Schlemmerland Schleswig-Holstein

Von Eva-Maria Mester

Es waren einmal ganz im Norden Schleswig-Holsteins zwölf ländliche Restaurants, die bewirteten die Besucher des Schleswig-Holstein Musik Festivals. Weil sie damit so erfolgreich waren, schlossen sie sich 1987 zur Kooperation Gastliches Wikingland zusammen und gründeten als kulinarisches Pendant zum Musikfestival das Schleswig-Holstein Gourmet Festival. Statt berühmter Dirigenten und Solisten gastierten renommierte Köche aus ganz Deutschland im Norden, um den kulinarischen Horizont ihrer norddeutschen Kollegen zu erweitern. Längst ist daraus ein etabliertes Ereignis geworden, das nun zum 25. Mal stattfindet.

An insgesamt 32 Galaabenden stehen 18 vielfach ausgezeichnete Gastköche mit unterschiedlichen Kochstilen bei ihren schleswig-holsteinischen Kollegen am Herd. Darunter sind bekannte Kochkünstler wie Harald Wohlfahrt und junge Trendsetter wie Magnus Ek aus Schweden und Thorsten Schmidt aus Dänemark. «Wir möchten unseren Gästen und Mitarbeitern immer wieder neue Impulse geben. Daher achten wir auf eine gute Mischung aus bewährten und neuen Gastköchen», sagt Klaus-Peter Willhöft, der Präsident der Kooperation. Inzwischen beteiligen sich Restaurants zwischen Ahrensburg bei Hamburg und Wenningstedt auf Sylt an dem Festival, das noch bis zum 18. März 2012 dauert.

Längst ist Schleswig-Holstein kein kulinarisches Entwicklungsland mehr. Die Zahl der Restaurants mit einem oder mehreren Sternen im «Guide Michelin» hat sich in den vergangenen 25 Jahren fast verdoppelt. 1987 gab es nach Angaben der Kooperation Gastliches Wikingland im nördlichsten Bundesland 7 Betriebe mit zusammen 8 Sternen, inzwischen tragen hier 13 Restaurants 17 Sterne.

Doch auch abseits der Sterne-Gastronomie wird in Schleswig-Holstein Leckeres aufgetischt. Geschnetzeltes vom Holsteiner Rehbock zum Beispiel, Amrumer Lammcarrée mit Birnen, Bohnen und Speck oder Nordseekabeljau auf Leipziger Allerlei mit Krustentierschaum. Regionaltypische Gerichte wie diese, zubereitet mit frischen Zutaten aus der Region nach handwerklichen Grundsätzen - das ist das Credo der Kooperation «Feinheimisch».

Den Mitgliedern des 2007 gegründeten Vereins - gut 20 Restaurants und gut 40 Produzenten von der Bäckerei bis zum Ziegenzüchter - geht es um mehr als nur um gutes Essen. Die Mitglieder wollen auch dazu beitragen, die Arten- und Sortenvielfalt im Land zu erhalten und die handwerkliche Produktion von Lebensmitteln zu fördern.

Industrielle Fertigprodukte kommen bei den Feinheimischen nicht in die Küche, stattdessen verpflichten sich die Mitglieder, mindestens 60 Prozent ihres Warenbedarfs durch Qualitätsprodukte aus Schleswig-Holstein zu decken.

Die gibt es reichlich im Land zwischen den Meeren. Auf den Weiden der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein grasen Galloways, Schottische Hochlandrinder und andere Robustrinder, die schmackhaftes fettarmes Fleisch liefern. Zahlreiche Gartenbaubetriebe haben sich darauf spezialisiert, traditionelle Gemüsesorten zu kultivieren. Dazu gehören wilde Möhren mit violetter Schale oder Kartoffelsorten wie Bamberger Hörnchen, Rote Emma oder Blauer Schwede.

Im großen Stil widmen sich in Dithmarschen die Landwirte dem Kohl. Hier, im größten zusammenhängenden Kohlanbaugebiet Europas, werden jedes Jahr rund 80 Millionen Kohlköpfe geerntet. Das Kohlmuseum «Kohlosseum» in einer ehemaligen Sauerkrautfabrik zeigt, wie das Gemüse angebaut und von Hand geerntet wird.

Alte und zum Teil längst vergessene Obstsorten gibt es im Obstmuseum «Pomarium Anglicum» in Winderatt, etwa 20 Kilometer südlich von Flensburg, zu bestaunen. Etwa 120 Birnensorten und mehr als 700 verschiedene Apfelsorten mit so merkwürdigen Namen wie Angelner Krumpeter, Schoopschnut oder Weigelts Zinszahler gedeihen hier.

Nicht ganz so groß, aber immer noch stattlich ist die Zahl der Käsesorten aus Schleswig-Holstein. Mehr als 100 Sorten werden in kleinen Hofkäsereien produziert, die im Verein Käsestraße Schleswig-Holstein zusammengeschlossen sind. Käsefans können auf der rund 500 Kilometer langen Route von Käserei zu Käserei fahren und Spezialitäten probieren wie den Biikesäis, einen Rauchkäse aus Kuhmilch. Der wird in Nordfriesland nicht nur nach dem traditionellen Grünkohl beim ebenso traditionellen Biike-Brennen im Februar, sondern auch gern zu Punsch und Glühwein gegessen.

Doch nicht nur Herzhaftes, auch Süßes hat Schleswig-Holstein zu bieten. Lübecker Marzipan ist weltberühmt. Auch in Sachen Kuchen und Torten werden Leckermäuler im hohen Norden fündig. In versteckten Hofcafés im Kreis Herzogtum Lauenburg duftet es nach warmem Obst- und Streuselkuchen, und rund um die Schlei tut sich ein richtiges Tortenparadies auf: Im «Eckernförder Tortenstübchen» serviert Gabriele Schmidt zum Beispiel Stachelbeer-Marzipan-Mohn-Torte, die Stachelbeeren dafür stammen aus dem eigenen Garten.

Einen Besuch lohnt auch das «Café Krog» im Dörfchen Ulsnis an der Schlei. Hier gibt es nicht nur leckere selbst gebackene Torten und einen traumhaften Blick über die Schlei, Besucher können sich auch wie im Film fühlen. Denn das Café spielt als «Maren Jantzens Gasthof» in der Fernsehserie «Der Landarzt» mit.

Der Urlaub in Schleswig-Holstein lässt sich auch mit einem Kochkurs verbinden: In der Kochschule «Villa Martha» am Ratzeburger Küchensee zum Beispiel werden Küchenlaien in ein- oder mehrtägigen Kursen zu ambitionierten Hobbyköchen. Die Stiftung Naturschutz bietet im Rahmen ihrer Veranstaltungsreihe «Stiftungsland - Genießerland» ebenfalls Kochkurse an. Sowohl wer gut essen als auch wer gerne selbst kochen lernen möchte, hat dazu zwischen Nord- und Ostsee also reichlich Gelegenheit. dpa