Von Heidemarie Pütz
Ob zum Dessert, bei Kaffee und Kuchen oder sogar als Hauptspeise: Der ideale Apfelstrudel hat eine zart-knusprige Hülle und eine süß-säuerliche Füllung mit Biss. Das gut hinzubekommen, ist gar nicht so einfach. Mit ein paar Tricks der Profis bekommt die Füllung neuen Pfiff - und Koch Johann Lafer kennt eine besondere Alternative zur klassischen Vanillesoße. Ein Klassiker ist Apfelstrudel trotzdem - mit internationaler Geschichte.
In Österreich zählt der Strudel zum kulinarischen Erbe. Dabei ist er eigentlich ein Zugereister. "Der Strudel kam von den Türken über das von ihnen besetzte Ungarn nach Wien", sagt Ingrid Haslinger vom Kuratorium Kulinarisches Erbe Österreich in Wien. "In der Wiener Küche war der Apfelstrudel bis 1918 einer von vielen", sagt sie. Sie fand in alten Kochbüchern etliche Rezepte für pikante und süße Strudel. "Das kennt man heute alles nicht mehr. Strudel war auch eine wichtige Suppeneinlage."
Fernsehkoch Johann Lafer schätzt den Apfelstrudel seit seiner Kindheit in der Steiermark: "Da wir freitags kein Fleisch und keinen Fisch aßen, war Apfelstrudel die beliebteste Alternative." Der Teig ist die Königsdisziplin. "Seine Zutaten sind relativ simpel. Aber Konsistenz und Temperatur müssen stimmen, damit ich ihn so hauchdünn ausziehen kann, dass man durch ihn eine Zeitung lesen kann", sagt Lafer. Denn mit einem zu dicken Teig, schmeckt der Apfelstrudel mehr nach Teig als nach Apfel. "Ich will aber Apfel mit einer zarten blättrigen und krossen Teighülle."
Wer sich an einen selbst gemachten Apfelstrudel wagt, der sollte den Teig aus 200 Gramm Mehl, 120 Milliliter lauwarmem Wasser und 2 Esslöffel Pflanzenöl mindestens 10 Minuten lang kräftig durchkneten - am besten kraftsparend in der Küchenmaschine. "Damit die Luft heraus ist", sagt die Hamburger Kochbuchautorin Marianne Zunner.
Danach rollt die Expertin den Teig zu einer Kugel, bepinselt ihn mit Öl und lässt ihn in Frischhaltefolie verpackt mindestens 1 Stunde ruhen: "Der Teig soll sich entspannen. Dadurch wird er noch geschmeidiger und lässt sich besser ausziehen."
In der Wartezeit ist die Füllung dran. "Für einen Apfelstrudel eignen sich kein Granny Smith oder ähnliche Apfelsorten", meint Lafer. Der Apfel muss die richtige Mischung aus Säure und Süße haben wie zum Beispiel ein Boskop." Und: "Wenn der Strudel gebacken ist, muss der Apfel noch bissfest sein." Für eine perfekte Säure-Süße-Balance empfiehlt er eher unreife Äpfel.
Für den Strudel rund 1 Kilogramm Äpfel waschen, schälen, Kerngehäuse ausstechen und das Obst in dünne Scheiben oder Stifte schneiden. "Spalten sind zu groß", sagt Zunner. Etwas Zitronensaft verhindert, dass die Apfelstücke braun werden. Klassisch werden sie mit in Apfelbrand eingelegten Rosinen und gehackten Mandeln oder Walnüssen gemischt. Zunner röstet die Nüsse vorher ohne Fett in der Pfanne.
Wer keine Rosinen mag, dem empfiehlt sie getrocknete Cranberrys. Sie würzt mit Zucker und Zimt - oder mit etwas gemahlenem Kardamom, Ingwer oder Nelken. Und ein Tipp von Fernsehkoch Lafer: Einen besonderen Pfiff bekommt der Apfelstrudel, wenn man getrocknete Apfelringe in feine Stückchen hackt, sie kurz in Apfelschnaps einlegt und dann unter die frischen Apfelstücke mischt.
Außerdem etwa 60 Gramm Semmelbrösel in Butter goldbraun rösten und mit Zucker karamellisieren. "Zu den Äpfeln passen auch Brösel von Amarettini", sagt Zunner. "Die Brösel streicht man über den frisch ausgezogenen Teig und verhindert so, dass er durchfeuchtet."
Dann beginnt die kniffelige Arbeit: Den aus der Folie gewickelten Teig auf einer leicht bemehlten Arbeitsfläche dünn ausrollen. Nun mit seinen ebenfalls bemehlten Handrücken unter den Teig greifen und ihn über einem Küchentuch von der Mitte aus langsam und behutsam auseinander ziehen. "Nicht mit den Fingern zupfen! Sonst bekommt er Dellen", warnt Zunner. "Langsam von innen nach außen ziehen, bis man ein hauchdünnes Rechteck hat." Dies wird dann auf das Küchentuch gelegt.
Wer Sorge hat, dass ihm der Strudelteig reißen könnte - oder einfach Zeit sparen möchte - kann getrost zu tiefgekühlten Teigblättern greifen. "Man hat keinen Abfall und weiß genau, dass nichts schiefgehen kann", meint Lafer.
Den ausgezogenen Strudelteig dünn mit flüssiger Butter bestreichen und längs bis zur Hälfte mit den gerösteten Bröseln bestreuen. Darauf die Apfel-Mischung gleichmäßig verteilen. Links und rechts einen Rand lassen und die Seitenränder großzügig einschlagen, damit die Füllung beim Backen nicht auslaufen kann. Das Backblech mit Backpapier auslegen.
Nun wird der Strudel mit Hilfe des Küchentuches aufgerollt. Dazu das Tuch am Rand leicht anheben und ihn vorsichtig aufrollen. Das Tuch immer wieder nachfassen, damit der Strudel kompakt wird. Zum Schluss großzügig mit flüssiger Butter bepinseln - das macht den Strudel später schön knusprig.
Lafer empfiehlt, das Gebäck im vorgeheizten Backofen mit Umluft bei 180 Grad 20 bis 25 Minuten zu backen. Kurz vor Ende der Backzeit bepinselt er den Strudel mit leicht erwärmtem Honig, der dann im Ofen karamellisiert. Lafers Alternative zur Vanillesoße: eine aus Eigelb, Milch, Zucker und Vanillemark schaumig aufgeschlagene Zabaione. dpa