Spargel mit Saibling oder Salsa verde zu Ostern

Von Britta Schmeis

Wenn im kühlen Frühjahr den meisten Menschen noch der Sinn nach wärmenden Eintöpfen steht, ist Jochen Frank schon voll auf Spargel eingestellt. «In dieser Zeit probiere ich dann neue Kreationen aus, mit denen wir unsere Gäste in der Spargelsaison überraschen können», erzählt der Küchenchef des Spargelrestaurants «Böser» in Forst bei Bruchsal (Baden).

In diesem Jahr kombiniert er das Königsgemüse mit Forellenfilet aus dem heißen Buchenrauch. Denn auch wenn die Klassiker Spargel mit zerlassener Butter oder Sauce Hollandaise weiterhin beliebt sind, lässt sich das zarte Gemüse vielfältig variieren - und inspiriert so manchen Koch zu den wildesten Kreationen.

Cornelia Poletto, Fernsehköchin, Restaurantbesitzerin und Buchautorin, serviert den Gästen in ihrem Restaurant in Hamburg neben den gängigen Spargelgerichten gern Spargelrisotto mit frischer Minze, im Ofen gegarten Spargel mit Amalfi-Zitronenbutter, Spargelsalat oder den italienischen Klassiker gratinierten grünen Spargel mit San-Daniele-Schinken. «Ich selbst liebe mein Spargelrisotto mit frischer Minze. Und sehr gerne esse ich auch grünen Spargel mit Salsa verde und einem pochiertem Ei», erzählt Poletto.

Damit greift die Köchin einen Trend auf, der sich seit einigen Jahren in Sachen Spargel abzeichnet. «Geschmacklich dezente Kombinationen sind gefragt, die das feine Aroma des Gemüses nicht übertünchen», erklärt Harald Seitz, Ernährungswissenschaftler vom Verbraucherinformationsdienst aid in Bonn. Das volle Aroma und der typische Geschmack des weißen und damit feinsten Spargel entwickele sich erst durch das Kochen. «Wer den Spargel dennoch roh essen möchte, sollte ganz dünne, zarte Stangen wählen und diese gut schälen», rät Seitz.

Als Alternative zum Kochen schlägt er das Marinieren vor: «Man schneidet die Stangen in kleinere Stücke und lässt sie in einer Senf- oder Balsamico-Vinaigrette über Nacht stehen.» Das schmecke toll zu frischen Blattsalaten, Fisch und Geflügelfleisch. Poletto verwendet für Salate auch gerne grünen und violetten Spargel, der im Gegensatz zum weißen über der Erde wächst. «Der grüne ist sehr kräftig und kann daher auch mit Parmesan oder Schinken mithalten, für Salate eignen sich beide gut.»

Auch Jochen Frank besinnt sich bei all seinen Kreationen auf das Wesentliche: «Bei uns bleibt der Spargel das, was er ist, mal feiner, mal herzhafter kombiniert, aber das Gemüse steht immer im Vordergrund.» Langweilig oder gar allzu traditionell geht es deswegen auf der Speisekarten des Badensers noch lange nicht zu: Da gibt es Tagliatelle mit Spargelspitzen an Limettenöl, Rucola und Parmesan, Stangenspargel mit Jakobsmuscheln und Riesengarnelen auf Zitronengras gespießt, dazu Hummer-Cognac-Soße, oder mit Schweinefiletspitzen in Bärlauchsoße und feinen Bandnudeln dazu.

Vorweg serviert er beispielsweise Spargelsalat und geräuchertes Saiblingsfilet mit Honig-Senf-Dip oder einen Dialog von grünem und weißem Spargel auf Carpaccio. In anderen Regionen der Republik nicht so bekannt ist Spargel im Schlafrock. Das sind Pfannkuchen gefüllt mit Stangenspargel, gekochtem Schinken und Käse, dazu gibt es Sauce Hollandaise.

Die Vielfalt und die Tendenz zur sanften Kreation spiegeln auch viele Rezeptideen des Verbandes Süddeutscher Spargel- und Erdbeerbauern (VSSE) wider. Für Spargel-Lauchpäckchen etwa werden Lauchblätter kurz in dem Spargelsud blanchiert und zusammen mit geräuchertem Landschinken um die Stangen gewickelt. Dazu gibt es eine Orangen-Senfbutter mit einem Hauch von Thymian.

Überhaupt harmoniert der Spargel gut mit süß-säuerlichen Aromen, als Salat mit Erdbeeren und Balsamico-Cream oder in Anlehnung an den Klassiker zusammen mit einer Zitronen-Kerbel-Hollandaise und dazu Räucherlachs. Ebenfalls von der Tradition inspiriert und exotisch verfeinert ist Spargel in Sesam-Kräuter-Crêpes.

«Mediterrane Kräuter passen grundsätzlich sehr gut zu Spargel», schwärmt auch VSSE-Geschäftsführer Simon Schumacher. «Dazu lässt man den Spargel in gutem Olivenöl karamellisieren und löscht das Ganze mit Wasser und Weißwein ab, dazu Rosmarin, Thymian oder Oregano. Das schmeckt herrlich.» Wer mag, kann das Königsgemüse auch mit Ziegen- oder Fetakäse und Walnüssen kombinieren.

Entscheidend bei allen Gerichten ist und bleibt, dass der Spargel frisch ist. «Sobald der Spargel gestochen ist, verliert er stündlich an Frische, Aroma, Zartheit und Geschmack», erklärt Seitz. Frischer Spargel sei immer leicht glänzend und der Kopf fest geschlossen. Außerdem ließen sich die Stangen gut mit dem Fingernagel einritzen und sollten beim Gegeneinanderreiben deutlich quietschen. «Und die Schnittstellen müssen feucht und saftig sein», erklärt er.

Deswegen gilt für Poletto auch die Devise: «Morgens gestochen, abends gegessen.» Wenn das nicht geht, dann lagert man ihn am besten in feuchten Tüchern im Kühlschrank. Und für alle, die auch außerhalb der Saison nicht auf die feine Köstlichkeit verzichten wollen: Roher, geschälter Spargel lässt sich sechs bis acht Monate einfrieren. dpa

Gemüse der Kurfürsten - In Schwetzingen dreht sich alles um Spargel

Kurfürst Carl Theodor wäre zufrieden, wenn er heute vom Schloss aus das bunte Treiben beobachten könnte. Jedes Jahr im Frühling zog sein Hof von Mannheim in die Sommerresidenz nach Schwetzingen. Immer dann, wenn der Flieder im Schlosspark wieder duftete. Wenn sich auf den kleinen angehäuften Erdhügeln im Küchengarten die ersten Risse bildeten. Dann wussten die Hofgärtner: Jetzt ist es soweit, der Spargel muss gestochen werden.

Der Monarch war ein anspruchsvoller Gast und Genießer. Er lud Gäste zu Konzerten ins Rokokotheater ein. Dazu wurde der Spargel genüsslich verspeist. Noch heute ist das so. Während im Schlosspark der Frühling erwacht, und auf den Feldern ringsum der erste Spargel sprießt, bereiten sich die Künstler auf die Schwetzinger Festspiele vor. Das Rokokotheater ist die Bühne für große Musikkunst geblieben. Tausende Besucher aus aller Welt kommen in die Stadt, schauen sich das Schloss an, dessen Vorbild aus Versailles stammt, und spazieren durch die herrlichen Gartenanlagen.

Viele Besucher gehen auch zu den Bauern der Region. Fast jeder, der ein Stück vom fruchtbaren Land um Schwetzingen herum besitzt, baut Spargel an. Bereits am frühen Morgen wird er gestochen. Königlich sei das Gemüse, so witzeln die Landwirte, weil man sich vor jeder einzelnen Stange verbeugen muss. Gute Augen, die die feinen, hellen Risse auf den Hügelbeeten entdecken, ein scharfes Messer zum Abstechen der Stange und viel Fingerspitzengefühl sind notwendig.

An diesem Morgen ist auch eine königliche Hoheit schon früh aufgestanden. Katharina I. sortiert die geernteten Stangen. Sie hat einen Hosenanzug an, ihre Füße stecken in Ballerinas - alles nicht besonders majestätisch. Zu allem Überfluss hat die Schwetzinger Spargelkönigin jede Menge Arbeit. Auf dem Feld, am Verkaufstisch und in der Küche des Familienbetriebes. Die Wochenenden sind in der Erntezeit ausgebucht. Sie muss zu Vorträgen, Ausstellungen und Wettbewerben. Und zur Uni muss sie auch noch. Sie studiert Chemie in Karlsruhe.

Katharina ist 22 Jahre alt und Spargelbäuerin in sechster Generation. Ihre Großmutter schwört auf den echten Meisterschuss - die bekannteste Sorte. «Wir haben ihn nicht auf Massenertrag, sondern auf Qualität gezüchtet», sagt sie. Die Köpfe sind geschlossen, die Stange ist durchgehend zart, es gibt keine Fasern. Und der Meisterschuss hat einen besonders intensiven Geschmack. Das sind ihrer Meinung nach die unverwechselbaren Merkmale des Schwetzinger Edelgemüses. Erzählt es und geht zur Spargelwaschanlage mit integriertem Schneidemesser. Ein bisschen Technik muss sein.

Der Landwirt Ulli Renkert vom Spargelhof Allmendsand steht gebückt auf seinem Feld, schiebt mit zwei Fingern die Erde beiseite, treibt das Messer in den Wall und sticht eine Spargelstange. «Die ist gerade und der Kopf geschlossen. Eigentlich wie ein echter Meisterschuss», sagt er und hält die weiße Stange nach oben. Doch Renkert baut die Pflanze, die den berühmten Meisterschuss hervorbringt, nicht mehr an. Der Ertrag sei zu gering.

Trotzdem setzt sein Familienbetrieb auf Qualität. Spargel unter Folie, um diesen zu schnellerem Wachstum anzutreiben? Nein, er wird der Natur nicht ins Handwerk pfuschen. Sein Vater schwört auf den Sandboden. Direkt vom Feld auf den Tisch, so lautet seine Devise für guten Spargel. So war das schon in der Römerzeit, als Kaiser Augustus den Wildling entdeckte, der zwar mit dem Untergang des Römischen Reiches in Vergessenheit geriet, später jedoch hinter Klostermauern wieder angebaut wurde.

Der pfälzische Kurfürst Karl Ludwig hörte davon und veranlasste 1650, auf seinem Hofgut Spargel für die Schlossküche kultivieren zu lassen und nannte ihn Meisterschuss. Der Siegeszug des Spargels nahm seinen Lauf.

Später siedelten Bauern in der Gegend und züchteten das edle Gemüse. Vor der Kulisse des Barockschlosses unter einer Kastanienallee wird während der Erntezeit auf Marktständen Spargel angeboten. Die Szenerie ist auch in Bronze gegossen. Eine Spargelfrau bei der Arbeit, Spargelbünde, ein Mädchen mit Korb beim Einkauf. Ein Hund beobachtet das Geschehen. Die Besucher und die Einheimischen mögen Nico. Seine Schnauze und der Rücken sind blank geputzt.

Die Ideen, wie sie ihr Edelgemüse in allen Variationen bekanntmachen, gehen den Schwetzingern nicht aus. Konditormeister Utz komponiert ganz spezielle Spargelspitzen in seiner Confiserie: Vollmilchschokolade, gefüllt mit Buttertrüffelmasse, abgeschmeckt mit Champagner und Himbeergeist, das Ganze umhüllt mit heller und brauner Schokolade. In Spargelspitzengestalt gebracht durch eine spezielle Form, die man im Haus Utz selbst erdacht hat und patentieren ließ. Eine Schwetzinger Pralinenspezialität, die es nur während der Spargelsaison gibt. Die gerollten Marzipanspargelstangen gibt es auch noch, wenn die Erntezeit lange vorbei ist.

Die Bäcker-Brüder Jürgen und Thomas Rieger haben ein eigenes Brot mit Spargelstücken kreiert. In den frühen Morgenstunden steht Jürgen in der Backstube, mischt Weizenmehl und Weizengrieß, gibt etwas Spargelsud zu einem Teig und formt am länglichen Teil eine Knospe. Wenn das Brot ganz frisch aus dem Ofen in die Backstube kommt, dann ist die Rinde knusprig und innen ganz weich. Von der Bäckerinnung gab es eine Goldmedaille und einen Eintrag ins Geschmacksregister. dpa

Reise nach Schwetzingen

Anreise: Mit der Bahn geht es nach Mannheim und dann weiter nach Schwetzingen. Mit dem Auto führt der Weg über die A5.

Schlosspark Schwetzingen: Schloss und Schlossgarten Schwetzingen, Schloss Mittelbau, 68723 Schwetzingen. Für Besichtigungen und Führungen: Schlosskasse Schwetzingen (Tel.: 06202/12 88 28).

Informationen: Stadtinformation Schwetzingen, Dreikönigstraße 3, 68723 Schwetzingen, Tel.: 06202/94 58 75, schwetzingen.de