Von Katrin Zeiß
Vor einem Jahr hat der sächsische Winzer Georg Prinz zur Lippe die mittelalterliche Ordensburg Liebstedt bei Weimar gekauft - doch den Burgunder und Sauvignon von seinen Thüringer Rebflächen muss er weiter in seinem Meißener Weingut verarbeiten. Die geplante Weinkelterei in einem Teil der Liebstedter Burg - Investitionsumfang: drei Millionen Euro - wird von der Gemeinde seit Februar blockiert.
Wenige Wochen, nachdem der Winzer die Burg gekauft hatte, zog der Gemeinderat den Joker Vorkaufsrecht. Dieses hat nun zuständige Landratsamt Weimarer Land gekippt. Ob sich der 400-Seelen-Ort damit abfindet, ist noch unklar.
Die Gemeinde habe weder ein eigenes Nutzungs- noch ein Denkmalschutzkonzept vorgelegt und könne auch kein plausibles Finanzierungskonzept vorweisen, begründete die Kommunalaufsicht ihren Bescheid. Bei einer solchen Sach- und Rechtslage könne die Kommune nicht in den bereits abgeschlossenen Kaufvertrag einsteigen. Eine Gemeinde könne das Vorkaufsrecht nur dann ausüben, wenn das Allgemeinwohl dies rechtfertige.
Den ehrenamtlichen Liebstedter Bürgermeister Heinz Sperlich (Freie Wähler) ficht diese Schlappe nicht an. «Wir wollen mit Sicherheit vor Gericht gehen», sagte er. Voraussetzung sei ein entsprechender Beschluss des Gemeinderates. Der berät erneut an diesem Montag (19. Dezember). Zieht die Kommune tatsächlich vor das Verwaltungsgericht, droht ein juristischer Dauerstreit. Denn auch der Winzer will dann «alle gebotenen rechtlichen Mittel» nutzen.
Der 54-Jährige, dessen Firmenhauptsitz das Weingut Schloss Proschwitz in Meißen ist, hat für sein Projekt in Liebstedt bereits eine amtliche Baugenehmigung in der Tasche. «Wenn wir jetzt nicht anfangen zu bauen, haben wir auch nächstes Jahr noch keine Kellerei», fürchtet er.
Für ihn wäre das ein Déjà-vu-Erlebnis: Vor einigen Jahren scheiterten bereits seine Kelterei-Pläne im nahe gelegenen Kromsdorf an den unterschiedlichen Vorstellungen von Winzer und Gemeinde über die Gründung einer Stiftung.
Zur Lippe hatte die Burg, die vom 14. Jahrhundert an von einem Ritterorden als Verwaltungssitz genutzt wurde, Ende 2010 für 150 000 Euro von der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) gekauft. Damit verbunden war die Investitionsverpflichtung über drei Millionen Euro und die Schaffung von 25 Arbeitsplätzen. LEG-Geschäftsführer Frank Krätzschmar macht keinen Hehl aus seiner Sorge, dass der Investor abspringen könnte. «Wir sollten uns an einen Tisch setzen», wirbt er bei der Gemeinde um Gespräche.
Für das in Liebstedt häufig gehörte Argument, dass zur Lippe die Ordensburg dauerhaft nicht erhalten könne, hatte die Kommunalaufsicht «keine stichhaltigen und nachprüfbaren Gründe» gesehen. Zur Lippe lebt seit 21 Jahren wieder in Sachsen. Dort kaufte er das zunächst von den Nationalsozialisten beschlagnahmte und während der Bodenreform nach dem Zweiten Weltkrieg enteignete Schloss der Familie zurück und sanierte es denkmalgerecht.
Das dortige Weingut beschäftigt nach seinen Angaben rund 100 Menschen. In Thüringen erwarb er vor einigen Jahren 45 Hektar Rebfläche - was für das winzige Thüringer Weinrevier auf einen Schlag eine Verdoppelung bedeutete.
Sein Rückzug aus Liebstedt wäre für die LEG ein herber Rückschlag. Sie hatte lange vergeblich nach einem Käufer für das abgelegene Denkmal gesucht. In die Sanierung investierte sie 350 000 Euro. Sie legte die Betreuung der Burg in die Hände der Ordensburg Gilde, in der sich Freizeithistoriker zusammengeschlossen haben. Der Verein erzielt Einnahmen aus der Vermietung der Burg für Familienfeiern und organisiert gelegentlich Schlachtfeste oder Ritterspiele.
Dass sei auch künftig möglich, versichert Krätzschmar. Im Kaufvertrag seien Nutzungsrechte für die Gilde festgeschrieben. «Sie hat schließlich auch Hervorragendes für die Burg geleistet.» Trotzdem hält sich im Dorf hartnäckig der Vorbehalt, in der Hand des Winzers sei die Burg nicht mehr öffentlich zugänglich.
Unterschriften gegen den Verkauf wurden gesammelt, die Stimmung ist aufgeheizt. Objektive Gründe dafür kann zur Lippe indes nicht erkennen: «Ich bin offenbar die Zielscheibe für alle möglichen Vorbehalte und Klischees.» dpa
update 20.12.: Die Gemeinde Liebstedt hat am 19. Dezember 2011 entschieden, gegen die Widerspruchsbescheide Klage zu erheben.