Reise nach Breslau

Jahrhunderthalle und Sky Tower - ein Jahrhundert trennt die beiden Bauten in Breslau. Ein Jahrhundert, in dem die Stadt Katastrophen und Wiederaufbau erlebte.

Die Jahrhunderthalle war 1913 der größte Bau mit einer Stahlbetonkuppel und zählt heute zum Unesco-Weltkulturerbe. Der Skytower wird im kommenden Jahr mit 212 Metern das höchste Gebäude Polens sein. Es dient dann sicherlich vielen Besuchern der schlesischen Stadt als Orientierungspunkt.

Breslau zählt 2012 zu den Austragungsstätten der Fußball-Europameisterschaft. Nicht weit vom Zentrum entsteht gerade das Stadion für 42.000 Besucher. Der Rasen grünt bereits, die Außenfassade erinnert ein wenig an die Arena in München. Ein gigantischer Bau.

Ebenso wie die mitten in der Stadt empor wachsende Nationale Musikhalle. Sie soll einer der Anziehungspunkte sein, wenn Breslau 2016 den Titel Europäische Kulturhauptstadt trägt. Vor dem Rathaus zeigt eine Uhr den Countdown.

Rings herum der Markt ist bestens renoviert. Am Ratskeller vermerkt eine Tafel die illustren Gäste der vergangen Jahrhunderte: Kaiser Sigismund, Gotthold Ephraim Lessing, Johann Wolfgang Goethe bis zu Hans Poelzig. Sicherlich kein Name, der sofort bei jedem ein Ah! hervorruft.

Dabei hat er Breslau geprägt und auch in Berlin seine Spuren hinterlassen. Noch heute steht der Bau des einstigen Kaufhauses Wertheim am Ufer der Oder. Fast genauso sah der Kaufhausbau am Berliner Leipziger Platz einst aus.

Doch die eigentliche Sehenswürdigkeit Breslaus ist kaum Kniehoch. Was in Berlin die Buddy-Bären, in Zürich, die Kühe und in Augsburg die Rhinozerosse, in Breslau zieren mehr als 300 Zwerge die Straßen und Plätze. "Die Zwerge sind inzwischen so etwas wie die kleinen Botschafter unserer Stadt", erzählt Magdalena Korzeniowska, vom polnischen Fremdenverkehrsamt.

Vor der Bank ziehen sie Geld, am Gefängnis muss einer eine Kugel am Bein schleppen, vor der Kirche sitzt ein kleiner Wicht auf einem Motorrad - selbst im Andenkenladen, bei Facebook und auf den Stadtbroschüren findet man die Kerlchen. Das Stadtmarketing hat sie entdeckt und viele Firmen lassen ich vor ihren Geschäften und Lokalen eigene putzige Figuren kreieren.

Dabei waren sie einst ein Zeichen des Protestes. Ab 1980, als der Widerstand gegen den Kommunismus Schwung aufnahm, wurden Zwerge zum Symbol der Orangenen Alternative, einer Untergrund-Protest-Vereinigung. Mit absurden und nonsensartigen Methoden stichelten sie gegen das damalige Regime.

"Wenn es wieder mal kein Toilettenpapier gab, worüber man natürlich nicht sprechen durfte, verteilten Leute mit orangenen T-Shirt mitten in der Fußgängerzone Toilettenpapier, das sie irgendwo besorgt hatten", erinnert sie Korzeniowska. "Das nervte die Mächtigen natürlich, weil es ihre Unfähigkeit zeigte". Die Zwerge waren immer dabei.

Vor gut zehn Jahren entdeckte der Bildhauer Tomasz Moczek die Krasnoludek, wie sie polnisch heißen. So wurde aus dem Zeichen des Widerstandes eine Touristenattraktion.

Bis zum nächsten Mal - ich bin mal wieder unterwegs.

Euer

Honza Klein

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