Von Martina Rathke
Auf der Insel Rügen stehen sorgsam restaurierte Villen in Bäderarchitektur, moderne Hotels und sogar noch reetgedeckte Häuser. Nun aber will ein Bauunternehmer auf der Ostseeinsel in neue Größenordnungen vorstoßen. Investor Jürgen Breuer plant einen 104 Meter hohen Wohnturm im Seebad Binz. Wird er gebaut, wäre er nicht nur Mecklenburg-Vorpommerns höchstes Wohngebäude. Er würde auch den Bahntower am Potsdamer Platz (103 Meter) in Berlin überragen.
Bauunternehmer Breuer bietet der Gemeinde eigenen Angaben zufolge 3,5 Millionen Euro für das 13 000 Quadratmeter große Grundstück. Entschieden ist aber noch nichts. «Nicht das Geld soll bei der Entscheidung im Vordergrund stehen, sondern, ob es gut für die Gemeinde ist», sagte der Binzer Bürgermeister Karsten Schneider am Dienstagabend auf einer Bürgerversammlung. Er begrüße, dass der Investor sein Projekt so früh in die Öffentlichkeit bringe. Man befinde sich aber bei der Planung in der «Phase Null».
Einige Einwohner sehen in dem wie ein Bücherstapel wirkenden geplanten Bau ein mögliches Wahrzeichen, das den durch Nazibauten geprägten Ort umwerten könne. Andere hingegen erinnert das Gebäude an einen Wachturm. Kritik kommt auch von Hoteliers. Die Auslastung in den vorhandenen Einrichtungen sei schon jetzt nicht zufriedenstellend, sagte Hotelier Oliver Wächter.
Auch wurden Befürchtungen laut, dass dem ersten hohen Haus weitere folgen könnten. Das Streben in die Höhe ist auch Ausdruck des angespannten Immobilienmarktes auf Rügen. Die Quadratmeterpreise für Eigentumswohnungen bewegen sich auf der Insel nach Angaben des Ferienimmobilien-Marktberichtes der Immobilienfirma Engel & Völkers zwischen 3600 bis 8000 Euro.
Die Architektenkammer des Landes, die zusammen mit dem Landestourismusverband für eine identitätsstiftende Baukultur in den Tourismusorten streitet, hält wenig von den Plänen. «Es gibt keinen Grund, an der Küste ein 100 Meter hohes Hochhaus zu errichten», sagte Verbandspräsident Joachim Brenncke. dpa
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