Spahn will schnelle Lockerung für Geimpfte Werden die Alltagseinschränkungen gelockert?

Vier Monate nach Beginn der Corona-Impfkampagne in Deutschland hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schnelle Lockerung der Freiheitseinschränkungen für vollständig immunisierte Menschen in Aussicht gestellt. Im Moment liefen dazu bereits Abstimmungen zwischen Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitag bei Besuchen in einem Impfstoffwerk in Reinbek und im Hamburger Impfzentrum.

Die Verordnung könnte nach seiner Einschätzung schon in der kommenden Woche auf den Weg gebracht werden: «Wenn dann alle wollen und Kompromisse schnell möglich sind, kann das natürlich auch - die nächste Bundesratssitzung ist am 7. Mai - Ende nächster Woche abgeschlossen sein.»

Der Minister sagte, dass es nicht länger möglich sei, vollständig geimpfte Menschen noch mit Freiheits-, Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen zu belegen. Das Tragen von Masken werde aber für eine Übergangszeit auch für vollständig Geimpfte Pflicht bleiben. «Diese Maske ist unheimlich nervig», bekannte Spahn. Aber von allen Beschränkungen sei das eine, mit der man noch eine Zeit lang umgehen könne.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat einen Entwurf zu den Rechten Geimpfter vorgelegt, der nun in der Regierung abgestimmt werden soll. Anfang kommender Woche wolle man damit fertig sein, sagte Seibert. Um rasch einen mehrheitsfähigen Entwurf zu erreichen, solle noch vor einem Kabinettsbeschluss mit dem Bundestag und den Ländern gesprochen werden, weil spätere Änderungen das Verfahren deutlich verlängern würden. Spahn sagte, wichtig sei, dass es kein Ping-Pong-Spiel zwischen Regierung, Bundestag und Bundesrat gebe. Ob die reguläre Kabinettssitzung am Mittwoch erreicht wird, blieb offen.

Im Entwurf heißt es, vollständig Geimpften und Genesenen solle es künftig wieder möglich sein, «ohne vorherige Testung zum Beispiel Ladengeschäfte zu betreten, Zoos und botanische Gärten zu besuchen oder die Dienstleistungen von Friseuren und Fußpflegern in Anspruch zu nehmen». Voll Geimpfte und Genesene sollen sich nicht an die lokal geltenden Ausgangsbeschränkungen halten müssen. Sie würden auch bei privaten Treffen mit anderen, die weder geimpft noch von Covid-19 genesen sind, nicht mitgezählt bei der Beschränkung auf einen Haushalt plus eine weitere Person plus Kinder. Maskenpflicht an manchen Orten und Abstandsgebote sollen aber für alle weiter gelten.

Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU), mahnte zu Tempo. «Der Druck auf Restaurants und Hotels, wieder zu öffnen, wird jeden Tag größer. Wir haben daher die moralische und auch juristische Pflicht, die Einschränkung der Freiheitsrechte für Geimpfte und Genesene schrittweise zurückzunehmen. Es wäre gut, wenn das deutlich vor Ende Mai passiert», sagte er der «Bild» (Freitag). Der Bundesrat tagt am 7. Mai und am 28. Mai. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) monierte erste Regelungen zu Geimpften in einigen Ländern. «Uneinheitliche Lösungen kurz nach dem Beschluss einer bundeseinheitlichen Corona-Notbremse seien irritierend für die Menschen, sagte er der «Augsburger Allgemeinen» (Freitag).

Wenn die Lieferzusagen für Impfstoffe eingehalten werden, könnten nach Einschätzung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung Ende Mai weit mehr als die Hälfte der Berechtigten mindestens eine Erstimpfung erhalten haben. Mitte Juni könnten es drei Viertel sein, prognostizierte das Zentralinstitut. Damit wären bei einer anzunehmenden Impfbereitschaft von etwa 80 Prozent fast alle Impfwilligen erreicht. Die FDP-Gesundheitspolitikerin Christine
Aschenberg-Dugnus schlug vor, geschultes Fachpersonal könne etwa auch in Einkaufszentren oder auf Parkplätzen Impfungen anbieten.

Inzwischen haben 26,9 Prozent der Bevölkerung mindestens eine Impfung bekommen. Den vollständigen Impfschutz mit einer zweiten Spritze haben nach Daten des Robert Koch-Instituts von Freitag 7,7 Prozent. Am Donnerstag wurden 916 388 Impfspritzen gesetzt, nur am Mittwoch waren es mit 1,1, Millionen noch mehr. Insgesamt wurden bisher fast 28,8 Millionen Dosen verabreicht - davon 22,4 Millionen bei Erstimpfungen und 6,4 Millionen bei Zweitimpfungen.

Biontech und sein US-Partner Pfizer haben nach eigenen Angaben bei der EU-Arzneimittelbehörde EMA die Zulassung ihres Impfstoffes für Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 15 Jahren beantragt. Dabei gehe es um die Anpassung und Erweiterung der bestehenden Zulassung auf diese Altersgruppe. Sobald die EMA die Änderung genehmige, werde die angepasste bedingte Zulassung in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten gültig sein. Das Mittel ist bisher ab 16 zugelassen. Für die Prüfung von Zulassungsanträgen braucht die EMA in der Regel wenige Wochen.

Parallel läuft eine klinische Studie von Biontech und Pfizer zur Wirkung und Sicherheit ihres Impfstoffs bei Kindern zwischen sechs Monaten und elf Jahre. Biontech geht davon aus, dass belastbare Daten bis September verfügbar sein werden. Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, sieht gute Chancen für Impfungen für Kinder und Jugendliche ab September. «Für Kinder ab zwölf Jahren halte ich das für möglich», sagte er der «Rheinischen Post» (Samstag). «Für kleinere Kinder kann das noch knapp sein.» dpa

Dehoga fordert sofortige Öffnung für Geimpfte, Genesene und Getestete

Der Branchenverband Dehoga Sachsen fordert eine sofortige Öffnung von Hotels und Gastronomie für Geimpfte, Genesene und negativ Getestete. Es müsse einen Strategiewechsel in der Pandemiebekämpfung geben, teilte der Verband am Freitag mit. Seit Monaten sei zu erleben, dass Menschen sich trotz aller Beschränkungen treffen - und zwar heimlich. Damit erreiche man genau das Gegenteil dessen, was man erreichen wolle: Die Infektionszahlen würden weiter nach oben getrieben.

Der Verband formulierte sieben Forderungen, die auf Erleichterung und Hilfe für die Branche zielen. Die Lage sei nach den monatelangen Schließungen katastrophal. Drei Viertel der rund 10 000 Gastgeber in Sachsen befänden sich nach eigenen Angaben in akuten finanziellen Nöten. Das Gastgewerbe sei finanziell, physisch und psychisch am Ende der Kräfte. dpa