Nun also doch: Auch in Geschäften müssen die Berliner ab Mittwoch (29. April) einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Auf eine entsprechende Maskenpflicht verständigte sich der Senat am Dienstag nach kontroverser Diskussion. Damit gibt es nun ein bundesweit einheitliches Vorgehen. Denn Berlin ist das letzte Bundesland, das diesen Weg geht, um die Übertragung des Corona-Virus einzudämmen. Seit Montag gilt die Verpflichtung, Mund und Nase zu bedecken, hier bereits für Busse, U- und S-Bahn.
Für Geschäfte hatte der rot-rot-grüne Senat zunächst auf eine solche Vorgabe verzichtet und es bei einer dringenden Empfehlung belassen.
Allerdings stand Berlin damit allein da: Alle anderen Bundesländer beschlossen in der Vorwoche eine Maskenpflicht für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und den Einzelhandel. Dadurch erhöhte sich der Druck, auch in Berlin so zu verfahren.
Mehrere SPD-Politiker schwenkten in den vergangenen Tagen zum Unmut der beiden anderen Koalitionspartner öffentlichkeitswirksam um und forderten eine solche Verpflichtung für den Einzelhandel. Darunter war Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci.
Dem Vernehmen nach hatte das in der Senatssitzung einen Wutausbruch von Wirtschaftssenatorin und Bürgermeisterin Ramona Pop (Grüne) zur Folge. «Regelmäßig» würden gemeinsam gefasste Senatsbeschlüsse kurze Zeit später «hintertrieben», so Pop.
Innensenator Andreas Geisel sagte nach der Sitzung, der Senat habe die Maskenpflicht für den Handel vor allem wegen des Arbeitsschutzes für die Beschäftigten in Geschäften, Supermärkten und Shopping-Malls beschlossen. Es gebe aber einen weiteren Grund: «Ermutigt hat uns der Erfolg der Maskenpflicht im Öffentlichen Personennahverkehr», so der SPD-Politiker. Sie werde nach Angaben der Verkehrsverwaltung von 95 bis 98 Prozent der Fahrgäste befolgt. Eine Maskenpflicht habe also noch mehr Einsichtigkeit bei den Menschen zur Folge.
Außerdem verwies Geisel auf das Vorgehen anderer Bundesländer. Es mache für Berlin keinen Sinn, hier einen Sonderweg zu gehen. Im Senat sei darüber längere Zeit diskutiert worden. Es habe unterschiedliche Meinungen, aber keinen Streit gegeben. «Die Atmosphäre im Senat ist in Ordnung», versicherte Geisel.
CDU-Landeschef Kai Wegner nannte den Senatsbeschluss «längst überfällig». «Die Maskenpflicht trägt dazu bei, das Leben in der Stadt unter Wahrung des Gesundheitsschutzes wieder hochzufahren.» Es bleibe ein bitterer Nachgeschmack: «Erneut musste der Senat seine Corona-Politik binnen weniger Tage korrigieren. Mit diesem Zickzackkurs verspielt Rot-Rot-Grün Vertrauen in den Schutz von Gesundheit, Wirtschaft und Gesellschaft.»
Senatorin Pop schlug vor, noch einen Schritt weiterzugehen und eine Maskenpflicht für Pflegeeinrichtungen einzuführen. Pop habe in der Senatssitzung am Dienstag deutlich gemacht, dass von 10 000 mit dem Coronavirus infizierten Heimbewohnern in Deutschland inzwischen 2000 gestorben seien, berichteten Teilnehmer. Am kommenden Dienstag will der Senat über das Thema beraten.
Ein Nasen-Mund-Schutz kann nach Auskunft von Virologen verhindern, dass der Träger andere Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Nicht zu verwechseln ist ein solcher Schutz mit medizinischen Masken, mit denen sich auch der Träger vor Ansteckung schützen kann.
Als Mund-Nasen-Schutz gelten in Berlin nicht nur eine einfache OP-Maske und selbstgenähte oder gekaufte Modelle aus Stoff oder Vlies. Auch eine Bedeckung des Gesichts mit einem Tuch oder einem Schal reicht schon aus, um der Maskenpflicht nachzukommen. Eine Kontrolle ist in Berlin bislang nicht vorgesehen. Im Unterschied zu anderen Bundesländern droht bei Verstößen auch kein Bußgeld.
Inzwischen wird Nasen-Mund-Schutz, der einst Mangelware war, in vielen Geschäften angeboten. Die Preise fangen bei einem Euro für einfachste Modelle an. Mancher Händler will sich in der Corona-Krise aber auch eine goldene Nase verdienen und bietet Masken für 15 Euro je Stück an - was womöglich den Tatbestand des Wuchers erfüllt.
Für Bedürftige, die sich keinen Schutz leisten können, beschaffte der Senat Zehntausende Masken. Sie wurden am Montag an die Bezirke ausgeliefert und werden dort in dieser Woche in Rathäusern und Bürgerämtern verteilt. In Treptow-Köpenick etwa geschah das am Dienstag mit Hilfe des Arbeitersamariterbundes. In Neukölln sind am Mittwoch ab 09.00 Uhr in den Rathäusern Mitte, Wedding, Tiergarten und im Bürgeramt Wedding kostenlose Masken im Angebot - so lange der Vorrat reicht, wie Bezirksstadtrat Carsten Spallek (CDU) mitteilte.
In U- und S-Bahn sollen Fahrscheinkontrolleure Nasen-Mund-Schutz an Fahrgäste ohne Maske ausgeben, wie Geisel ergänzte. dpa
Zoo und Tierpark sind wieder geöffnet - Tausende Tickets verkauft
Zur Wiedereröffnung von Zoo und Tierpark Berlin haben sich bereits tausende Besucher Online-Tickets gesichert. In den ersten 30 Minuten des Online-Verkaufs am Montagnachmittag seien 2500 Eintrittskarten weggegangen, sagte eine Zoo-Sprecherin am Dienstag.
«Bis heute Morgen wurden insgesamt 16 000 Tickets für die kommenden zehn Tage verkauft.» Vor den großen Toren des Zoos hätten am Morgen bereits die ersten Besucher sehnsüchtig auf die Wiedereröffnung des Zoos gewartet.
Nach wochenlanger Schließung haben der Zoo und der Tierpark am Dienstag wieder für Besucher geöffnet - allerdings mit einigen Einschränkungen. Das Aquarium, die Tierhäuser und die Spielplätze bleiben vorerst geschlossen. Auch die Panda-Jungen sind zunächst nicht zu sehen.
Besucher müssen vorab ein Online-Ticket kaufen. Jeweils für die Zeitfenster von 9-13 Uhr sowie 13-17 Uhr gibt es feste Kontingente - vorläufig je Zeitfenster 2000 Eintrittskarten für den Zoo und je 3000 für den Tierpark. Die Regelung gilt auch für Jahreskarten-Besitzer, die ein Zeitfenster kostenlos wählen können. Ermäßigte Tickets und Rabatt-Coupons werden zunächst nicht angeboten. dpa