Start der Außengastronomie Hier wird geöffnet

Nicht nur für Gastwirt Jan Schumann vom Café Engels Eck (Café Wichtig) in Timmendorfer Stand endet am Montag eine monatelange Durststrecke. Wo die Zahl der Corona-Neuinfektionen je 100 000 Menschen stabil unter 100 liegt, dürfen die Außenbereiche von Restaurants und Cafés wieder öffnen. «Für uns ist das ein besonders wichtiger Schritt, weil wir von der Außengastronomie leben», sagte Schumann der dpa. Sein Betrieb habe viel mehr Plätze draußen als drinnen. «Wir freuen uns darauf, dass es überhaupt wieder losgeht.»

Es bleibe ein etwas flaues Gefühl, ob die Lockerung nicht doch wieder kassiert werde, sagte der Unternehmer. Schließlich seien jetzt Waren bestellt worden. Die Mitarbeiter seien aus ganz Europa rechtzeitig gekommen und verfügten über negative Corona-Test. In der Branche gebe es ein großes Eigeninteresse daran, dass alle Leute regelmäßig getestet werden und die Hygienemaßnahmen eingehalten werden. «Das ist die Grundlage für unser Schaffen.»

Die Öffnung sei wirtschaftlich sehr wichtig, betonte Schumann. Von der Novemberhilfe habe er erst eine Abschlagszahlung bekommen, von der Überbrückungshilfe 3 nicht einmal das. «Das ist extrem wichtig, weil man natürlich privat immer mehr dort rein legt.» Er gehe davon aus, dass schnell wieder viele Gäste kommen werden. Die Kapazität im Außenbereich hat Schumann auf rund 200 Plätze verringert. Viele Gäste empfänden das als angenehm. «Wir werden unsere Terrasse neu ausrichten in den nächsten Monaten. Das wird nicht wieder so bestuhlt werden wie es vor Corona war.» Größere Abstände führen nach Schumanns Erfahrung nicht unbedingt zu geringerem Umsätzen, weil Verweildauer und der Verzehr zunehmen.

Die Landesregierung hatte die Erlaubnis zur Öffnung am Mittwoch mitgeteilt. Der Zugang zur Außengastronomie richtet sich nach den aktuellen Kontaktbeschränkungen. Demnach dürfen maximal fünf Personen aus zwei Haushalten an einem Tisch sitzen. Kinder unter 14 Jahren zählen nicht mit. Die Gastronomen müssen eine Kontaktnachverfolgung sicherstellen; die Abstände müssen überall gewährleistet sein. Medizinische Schutzmasken sind Pflicht, nur am Tisch dürfen Gäste sie abnehmen. Vorherige Schnell- oder Selbsttests auf das Coronavirus sind für den Besuch der Außengastronomie keine Pflicht, werden aber dringend empfohlen. dpa

Öffnungsmodell im Saarland - Wie lange wird die neue Freiheit halten?

Große Aufregung und Vorfreude. Drinnen wie draußen. Die Gäste treffen nach und nach ein. Mit Maske, Abstand und negativem Corona-Test-Ergebnis. Journalisten an jeder Ecke. Es ist ein besonderer Abend für das saarländische Staatstheater.

Nach sechs Monaten Stillstand hat es am Donnerstagabend erstmals wieder seine Pforten geöffnet. Der sichtlich aufgeregte Theater-Intendant verteilt munter Glücksschweinchen aus Marzipan. «Schwein gehabt» haben all jene, die einen der rund 200 Plätze ergattern konnten. In normalen Zeiten wäre das Theater mit 980 Gästen besetzt. Ein junges Paar aus Stuttgart freut sich über sein Glück - und über das saarländische Öffnungsmodell, das «diese Freiheit» möglich mache. Im Ländle müssten sie dafür nach Tübingen fahren. «Wir genießen es», sagt die junge Frau.

Nur das Abendessen - das sei leider ausgefallen, weil die Gastronomie offensichtlich noch nicht ganz auf die neue Realität vorbereitet war: Seit Dienstag dürfen Außengastronomie, Fitnessstudios und Kultureinrichtungen im Saarland wieder öffnen - wenn die Gäste einen negativen Corona-Schnelltest vorweisen. Ein Modell, auf das ganz Deutschland blickt. Erstmals wagt ein ganzes Bundesland Öffnungsschritte - obwohl seit Tagen die Zeichen auf Lockdown stehen. Die dritte Pandemiewelle rollt. Wissenschaftler und Mediziner warnen vor dem Kollaps der Krankenhäuser. Auch im Saarland steigt die Inzidenz. Am Donnerstag lag sie bei 97,4. Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, übt Kritik an Lockerungen trotz hoher Fallzahlen. «In einigen Regionen wird aktuell bei Sieben-Tage-Inzidenzen um 100 gelockert», sagte Wieler am Freitag - ohne dabei explizit das Saarland zu nennen. Angesichts der sich zuspitzenden Lage in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen sei das «bedenklich - zumindest solange wirksame zusätzliche Konzepte der Pandemie-Eindämmung fehlen», erläuterte der RKI-Chef.

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans beharrt darauf, dass er die sogenannte Notbremse ernst nehme und dass sie im Saarland unter Berücksichtigung des R-Werts und der Lage in den Krankenhäusern greifen werde, wenn sich die Situation verschärfe. «Wir fahren nicht über Rot», bekräftigte der CDU-Politiker am Donnerstagabend in der Talk-Sendung «Maybrit Illner». Er will sich nicht allein auf Inzidenzwerte verlassen und verteidigt sein auf Tests basierendes Öffnungsmodell.

Aber seit diesem Freitag ist klar: Er könnte womöglich bald dazu gezwungen sein, sich an der Inzidenz zu orientieren und dann schärfere Maßnahmen zu ergreifen. Wie die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Freitag überraschend erklärte, soll das Infektionsschutzgesetz im Eilverfahren geändert werden, um bundeseinheitliche Vorgaben ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 zu ermöglichen. Damit wäre die «Notbremse», die im Saarland bislang nicht nach festen Zahlen geregelt ist, zwingend zu ziehen. Bund und Länder hatten bereits Anfang März eine «Notbremse» ab einer Inzidenz von 100 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen vereinbart. Allerdings war sie zum Teil ignoriert worden. Diese Verbindlichkeit soll die geplante Änderung des Infektionsschutzgesetzes garantieren.

Bis dahin und solange der saarlandweite Inzidenzwert wie in den vergangenen Wochen unter 100 bleibt, können die Saarländer weiter auf der Außenterrasse sitzen. Auch wenn die Einheimischen immer wieder die eine Frage stellen: «Wer weiß, wie lange noch?»

Das fragt sich auch der saarländische Hotel-und Gaststättenverband, der befürchtet, dass der Bund mit einem neuen Lockdown durchgreifen könnte, wie Dehoga-Hauptgeschäftsführer Frank Hohrath der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Auch Tobias Hans will keinen kollektiven Lockdown. In einer gemeinsamen Erklärung mit Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (ebenfalls CDU) betont Hans am Freitag, dass auch bei einer Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes Entscheidungsspielräume für die Länder bleiben müssten. «Wir sind im Saarland und auch im Freistaat Sachsen immer konsequent vorangegangen, wenn es notwendig war. Wir sehen aber auch schon alleine an unseren beiden Ländern, wie unterschiedlich die Situation ist», teilten die Regierungschefs am Freitag nach einem gemeinsamen Telefonat mit. «Man braucht Entscheidungsspielräume, um auch auf die jeweilige besondere Situation in den Ländern reagieren zu können.»

Im Saarbrücker Staatstheater hat man sich am Donnerstagabend über diese Entscheidungsspielräume gefreut. Das Hygienekonzept habe funktioniert, betont Theaterchef Bodo Busse am Morgen danach. Auch wenn das «Damoklesschwert», wie er es nennt, bleibe. «Es ist allen bewusst, dass es schnell wieder vorbei sein kann.» Oder mit anderen Worten: «Wer weiß, wie lange noch?» dpa

Rheinland-Pfalz beschließt Ausnahmen für vollständig Geimpfte

Für vollständig gegen das Coronavirus geimpfte Menschen gelten in Rheinland-Pfalz künftig Ausnahmen von der Testpflicht und der Absonderungspflicht nach der Einreise aus einem Risikogebiet. Das hat das Kabinett am Freitag beschlossen, wie das Gesundheitsministerium in Mainz mitteilte. Fünf Prozent der Rheinland-Pfälzer haben laut Robert Koch-Institut bislang zwei Impfungen bekommen. Geregelt wurde außerdem die Maskenpflicht für Erzieherinnen in Kitas. Modellkommunen mit einer Sieben-Tages-Inzidenz unter 50 dürfen zudem künftig Lockerungen erlassen.

Als vollständig geimpft gelte nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission derzeit, wer vor 14 Tagen die zweite Impfung bekommen habe und keine typischen Symptome einer Infektion mit dem Coronavirus aufweise. Der Nachweis über den vollständigen Impfschutz müsse den Betreibern - also etwa den Anbietern körpernaher Dienstleistungen oder der Außengastronomie - schriftlich oder digital nachgewiesen werden. Diese Änderung gilt ab Sonntag, zunächst bis 25. April.

Die Pflicht zur Absonderung von Mitbewohnern und Kontaktpersonen nach der Einreise aus einem Risikogebiet gilt von Montag an nicht mehr für vollständig Geimpfte. Ausnahmen sind Patienten und Bewohner von stationären Einrichtungen wie Krankenhäusern und Pflegeheimen. Voraussetzung ist dabei, dass keine Symptome einer Coronavirus-Erkrankung vorliegen und die Einreise nicht aus einem Virusmutantengebiet erfolgte. Diese Regelung gilt zunächst bis 10. Mai.

Die Kita-Betreuung soll nun den gesamten Tag über in festen Angeboten erfolgen, die den Erzieherinnen und Erziehern fest zugeordnet werden. So soll der Umfang der Kontakte begrenzt bleiben. Zudem gilt künftig Maskenpflicht in der Einrichtung und auf dem Außengelände. Für die Kita-Kinder ist weiter keine Maskenpflicht vorgesehen.

Kreise und kreisfreie Städte, die als Modellkommune anerkannt sind, können weitergehende Öffnungsschritte wagen. Dafür müssen sie eine stabile Inzidenz unter 50 haben sowie ein Hygienekonzept mit bestimmten Kriterien zu Testungen, Nachverfolgbarkeit von Infektionsketten (unter anderem Luca-App), Zugangsregulierungen und Kontrollregelungen vorlegen. Wenn diese nicht eingehalten werden oder die Sieben-Tages-Inzidenz über 100 steigt, müssen die Lockerungen wieder aufgehoben werden. dpa

Corona-Lockerungen: 14 NRW-Kommunen dürfen bald wieder etwas öffnen

Trotz hoher Corona-Infektionszahlen hat Nordrhein-Westfalens Landesregierung 14 Kommunen grünes Licht gegeben, damit sie ihr öffentliches Leben zumindest im kleinen Stil wieder etwas hochfahren dürfen. Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) stellte am Freitag in Düsseldorf Modellprojekte vor, in deren Rahmen Sportstätten, Kultureinrichtungen oder Gastronomie-Terrassen wieder öffnen dürfen. Mit Schnelltests und Apps soll sichergestellt werden, dass das Infektionsgeschehen durch die Öffnungen nicht angeheizt wird. Das Vorhaben wird wissenschaftlich begleitet, um Rückschlüsse für das ganze Land ziehen zu können.

Es geht in zwei Schritten los. Am 19. April ist planmäßig eine erste Gruppe dran: die Nachbarkreise Coesfeld und Warendorf als gemeinsames Projekt, Ahaus, die Städte Münster und Mönchengladbach, der Kreis und die Stadt Paderborn sowie der Kreis Soest mit Soest und Lippstadt. Am 26. April geht es um den Kreis Düren sowie die Städte Essen, Hamm, Köln, Krefeld, Lennestadt, Siegen. Zudem ist der Hochsauerlandkreis mit den Städten Schmallenberg und Winterberg mit dabei.

Der Start dieser Modellprojekte ist allerdings an die Bedingung geknüpft, dass die jeweilige Kommune dann unter einer Wocheninzidenz von 100 liegt - es dürfen sich also nicht mehr als 100 Menschen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben. Sollte dieser Wert nach dem Beginn auf mehr als 100 steigen und dies mehr als sieben Tage bleiben, wird abgebrochen - es sei denn, die Kommune legt schlüssig dar, dass der geöffnete Teil des öffentlichen Lebens «nicht wesentlich» zum Infektionsgeschehen beigetragen habe.

Am Freitag lag Münster laut Robert Koch-Institut bei einer Wocheninzidenz von 56,5, Mönchengladbach bei 76,2, Hamm bei 92,8, Essen bei 110,5 und Köln bei 135,2. Die Zahlen machen deutlich, dass es noch unklar ist, ob tatsächlich alle 14 Kommunen mit ihren Modellöffnungen wie geplant loslegen können - nur wenn ihre Inzidenz zweistellig ist, dürfen sie starten.

Ursprünglich war geplant, nur sechs bis acht Kommunen mit Modellprojekten grünes Licht zu geben. Dass es nun etwa doppelt so viele sind als zunächst geplant, begründete Pinkwart mit der hohen Qualität der insgesamt 46 Bewerbungen und mit dem Verweis auf andere Bundesländer - in Niedersachsen sollen es beispielsweise 13 sein. Zudem sollen die NRW-Kommunen etwas später starten als geplant. Man gehe das Vorhaben «wohlbedacht und gut vorbereitet» an und brauche die kommende Woche noch für Gespräche mit den Kommunen.

Pinkwart betonte, dass mit den Modellprojekten wichtige Erkenntnisse gesammelt würden. «Es geht uns um eine verantwortliche und pandemiesichere Umsetzung begrenzter Vorhaben mit klaren Kriterien», sagte er. «Es haben nicht die Kommunen insgesamt geöffnet, sondern sehr gezielt in vorab definierten Projekten, die dann auch mit entsprechenden Testungen und Nachverfolgungen begleitet werden.»

Der Städte- und Gemeindebund NRW unterstütze den Modellversuch des Landes, sagte Hauptgeschäftsführer Christof Sommer der «Rheinischen Post» (Samstag). Er verstehe, wenn Menschen Bedenken hätten. «Aber es handelt sich um geografisch stark begrenzte und nur auf einzelne Bereiche festgelegte modellhafte Projekte. Alle, die sich erhofft hatten, dass bei den Modellen in ihrer Kommune großflächig geöffnet wird, werden enttäuscht sein.» Die beteiligten Städte und Gemeinden lieferten nun wissenschaftlich begleitet einzelne Bausteine, die später in eine breitere Strategie münden könnten. Die vorgesehenen Abbruchkriterien halte der Verband für sinnvoll und ausreichend.

In Mönchengladbach geht es unter anderem um die Freigabe von Publikum im Fußballstadion des Bundesligisten Mönchengladbach und im städtischen Theater sowie in einem für Konzerte und Events umgebauten Hockeystadion. Essen will ein Fitnessstudio öffnen und fünf gastronomische Veranstaltungen erlauben.

Der Kreis Düren plant die Öffnung eines Feriendorfs und Kinos. Lennestadt will mit dem Elspe Festival eine Open-Air-Veranstaltung erlauben. Siegen möchte fünf öffentliche Bäder für Vereinssport und Freizeit öffnen. In Paderborn sollen Bäder und ein Fitnesscenter dabei sein. In Münster soll unter anderem ein Biergarten öffnen und in Soest Gastronomie in der Innenstadt. In Schmallenberg und Winterberg sollen Konzepte des kontaktarmen Urlaubs in Ferienwohnungen, Hotels und auf Campingplätzen getestet werden.

Köln hat ein Bündel an Örtlichkeiten in sein Vorhaben einbezogen, die Öffnungen sollen stufenweise ausgeweitet werden. In der ersten Stufe sei zunächst geplant, ein Einkaufszentrum mit ergänzendem Einzelhandel, eine Ladenstraße, eine Eventlocation, eine Kultureinrichtung, eine Veranstaltung des Handels, eine Sportstätte sowie eine Außen- und Innengastronomie einzubeziehen, teilte die Stadt mit. «Zudem sollen im ersten Schritt auch räumlich abgegrenzte Modellschulen und Kitas einbezogen werden.»

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) NRW äußerte sich verhalten. Er begrüßte zwar grundsätzlich die Umsetzung von Lockerungsszenarien. «Für uns bieten sie die Möglichkeit zu zeigen, dass die Kombination aus unseren hohen Schutzstandards plus negativen Tests und digitaler Kontaktdatennachverfolgung Lockerungen in der (Außen)gastronomie erlauben», teilte der Verband mit. Es könne aber nur ein erster Schritt sein. «Parallel brauchen wir weiterhin eine umfassende Öffnungsperspektive für alle Betriebe des Gastgewerbes.» Zudem wies das Branchensprachrohr darauf hin, dass allein der Betrieb von Außengastronomie - besonders zur aktuellen Jahreszeit - betriebswirtschaftlich unrentabel sei.

Aus der Opposition im NRW-Landtag kam Kritik. Der SPD-Abgeordnete Christian Dahm bemängelte, dass die Kommunen zwischen Bekanntgabe der Teilnahme-Kriterien und dem Einsendeschluss nur 24 Stunden Zeit gehabt hätten. Das Vorgehen der Landesregierung sei «ungerecht und im schlimmsten Falle kontraproduktiv», sagte er. «Wenn jetzt in 14 Kommunen Öffnungen getestet werden, müssen wir auch mit entsprechenden Verkehrsflüssen dorthin rechnen. Viele Menschen könnten sich dann in wenigen Städten und Gemeinden knubbeln.» dpa