Sternekoch Tim Raue Zucker sollte reguliert werden

»Ein Staat, der für die Sicherheit seiner Bürger verantwortlich ist, sollte es auch für deren Gesundheit sein«, sagt Raue. »Wir könnten die Milliarden, die wir ins Gesundheitssystem pumpen, drastisch reduzieren, wenn wir Lebensmittel verbieten würden, deren Zuckeranteil fünfmal so hoch ist wie die pro Tag maximal empfohlene Menge.«

Seine Lebensmittelunverträglichkeiten führt der TV-Koch darauf zurück, in der Kindheit überwiegend mit industriell zubereiteter Nahrung aufgewachsen zu sein. »Frisch zubereitetes Essen bekam ich als Kind höchstens alle sechs, sieben Wochen, wenn ich bei meinen Großeltern zu Besuch war. Und ich habe alles: Glutenunverträglichkeit, Laktoseintoleranz, Histaminose.«

Welchen Effekt die Ernährung auf die Psyche haben kann, habe er erst spät erkannt. »Ich hatte während meiner Dreißiger schwere Depressionen. Es war echt schwierig, die Ursache zu finden, weil es keinen erkennbaren Grund dafür gab«, so Raue.

»Vor ein paar Jahren war ich durch Zufall auf einem Symposium mit Ärzten und Ernährungswissenschaftlern. Erst da wurde mir der Zusammenhang zwischen täglicher Ernährung und psychischem Wohlbefinden klar.«

Trotz dieser Erkenntnis schaffe er es bis heute nicht, sich gesund zu ernähren, sagt Tim Raue (Sterne-Restaurant Tim Raue in Berlin) : »Ich habe ein großes Problem damit, mich selbst wertzuschätzen, mir auch mal die Zeit zu nehmen, für mich selbst zu kochen.«

Deswegen sei sein eigenes Essverhalten noch immer problematisch: »Ich habe bis heute eine gewaltige Obsession für Frittiertes. Wenn ich einen Fast-Food-Laden sehe, muss ich mich unermesslich zusammenreißen, um einfach vorbeizugehen.«

Mehr: DER SPIEGEL 6/2023, S. 18