Sternekoch Schuhbeck auch mit 65 noch experimentierfreudig

Alfons Schuhbeck kocht und kocht und kocht - im Fernsehen, in seinem Restaurant. Jetzt wird er 65 - aber den Kochlöffel legt er noch lange nicht weg. Im Interview berichtet der Münchner Sternekoch über Geschmack, Gesundheit - und Bier als Zutat.

Frage: Sie kochen viel mit Bier: Bier-Tiramisu, Biergulasch, Bierlinsen, Apfelkücherl im Bierteig... Was bringt denn das Bier? Andere Köche verwenden doch eher Rotwein?

Antwort: Dass die Küchen in Weingegenden auch gern mit Wein arbeiten oder die Köche in der Champagne den Champagner nicht nur trinken, muss ja nicht ausschließen, dass in Bayern auch mit dem Grundnahrungsmittel Bier gekocht wird. Wenn meine bayerischen Kollegen und ich das nicht täten, würden wir als phantasielos beschimpft. Gerichte mit Bier zu entwickeln, ist übrigens gar nicht so einfach, weil dessen Bitternote schwer zu bändigen ist. Die Ergebnisse dieser Herausforderungen findet man, auch bei mir, eher in Kochbüchern als auf Speisekarten.

Frage: Ihre eigenen neuesten Kreationen?

Antwort: Derzeit fasziniert mich die Welt der Gewürze und ich tüftele an Fisch in der Tandoorikruste, Ente mit Sternanis und asiatisch mariniertem Radi oder Milchlamm im Duft Marokkos. Die faszinierende Welt der Gewürze ist die zweite große Liebe meines Kochlebens. Da werde ich mich jetzt genauso reinhängen wie in jungen Jahren in die Modernisierung der bayerischen und der übrigen regionalen Küche. Mich fasziniert, wie die Inder beispielsweise mit ayurvedischen Rezepten Wohlgeschmack und Wohlbefinden in Einklang bringen oder die Chinesen Kochen und Medizin verbinden, in dem sie Yang-Gewürze wie Ingwer und Chili mit Yin-Kräutern wie Minze und Petersilie ausbalancieren. Also lautet das Grundrezept meiner Gewürzküche, über der ich natürlich meine Heimat nicht vergesse: Gewürze sind ebenso sehr Wellness für unseren Geschmack wie Fitness für unseren Körper.

Frage: Lebensmittelskandale, Beispiel Pferdefleisch: Ist das früher nicht ans Licht gekommen? Oder liegt das an der Industrialisierung der Nahrungsmittelindustrie? Gibt es gar mafiöse Strukturen?

Antwort: Überall wo sich Geld verdienen lässt, muss man mit krimineller Energie rechnen. Als die Menschen ihre Lebensmittel noch auf dem Markt, beim Metzger und Bäcker kauften, lohnten keine Mafia-Methoden. Heute werden Betrüger auch dadurch motiviert, dass nicht alle Konsumenten bei ihrer Ernährung auf wohltuende Qualität achten, sondern zu viele bloß billig satt werden wollen.

Frage: Wie haben sich Ihre Gäste verändert? Legen Sie mehr Wert auf Stil oder sind sie noch gesundheitsbewusster - oder schlemmen sie einfach gerne ungeniert?

Antwort: Die Freude am Genuss als Hauptmotiv für den Besuch eines guten Restaurants ist geblieben. Die Gäste achten zunehmend auf Leichtigkeit, Bekömmlichkeit und Vielseitigkeit ihres Essens. Sie bevorzugen kürzere Menüs, sind lockerer geworden und offener für neue Geschmackserlebnisse.

Frage: Man hört, Sie selbst legen großen Wert auf Stil. Wer bei Ihnen speist, darf angeblich nicht mal vom Teller des Partners probieren - dabei sind die Gäste doch gerade beim Starkoch Schuhbeck besonders neugierig. Warum also diese Strenge?

Antwort: Dieser Schmarrn wird immer mal wieder anonym im Internet verbreitet. Zuerst traf es vor 20 Jahren den ehrenwerten Kollegen Dieter Müller, später auch mich. Die armen Irren, die da bösartig von Hausverbot oder Roten Karten schwafeln, mussten bislang jeden Beweis schuldig bleiben. Denn was sollten wir Köche wohl dagegen haben, wenn Gäste ihre Freude teilen möchten, in dem sie von ihrem Teller probieren lassen oder die Teller tauschen?

Frage: Was ist das Geheimnis Ihres Erfolgs?

Antwort: Ich höre meinen Gästen sehr gut zu, ich höre auch hin, wenn sich Ärzte, Sportler und Idealgewichtige über Ernährung unterhalten. Ich lege nie die Hände in den Schoß, denke immer positiv und grüble nicht viel darüber, warum eine Tür zugegangen ist, sondern schaue, wo die nächste aufgehen könnte.

Frage: Sie haben just das Rentenalter erreicht - wie lange machen Sie noch weiter?

Antwort: Mein Beruf stellt mich glücklicherweise jeden Tag vor Herausforderungen, die den Geist wach halten. Solange ich Freude am Kochen habe und die nötige Leidenschaft bei der Arbeit bewahren kann, mach' ich weiter. Ich habe erst kürzlich Verträge um zehn Jahre verlängert und werde also bis zum jüngsten Gericht an dem Patentrezept arbeiten, jedem Gast das Vergnügen machen zu können, das er gern hätte.

Das Interview führte Sabine Dobel, dpa