Von Ira Schaible
Mit einem Glas Sekt das neue Jahr beginnen: Diese Tradition gehört für die allermeisten Menschen in Deutschland zu Silvester. Knapp zwei Drittel (63 Prozent) der Bundesbürger stoßen nach Erkenntnissen des Sektherstellers Rotkäppchen-Mumm um Mitternacht mit prickelndem Schaumwein an. Zu keinem anderen Anlass - ob Geburtstag, Jubiläum oder Weihnachten - greifen so viele Bürger zu dem perlenden Getränk wie an Silvester, heißt es bei der Hochschule Geisenheim im Rheingau. Der in diesem Jahr begonnene Anstieg der Preise wird sich nach Einschätzung der Branche 2024 fortsetzen - das Plus beim Absatz aber auch.
In Deutschland wird nach Erhebungen der Internationalen Organisation für Rebe und Wein mehr Schaumwein getrunken als in allen anderen Ländern. 267,8 Millionen Liter Sekt, Prosecco und Champagner wurden dem Statistischen Bundesamt zufolge im vergangenen Jahr abgesetzt, neuere Zahlen gibt es noch nicht. Damit trank im Durchschnitt jeder ab 16 Jahren fünf Flaschen Schaumwein oder 38 Gläser à 100 Milliliter. Im Zehn-Jahres-Vergleich ging der Konsum aber um mehr als ein Fünftel zurück: 2012 betrug der Pro-Kopf-Konsum noch 6,6 Flaschen beziehungsweise 49 Gläser Schaumwein.
Bei der Wahl des Sekts für Silvester sind die Menschen in Deutschland nicht so experimentierfreudig wie sonst, heißt es in der Branche. «Geschmacklich halten es deutsche Sektkonsumenten zum Jahreswechsel klassisch», sagt der Geschäftsführer des Verbands Deutscher Sektkellereien, Alexander Tacer, in Wiesbaden. Vor allem weißer Sekt und Champagner seien gefragt. Eine «Neigung für alternative Trendkategorien des Sekts, wie beispielsweise für Rosé Sekt» sieht Tacer zum Jahreswechsel nicht. «Rosé ist dann doch eher ein Terrassenwein», sagt auch Xander Heijnen vom Hersteller Henkell-Freixenet.
Zu keinem anderen Anlass werde in Deutschland so häufig Champagner entkorkt wie zur Begrüßung des neuen Jahres, sagt Professor Gergely Szolnoki vom Institut für Wein- und Getränkewirtschaft an der Hochschule Geisenheim im Rheingau. Dies gelte sowohl für Männer als auch für Frauen, «wobei Männer dem Bereich Champagner offener sind». Nach Einschätzung von Rotkäppchen-Mumm lassen die Verbraucher zum Jahreswechsel häufiger die Korken von Premium-Sekten knallen als sonst. «Marken- und qualitätsbewusst» werde an Silvester zum Sekt gegriffen, heißt es auch bei Henkell-Freixenet.
«Sekt ist in Deutschland im internationalen Vergleich günstig», betont Heijnen von Henkell-Freixenet. «Das Preisniveau ist weltweit einzigartig.» So seien laut Lebensmitteleinzelhandel im vergangenen Jahr (2022) rund 80 Prozent der Sekte unter vier Euro gekauft worden, dabei fast die Hälfte bei Aktionen. «Premium-Sekt beginnt für die Verbraucher ab sechs Euro pro Flasche.» Markenchampagner sei ab 30 Euro zu haben.
«Auch wenn in diesem Jahr die Sektpreise durch Weinknappheit und teurere Flaschen gestiegen sind, höhere Aktionsanteile gleichen dies teilweise wieder aus», stellt Heijnen fest. Seine Prognose für 2024: «Kostensteigerungen, auch und insbesondere durch klimatische Veränderungen und gestiegene Energiepreise prägen das Bild.»
Der Verband Deutscher Sektkellereien rechnet trotz gestiegener Preise auch im auslaufenden Jahr mit «einem erfreulichen Absatzplus» seiner Mitglieder, nennt aber keine Zahlen. Geschäftsführer Tacer geht auch 2024 von einem weiteren Anstieg der Preise aus: «Neben den noch immer erhöhten Kosten zum Beispiel für Glasflaschen und Verpackungsmaterialien ist es vor allem die massive Erhöhung der Lkw-Maut, die die Preise - nicht nur - für Sekt nach oben treiben wird.» Zugleich erwartet Tacer, dass die Sekthersteller trotzdem erneut mehr Flaschen verkaufen werden als im Vorjahr. «Das Bedürfnis nach geselligem Zusammentreffen und gemeinsamem Anstoßen insbesondere auch in Zeiten der Krisen und Unsicherheiten ist besonders ausgeprägt.» dpa
Sekt aus Niedersachsen? Einblick in die Sektkellerei bei Hannover
Es ist kühl und dunkel im historischen Gewölbe der Sektkellerei Duprès im Schloss Landestrost. Von 1888 bis vor rund 20 Jahren wurde hier in Neustadt am Rübenberge Sekt hergestellt. Inzwischen führen die beiden Kellermeister Günter Kubanek und Dietrich Walloschke durch die Gemäuer und zeigen, wie der Sekt vor Ort produziert wurde.
Neben den Erläuterungen, wie die Schaumweine hergestellt werden, gibt es für Interessierte auch Verkostungen. Kubanek selbst trinkt auch gern Sekt und Weißwein. Sein Kollege Dietrich Walloschke hingegen, der seit mehr als 20 Jahren Kellermeister ist, bevorzugt das Pils. Die Führungen werden nach Angaben der Kellermeister von ganz unterschiedlichen Gruppen besucht. Von Vertrieblern, über Geburtstage bis hin zu Junggesellenabschieden sei bereits alles dabei gewesen. Reine Männergruppen hat es bisher jedoch nicht gegeben. «Die Männer gehen in eine Bierbrauerei», vermutet Walloschke.
Duprès ist einer von wenigen Sektherstellern in Norddeutschland. «Der räumliche Schwerpunkt von Sektkellereien liegt vor allem im mittleren und südlichen Teil Deutschlands», sagt Alexander Tacer, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Sektkellereien. Tacer zufolge lasse sich «auf jeden Fall sagen, dass Duprès die Sektkellerei mit der längsten Tradition in der Region ist.»
In den sogenannten Kasematten des Neustädter Schlosses wurde der Sekt nach der Methode der traditionellen Flaschengärung hergestellt. Bei diesem Verfahren bleibt der perlende Wein bis zum Genuss in der gleichen Flasche. In dem alten Gemäuer herrschen zwischen 10 und 17 Grad, sagt Kellermeister Kubanek. Dort wurden die Flaschen jahrzehntelang von Hand befüllt, gerüttelt, verkorkt und etikettiert.
Gegründet wurde die Sektkellerei 1888 von Perlenhändler Fritz Kollmeyer. Inspiriert durch seine Reisen durch die Champagne sei in Kollmeyer der Wunsch gereift, in Neustadt am Rübenberge Sekt herzustellen. Kellermeister Kubanek zufolge wollte sich Kollmeyer seitdem um die Perlen im Glas kümmern - denn «die machen schneller Freude». Auf seiner Frankreich-Reise soll der Gründer einen Mann getroffen haben, der sich als Monsieur Duprès vorstellte. Gemeinsamen gründeten sie das Unternehmen. Herr Duprès sei nach einiger Zeit ausgestiegen, berichtet Günter Kubanek. Der klangvolle Name jedoch ist geblieben.
Nach Angaben des Unternehmens belieferte Duprès auch Königs- und Herrenhäuser. «Soviel ich weiß, haben wir auch sogar an den russischen Zarenhof geliefert», erzählt Dietrich Walloschke.
Duprès produziert nach wie vor Sekt, wenn auch nicht mehr in den historischen Gemäuern. Das Sortiment umfasst laut Kellermeister Walloschke um die 15 Sekte und 25 verschiedene Liköre. Auch alkoholfreie Varianten hat das Unternehmen im Angebot, erläutert Kubanek.
Das deckt sich mit den Beobachtungen des Verbands Deutscher Sektkellereien. «Das Interesse an alkoholfreiem Sekt steigt als situationsbedingte Alternative zum klassischen Sekt weiter an», berichtet Alexander Tacer. Außerdem seien weiterhin vor allem die Sorten «Trocken» und «Halbtrocken» beliebt. Ein weiterer Trend sei Rosé-Sekt. Die Nachfrage danach befinde sich im Wachstum, der Rosé-Sekt «hat seinen festen Platz im deutschen Schaumweinmarkt gefunden.»
Inzwischen leitet Joachim Plinke, ein Großneffe des Gründers Fritz Kollmeyer, das Unternehmen. Vor allem zu den Festtagen herrscht bei Duprès viel Betrieb. Die Zeit vor Weihnachten und Silvester sei eine sehr wichtige, sagt Günter Kubanek: «Meine Kolleginnen und Kollegen im Ladengeschäft haben da unendlich zu tun». Denn vor den Feiertagen und den Neujahrsfeierlichkeiten verpacken und versenden die Mitarbeiter von Duprès besonders viel Sekt.
Allerdings ist der Sektkonsum in den letzten Jahren zurückgegangen. «Durch den Wegfall unterschiedlichster sozialer Anlässe hatte sich der Sektkonsum während der Pandemiejahre verändert», erklärt Alexander Tacer. 2022 wurden nach Angaben des Statistisches Bundesamts 267,8 Millionen Liter Schaumwein in Deutschland verkauft. Im Durchschnitt trank damit jeder Mensch ab 16 Jahren 5 Flaschen Sekt oder 38 0,1-Liter-Gläser. Damit habe der Pro-Kopf-Verbrauch leicht über dem von 2021 gelegen. Allerdings ging der Konsum im Zehn-Jahres-Vergleich um mehr als ein Fünftel (21,2 Prozent) zurück. 2012 waren es noch 6,6 Flaschen beziehungsweise 49 Gläser Schaumwein, die im Schnitt pro Kopf getrunken wurden. dpa