Von Ulrike Geist
Wer liebt sie nicht - die zarten roten Früchtchen, die nur von Mai bis Juli Saison haben und von denen der Dichter Hoffmann von Fallersleben schon im 19. Jahrhundert vermutete: «Gott hat sie wohl nur für die Engel gemacht.» Zwar meinte der Dichter die Walderdbeere, aber auch die Gartenerdbeere erfreut Genießer jedes Jahr aufs Neue mit ihrem hübschen Aussehen und ihrem Aroma. Warum also nicht die äußerst Vitamin-C-reichen und kalorienarmen Beeren so oft wie möglich in den Speiseplan einbauen? Denn Erdbeeren passen nicht nur auf Kuchen, zu Sahne und Eis. Auch in herzhafter Kombination sind sie eine Offenbarung.
Thomas Bühner, 3-Sternekoch und Chef des Osnabrücker Restaurants «La Vie», schätzt die Erdbeere als vielseitiges regionales Produkt. Bei der Auswahl setzt man idealerweise auf dunkelrote, nicht zu große Beeren mit durchgehendem - also nicht löchrigem - Fruchtfleisch.
Solch eine perfekte Frucht passt in Bühners Küche dann beispielsweise zu Kartoffelkreationen, zu Zitrusaromen - etwa von Zitronengras oder Limette - und zur Schärfe von Ingwer, Chili und Pfeffer. Die Kombination mit Fisch und hellem Geflügel hält der Spitzenkoch für schwierig. Hummer, Garnelen oder dunkles Geflügel könnten aber passen, sagt Bühner und schlägt vor, die bekannte Ente à l'orange einmal in einer Variante mit Erdbeeren auszuprobieren.
Beim Kochen mit den roten Beeren ist allerdings Vorsicht geboten. «Hohe Temperaturen zerstören den Geschmack», betont Bühner. Das gelte für so empfindliche Lebensmittel wie Erdbeeren ganz besonders. Deshalb sollten sie bei warmen Gerichten erst im letzten Augenblick zugefügt werden. Ein Problem, das sich bei einer Erdbeer-Gazpacho nicht stellt. Bühners Tipp: Herkömmliche Rezepte der kalten leichten Gemüse-Suppe aus Spanien einfach um eine Portion Erdbeeren ergänzen und würzig abschmecken - beispielsweise mit Tabasco und Pfeffer. Und schon kommt eine unerwartete Variante der sommerlich frischen Suppe auf den Tisch.
Auf der Suche nach Gewürzen und Kräutern, die mit Erdbeeren geschmacklich harmonieren, ist Gewürzexpertin Manuela Mahn unter anderem auf Zimt, Gewürznelke, Minze, Tonkabohne, Basilikum, Estragon und Chiliflocken gestoßen. Für die inzwischen schon klassische Verbindung von Erdbeeren und grünem Pfeffer empfiehlt die Expertin gefriergetrockneten Pfeffer zu verwenden, da in Essig oder Lake eingelegter Pfeffer zu viel Säure mitbringe. Außerdem hat der gefriergetrocknete Pfeffer eine knusprige Textur, die gut zur Weichheit der Beeren passe.
Bühner rät für diese Kombination, einen Teil der Erdbeeren zu pürieren, den anderen Teil stückig zu lassen und dann das Ganze mit Vanille und frisch gemahlenem grobem Pfeffer zu krönen. Vanille und grüner Pfeffer kommen auch in Mahns leichtes Dressing für einen frühsommerlichen Spargelsalat mit Erdbeeren und frischem Basilikum. Und ihr Erdbeer-Schalotten-Chutney, das gut zu Lamm oder kräftigem Bergkäse passt, würzt die Expertin ebenfalls mit grünem Pfeffer.
Die reiche Ernte des Frühsommers haltbar zu machen, ist auch das Anliegen von Ökotrophologin und Buchautorin Sarah Schocke. «Überreifung macht die Früchte anfällig für Fehlaromen», sagt sie. Deshalb sollten reife Erdbeeren nicht mehr am Stock bleiben und wenn sie nicht frisch gegessen werden können, lieber eingefroren oder zu Marmelade, Sirup, Chutney oder Essig verarbeitet werden. 300 Gramm Erdbeeren, 10 Salbeiblätter und 75 Milliliter Balsamicoessig kocht Schocke mit 200 Gramm 2:1-Gelierzucker zu einer Creme ein, die dann auch im Winter gut zu Käse, Burgern oder ins Salatdressing passt.
«Auch Dillspitzen, schwarze Oliven und schwarzer Tee harmonieren mit Erdbeeren», sagt Schocke. Zu frischen Beeren empfiehlt sie außerdem Käse wie Gruyère oder Mozzarella. Warum nicht den rot-weiß-grünen Klassiker Tomate-Mozzarella-Basilikum einmal in der Variation Erdbeere-Mozzarella-Basilikum servieren, schlägt sie vor.
Farbe in die triste Jahreszeit bringt Schockes Erdbeer-Salz. Dafür werden die Beeren in Scheiben geschnitten, im Backofen oder Dörrgerät getrocknet und dann mit Salz vermischt. Schocke empfiehlt das Salz zu Fisch oder einfach auf Butterbrot. dpa
Rezept: Erdbeeren mit Mohn und Kartoffelschaum
Hauptgang statt Dessert: Im Rezept von Sternekoch Thomas Bühner kommen die Erdbeeren als raffinierter Salat mit Mohn und frischen Kräutern auf den Teller. Dazu gibt es warmen Kartoffelschaum. Ein gesundes, köstliches und mal ganz anderes Gericht. So lässt sich die Erdbeersaison voll und ganz auskosten. Die Zutaten reichen für vier Personen.
Kartoffelschaum:
300 Gramm gepresste Kartoffeln, 100 Gramm Butter, 150 Gramm Kartoffelwasser, 150 Gramm Sahne
Die Kartoffeln sauber waschen, in Salzwasser weich kochen und nach dem Kochen das Wasser aufheben. Die Kartoffeln pellen, zerdrücken und mit allen Zutaten zusammen fein mixen. Anschließend durch ein feines Sieb geben, mit Salz abschmecken und in eine Espumaflasche füllen - im Wasserbad warm stellen. Wer keine Espumaflasche hat, kann die Kartoffeln alternativ mit einem Pürierstab so schaumig wie möglich mixen.
Erdbeeren und Mohn:
250 Gramm Erdbeeren, 2 Esslöffel Mohn, 30 Milliliter Mohnöl, Kräuter (Kerbel, Estragon, Dill)
Die Erdbeeren waschen, abtrocknen, 4 schöne beiseite legen und mit dem Strunk längs halbieren. Die restlichen Erdbeeren vom Strunk befreien und je nach Größe entweder vierteln oder in grobe Stücke schneiden. Ein Viertel der vorbereiten Erdbeeren pürieren und das Erdbeerpüree mit den geschnittenen Erdbeeren und dem Mohn mischen.
Den Erdbeer-Mohn-Salat nun in Schalen oder tiefe Teller verteilen, die längs halbierten Erdbeeren obenauf setzen und den warmen Kartoffelschaum zugeben. Über die Erdbeeren noch ein wenig Mohnöl geben und mit Kräutern dekorieren.
Rezept von Tim Raue: Grüner Spargel mit Mango und Veilchen