Von Carsten Linnhoff
Sein Name stand noch auf einem Schild auf einem Tisch in Saal BZ5 des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Auch die Staatsanwältin nannte ihn, als sie die Vorwürfe rund um Preissprachen in der Bierbranche vor über zehn Jahren beschrieb. Dabei ist Albert Christmann nicht mehr Teil des Prozesses um das Bierkartell am Oberlandesgericht Düsseldorf. Einen Tag vor dem Auftakt hatte die zu Dr. Oetker gehörende Radeberger-Gruppe ihren Widerspruch gegen einen millionenschweren Bußgeldbescheid des Bundeskartellamtes zurückgezogen. Begründung: Zwar seien alle Vorwürfe falsch, aber das finanzielle Risiko für das Unternehmen sei mit dem Verfahren zu hoch.
Zum Prozessauftakt aber stand nicht nur Christmanns Namenschild irrtümlicherweise noch im Saal. Der heutige Chef von Dr. Oetker führte die Radeberger-Gruppe bis 2013, bevor der Manager Finanzchef in Bielefeld wurde. Ende 2016 löste er Richard Oetker an der Spitze als persönlich haftender Gesellschafter ab. Christmann hat in den vergangenen Jahren stets bestritten, als Radeberger-Chef an Preisabsprachen beteiligt gewesen zu sein. Und obwohl das Unternehmen nicht mehr als beschuldigt vor Gericht steht, war es doch am Mittwoch ständig Thema.
In den Schilderungen der Staatsanwältin klang die Geschichte anders. In ihren Ausführungen ging es im Kern um Absprachen zwischen mehreren Brauereien in Deutschland. Christmann soll sich demnach bereit erklärt haben, Kontakte aufzunehmen. Da soll es Telefonate gegeben haben, Treffen auf einer Messe in Hamburg und am Ende die Übereinkunft, die Bierpreise pro Kasten um einen und pro Hektoliter um bis zu sechs Euro zu erhöhen. Anfang 2008 sollen die Absprachen dann wirksam geworden sein.
Die Vertreter von Carlsberg wiesen am ersten Prozesstag die Vorwürfe zurück. Das Unternehmen sei an keinen Preisabsprachen beteiligt gewesen. Auch sei der ehemalige Deutschland-Chef Wolfgang Burgard bei keinem Treffen in Hamburg dabei gewesen, wie es das Kartellamt behauptet. Die Carlsberg-Anwälte warfen der Bonner Behörde eine einseitige Beweisführung vor. Aus Scheininfos seien Tatsachen gemacht worden. «Es geht in diesem Verfahren auch um die Arbeit des Kartellamtes, wir werden hier auch neue Beweise vorlegen», hieß es von Seiten der Anwälte.
Das Bundeskartellamt hatte 2014 elf Unternehmen, einem Verband und Managern aus der Bierbranche Bußgeldbescheide über insgesamt 338 Millionen zugestellt. Der Vorwurf: Unerlaubte Preisabsprachen zum Nachteil der Verbraucher bei Fass- und Flaschenbier. Der größte Teil der Bußgeldbescheide - 222 Millionen Euro - entfiel dabei auf die zu Dr. Oetker gehörende Radeberger-Gruppe und Carlsberg Deutschland.
Die deutsche Tochter der belgischen Brauerei Anheuser-Busch InBev musste keine Geldbuße zahlen, weil sie dem Bundeskartellamt Informationen für das Verfahren geliefert hatte. Radeberger und Carlsberg akzeptierten die Bescheide des Bundeskartellamtes aus Bonn nicht und zogen vor das Oberlandesgericht. Einen Tag vor dem Prozessauftakt zog die Dr.-Oetker-Tochter am Dienstag ihren Widerspruch zurück.
Die Vorwürfe hatten branchenweit für Wirbel gesorgt: Andere Brauereien wie Bitburger, Veltins, Warsteiner und Krombacher aber kooperierten mit dem Kartellamt und hatten dann geringere Geldbußen erhalten und akzeptiert. Die Manager dieser Brauereien müssen in den nächsten Wochen zum Teil vor dem Gericht als Zeugen aussagen.
Carlsberg-Anwalt Jürgen Wessing meint, dass die Vorwürfe nach zehn Jahren längst verjährt sind. Die «nicht zutreffenden» Vorwürfe der Preisabsprachen beträfen die Jahre vor 2008. Über seinen Antrag, das Verfahren daher einzustellen, will das Gericht zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden. «Da haben wir noch Beratungsbedarf«, sagte der Vorsitzende Richter Manfred Winterscheidt am Ende des ersten Tages.
Beigelegt ist die Sache noch lange nicht. Bis es eine Entscheidung gibt, dürfte es laut Gericht in den Herbst gehen. dpa