Von Birgit Ellinger
Obwohl sie selbst hohe Berge und traumhafte Landschaften haben, zieht es viele Schweizer im Urlaub nach Bayern. Vor allem das Allgäu ist durch seine geografische Nähe interessant für die Eidgenossen. Die Aufwertung des Franken hat das Interesse seit Mitte Januar verstärkt: Wie Hoteliers und Liftbetreiber aus der Region berichten, ist die Nachfrage von Gästen aus der Schweiz noch mal gestiegen. «Wir profitieren jetzt schon spürbar vom starken Franken. Es sind deutlich mehr Schweizer da. Den Dialekt hört man viel öfter als noch vor einem Jahr», sagt Augustin Kröll, Geschäftsführer der Oberstdorfer Bergbahnen.
Für Schweizer wird der Urlaub jenseits ihrer Grenzen vor allem aus finanziellen Gründen immer attraktiver. Seit dem 15. Januar, als die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Kopplung des Franken an den Euro überraschend aufhob, bekommen sie im Ausland mehr für ihr Geld.
Die Österreicher profitieren von dem günstigeren Euro schon länger, sagt Kröll. Jetzt würden die Schweizer zum Skifahren, Langlaufen und Winterwandern auch ins Allgäu kommen und dort vorwiegend Hotels im oberen Preissegment buchen. «Wir haben zur Zeit traumhafte Bedingungen mit viel Schnee und Sonne. Für die Schweizer ist das alles in zwei Stunden zu erreichen.» Trotz der Freude über die neuen Gäste ist sich der Bergbahn-Chef bewusst, dass der Schweizer Tourismus vor einem schwerwiegenden Problem steht. «Es ist leider so: Des einen Leid, des anderen Freud. Wir sind in diesem Fall auf der Gewinnerseite.»
Nicht nur der Dialekt, auch die vielen Schweizer Autokennzeichen fallen auf. Vor dem Wellness-Hotel Hubertus in Balderschwang gehören sie schon lange zum gewohnten Bild. «Wir haben immer einen hohen Anteil an Schweizer Gästen. 22 bis 23 Prozent unserer Gäste kommen aus der Schweiz», sagt Juniorchef Marc Traubel. Dies liege an der geografischen Nähe. «Von Sankt Gallen bis zu uns ist es nur eine Stunde Fahrt.» Ab der Schweizer Grenze sind es nur 30 bis 40 Minuten. Traubel hofft darauf, dass durch den starken Franken künftig noch mehr Eidgenossen kommen. «Wir haben die Schweizer gerne bei uns. Sie sind zahlungsfreudiger als die Deutschen.»
Die Schweiz ist für das Allgäu der wichtigste touristische Auslandsmarkt, sagt Stefan Egenter, Marketingleiter der Allgäu GmbH. Seit Jahren würden die Schweizer bei den Übernachtungszahlen mit mehr als 25 Prozent das größte Kontingent ausländischer Touristen stellen.
Als Grund dafür nennt er neben der Nähe das große Angebot an Vier- und Fünf-Sterne-Hotels in der Region. «Die Schweizer schätzen es, dass sie bei uns tolle Hotels zu attraktiven Preisen besuchen können. Für vergleichbare Qualität müssen sie im eigenen Land sehr viel mehr bezahlen.»
Egenter rechnet durch die Franken-Aufwertung damit, dass künftig noch mehr Schweizer ihren Urlaub im Allgäu verbringen. Zusätzliche Werbung soll dabei helfen. «Das wird allerdings eine Herausforderung. Denn in der Schweiz sind jetzt natürlich auch die Werbepreise gestiegen.»
Nicht nur Hotels der gehobenen Klasse sind bei den Gästen aus der Alpenrepublik beliebt. «Die Schweiz ist mittlerweile nach Deutschland der zweitgrößte Markt für uns und hat die Niederlande auf Platz drei verdrängt», sagt Angelika Soyer, Vorsitzende der Vereinigung «Mir Allgäuer», die Urlaub auf dem Bauernhof anbietet. Im Januar verzeichnete die Vereinigung rund 40 Prozent mehr Anfragen aus der Schweiz als im Vergleichsmonat des Vorjahres.
Für die Tourismusämter ist es noch zu früh, um die Nachfrage der Schweizer Gäste mit Zahlen zu belegen. «Die Zugriffe auf der Webseite, die Zahl der Anfragen und auch die ein oder andere jetzt schon vorliegende zusätzliche Buchung stimmen aber hoffnungsfroh, dass die Gäste-Zahlen aus der Schweiz im Jahr 2015 steigen werden», sagt Bianca Keybach, Tourismuschefin in Oberstaufen. Auch dort setzt man auf zusätzliche Werbung. «Wir haben bereits am Tag nach der Anpassung des Wechselkurses im Internet Kampagnen gestartet.»
Auch in Oberbayern nimmt die Zahl der Urlauber aus der Schweiz zu. Oswald Pehel, Geschäftsführer des Tourismusverbandes für München und Oberbayern, spricht sogar von einem markanten Anstieg, ohne ihn freilich schon beziffern zu können. «Oberbayern rückt immer mehr in den Fokus», sagt er. Die ohnedies spürbare Zunahme von Urlaubern aus der Schweiz sei in den vergangenen Wochen noch einmal in die Höhe geschnellt, wie die örtlichen Tourismusverantwortlichen berichteten. dpa