herber Verlust. Zumal der Saft der «Perlen des Mittelmeeres» unter starkem Preisdruck steht. Seit 2008 sind die Preise um rund 30 Prozent gefallen. Damit sich der Anbau für die Landwirte rentiert, muss das Kilogramm eigentlich mindestens 2,50 Euro einbringen. Im vergangenen Jahr lag der Preis jedoch rund 70 Cent darunter.

Dabei ist die in diesen Wochen anlaufende Olivenernte harte Knochenarbeit. Noch heute werden die dunkelroten bis schwarzen Früchte mit einem langen Holzstab, der «vara», von den Zweigen geschlagen und dann per Hand eingesammelt.

Mit seinen rund 280 Millionen Olivenbäumen - 60 Prozent davon in Andalusien - ist Spanien der weltgrößte Produzent und Exporteur des wegen seines hohen Gehalts an einfach ungesättigten Fettsäuren so gepriesenen Öls. Die Olivenöl-Agentur des Agrarministeriums zählt mehr als 100 verschiedene Sorten. Aber nicht nur Öl wird aus den Früchten gewonnen: Der «orujo», das ausgepresste Fruchtfleisch, wird als Biomasse zur Stromerzeugung genutzt, die porösen Kerne werden wie Aktivkohle in Filtern eingesetzt, und aus der Haut lässt sich Wachs gewinnen. Von der Olive bleiben kaum Abfallprodukte zurück. dpa

Zum Olivenöl-Kompendium