In Berliner Restaurants und Bars wird aus Sicht von Nichtraucherschützern noch immer zu viel gequalmt. «Wir fordern, dass das vollkommen halbherzige Berliner Nichtraucherschutzgesetz evaluiert und neu geschrieben wird», sagte der Sprecher des Forums Rauchfrei, Johannes Spatz, vor dem Weltnichtrauchertag am 31. Mai.
In vielen Bars und in den meisten Diskotheken werde geraucht, obwohl dies nicht erlaubt sei. «Hier gibt es ein Kontrollproblem», sagt Spatz. «Oft sind die Mitarbeiter der Ordnungsämter nur bis 22 Uhr im Einsatz», ergänzt Wolfgang Behrens vom Nichtraucherbund Berlin.
Seit 2009 gilt das neue Nichtraucherschutzgesetz. Laut Deutschem Hotel- und Gaststättenverband hat es sich in Berlin «sehr gut eingespielt». Das berichtet Hauptgeschäftsführer Thomas Lengfelder mit Blick auf die genehmigten Raucherkneipen. Allerdings glaubt auch Lengfelder, dass darüber hinaus noch nicht alles glatt läuft. «In der Politik ist die Meinung 'Verbot her - Problem weg' weit verbreitet. Doch so leicht ist das nicht», so Lengfelder. Die Bezirksämter seien mit den Kontrollen überfordert.
In vielen Bezirken sind jeweils nur wenige Mitarbeiter zuständig. So berichtet etwa der Pankower Stadtrat für Verbraucherschutz, Torsten Kühne (CDU), von einer Kraft, die aber vor allem am Wochenende und in den späten Abendstunden im Einsatz sei. Im Szene-Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sind laut Ordnungsamt zwei Personen zuständig.
In Tempelhof-Schöneberg kontrollierte lange auch nur ein Mitarbeiter, ob sich Wirte an das Gesetz halten. Er brachte mehrere Hundert Verfahren ins Rollen: Seit November 2011 wurden allein in dem Bezirk rund 770 Bußgeldverfahren geführt, berichtet Stadtrat Oliver Schworck (SPD). Seit Dezember wird der Mitarbeiter von einem weiteren Kollegen unterstützt.
In Mitte gebe es gar keine speziellen Kontrollen in Gaststätten und Bars, berichtet Manfred Rißmann vom Ordnungsamt. Die Mitarbeiter des Allgemeinen Ordnungsdienstes könnten die Einhaltung des Nichtraucherschutzgesetzes theoretisch mit überwachen. «Wir haben in Mitte aber andere Probleme», so Rißmann mit Blick auf Parksünder, nicht angeleinte Hunde, Nachbarschaftslärm oder illegal gelagerten Müll.
Dabei können Kontrollen durchaus Geld in die Kassen spülen. In Reinickendorf brachten die rund 130 Verfahren seit 2010 etwa 14 000 Euro an Buß- und Verwarngeldern ein, in Neukölln wurden allein im vergangenen Jahr fast 13 000 Euro festgesetzt.
Laut Innenverwaltung gibt es für die Bußgelder eine Obergrenze von 1000 Euro. Die Bezirke sind hier aber flexibel: So liegen die Verwarn- und Bußgelder in Charlottenburg-Wilmersdorf zwischen 50 und 200 Euro. Zum Teil werden auch die Raucher selbst zur Kasse gebeten: In Neukölln müssen sie 35 Euro sofort und bar zahlen, wenn sie in Lokalen erwischt werden, in denen das Rauchen eigentlich verboten ist. Auch die Wirte werden hier zur Kasse gebeten - mit je 200 Euro.
Das Rauchen ist in Berlin nur in Gaststätten mit einem Raum erlaubt. Die Kneipen müssen kleiner als 75 Quadratmeter sein und vorwiegend Getränke ausschenken. Wirte dürfen in den Lokalen keine Speisen zubereiten. Ihre Gäste müssen älter als 18 Jahre alt sein, das Lokal muss am Eingang auch deutlich als Raucherkneipe gekennzeichnet sein. Unverändert blieb für Wirte die Möglichkeit, bei mehreren Räumen ein Raucherzimmer einzurichten.
Laut Dehoga gibt es in Berlin 2015 rund 15 000 gastronomische Betriebe, darunter rund 10 000 Restaurants, Imbisse, Cafés, Eisdielen und rund 2000 Schankwirtschaften, Bars, Diskotheken, Tanzlokale sowie Trinkhallen. Dehoga-Geschäftsführer Lengfelder schätzt die Zahl der reinen Raucherkneipen auf etwa 500. Es könnten aber auch mehr sein.
Die Zahlen sprechen dafür: Allein in Reinickendorf gibt es mit rund 230 Raucherkneipen inzwischen fast vier Mal so viele wie noch 2010. «Der Anstieg der Rauchergaststätten überrascht mich, ich hätte erwartet, dass das Gesundheitsbewusstsein dazu führt, dass es weniger Raucherkneipen gibt», kommentiert Stadtrat Martin Lambert. In anderen Bezirken blieb die Zahl konstant. In Pankow zum Beispiel bewegt sie sich laut Stadtrat seit Jahren um die 60. dpa