Pasteten zubereiten

Von Monika Hillemacher

Spanische Empanadas, asiatische Dim Sums, Frühlingsrollen, russische Piroggen und englische Pies haben eines gemeinsam: Sie gehören zur Verwandtschaft der Pasteten. Eine Pastete ist im Prinzip nichts anderes als eine von Teig umhüllte Füllung von Fleisch, Fisch oder Obst. Sie wird mal als Hausmannskost, mal delikat serviert. Und sie ist international.

Ihren Ursprung haben Pasteten wahrscheinlich in der antiken Küche. Ab dem Mittelalter versorgten Pastetenbäcker Adel, Klerus und Bürger mit den Leckereien, die meist einfach aus der Hand gegessen wurden. Damals gehörten Verkaufsbuden zum Straßenbild wie in modernen Zeiten Hamburgerbratereien und Dönerläden. Adlige Haushalte stellten kunstvoll verzierte Pastetengebilde auf den Tisch - der Wandel vom mittelalterlichen Fast Food zur klassisch kalt servierten Delikatesse begann.

Das Essen stellt eine edle Restverwertung dar. «Pasteten sind eine überlieferte Form des Haltbarmachens aus einer Zeit, in der es noch keine Gefriertruhen gab», sagt Mechthild Mersmann, Vorsitzende der Landfrauen im münsterländischen Oelde-Lette. Das Backen im heißen Ofen, Teigmantel, Gelee und ein Schuss Alkohol schützten die übriggebliebenen Lebensmittel vor dem Verderb und kaschierten gleichzeitig unangenehme Gerüche und Geschmäcker.

Die Kunst liegt in der Herstellung der Farce. Bei der Auswahl der Füllung ist Fantasie angesagt: «Die Pastetenwelt lebt davon, dass alles andere reinkommt als die üblichen Sachen», sagt Mario Furanello von der Kochschule Menufaktur in Frankfurt am Main. Reh, Kaninchen, Wildschwein, Ente, Rebhuhn, Lamm, Rind, Innereien gehören zu den bevorzugten deftigen Pastetenfarcen und weisen zurück auf die bodenständigen Wurzeln der Speise.

Mindestens drei Tage, besser noch eine Woche, veranschlagt Furanello für die Verarbeitung. Am ersten Tag wird das Fleisch mariniert, am zweiten Tag durch den Wolf gedreht und die Pastete gebacken, ausgekühlt und der Hohlraum unter dem Deckel mit Gelee gefüllt. Den dritten Tag bleibt sie zum Durchziehen liegen. Je länger die Pastete ruht, desto besser bildet sich das Aroma aus. Der Koch würzt Farce und Gelee großzügig, vor allem mit Salz. «In kaltem Zustand bleibt nur noch ein Bruchteil der Würze übrig», erläutert er und rät, zur Geschmacksprüfung eine kleine Menge kalt zu verkosten.

Neben Salz setzt er zur Farce passende Gewürze ein: Nelke und Wacholder zu Wild, zu Fleisch Majoran, Salbei und Rosmarin, Fenchel zu Fisch, Kardamom und Curry sorgen für eine asiatische Note. Ein Stück Leber gibt Wild zusätzlich Pfiff. In eine Kaninchenpastete kommen darüber hinaus Gehacktes, Morcheln, Schalotten und Cayennepfeffer.

Ein Mürbeteig aus Mehl, viel Fett, einer Prise Salz und etwas Wasser bildet in der Regel den Mantel. Furlanello verwendet anstelle von Butter bevorzugt Fett, das mit der Füllung harmoniert, zum Beispiel Gänse- oder Schweinschmalz. Die Pastetenform wird mit dem ausgerollten Teig ausgekleidet, anschließend kommt die Füllung hinein und ein Teigdeckel obendrauf. In dessen Mitte wird ein Loch ausgestochen, der Kamin. So kann beim Backen Dampf entweichen, ohne dass der fragile Deckel einstürzt. Ein Alu-Röhrchen stützt die Konstruktion und hilft später, das Gelee einzutrichtern. Das Loch wird mit aus Teig modellierten Verzierungen zum Hingucker auf dem Büfett.

Der Handel bietet zwar spezielle Pastetenformen an, aber die beim Kuchenbacken üblichen Spring- und Kastenformen tun es ebenfalls. Für große Mengen, zum Beispiel bei Partys, nimmt Mechthild Mersmann ein Backblech und bevorzugt eine Hackfleischfüllung.

Die englische Küche ist bekannt für ihre Vielfalt an Pasteten und Pies. «Pie beschreibt alles, was in Teig eingeschlossen wird», sagt britische Kochbuchautor Francis Ray Hoff. Die Bandbreite reicht von süßer Apple Pie bis zu rustikalen Steak-and-Kidney-Pie und Shepherd's Pie. Klassisch wird sie unter anderem aus Lamm- und Rindfleisch, Wirsing, eingeweichtem Weißbrot, Ei und Kartoffelpüree gefertigt. Die Masse wird in eine Auflaufform geschichtet und gebacken. Das Rezept, sagt Hoff, funktioniere auch mit Reh oder Hirsch.

Bei Steak and Kidney trifft gewürfeltes Rumpsteak auf Lammnieren, Begleiter sind Portwein, Zwiebeln und Brühe. In der feineren Variante Steak and Oyster ersetzen Austern die Nieren. «Pies werden warm gegessen», sagt Hoff. «Und am besten aus der Hand.» Die sättigende Kost kann aber auch als Hauptgericht auf den Teller kommen. Apple Pie - oder im Herbst Blackberry Pie -, verfeinert mit Mango, gekrönt von Double Cream, sind beliebte Desserts. Pasteten legen die Briten auf Brot und Toast, reichen dazu Preiselbeeren oder Lady-Curzon-Soße und kleine Gurken, erläutert Hoff. Grundsätzlich wird von Pastete immer eine dicke Scheibe abgeschnitten.

Der Streifzug durch die internationale Welt der Pasteten führt unter anderem nach Asien zu den Dim Sums - gedämpfte Teigtaschen, die mit unendlichen vielen Füllungen und im Bambuskörbchen angeboten werden. Die aus Spanien stammenden Empanadas werden mit Fleisch, Fisch, Gemüse oder Kartoffeln angeboten. Sie isst man wie Pie sofort aus der Hand. dpa