Von Christian Ebner
Noch nie haben so viele Menschen in deutschen Hotels und größeren Gasthäusern übernachtet wie im gerade abgelaufenen Jahr 2013. Doch trotz verringerter Mehrwertsteuer kämpft die Branche mit Problemen. Zwar wird massiv investiert, doch finden sich gleichzeitig immer weniger Menschen, die einen Beruf im Gastgewerbe mit seinem Niedriglohn-Image ergreifen wollen. Vor allem auf den leergefegten Arbeitsmärkten in den süddeutschen Ballungsräumen finden die Betriebe kaum noch geeignetes Personal.
Der Rekordwert von nahezu 411 Millionen Übernachtungen könnte nach Einschätzung der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) bereits 2014 erneut getoppt werden. Die Nachfrage aus dem Ausland werde jedoch bis zu drei Prozent steigen, sagt DZT-Chefin Petra Hedorfer. Deutschland bleibe nach Spanien das zweitbeliebteste Touristenziel in Europa. Man sei gut aufgestellt in den wichtigen Reisetrends Kulturstädte, Kongresse und Rundreisen. In diesem Jahr soll zudem der 25. Jahrestag des Mauerfalls die Gäste für das moderne Deutschland interessieren.
Trotz des bereits seit 2004 anhaltenden Dauer-Booms herrscht in der Hotellerie keineswegs eitel Sonnenschein. Das Geschäft werde nicht zuletzt auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen, klagt Guido Zeitler, Hotel-Experte bei der Gewerkschaft NGG. Statt in die Belegschaften investierten die Hoteliers in Folge der Mehrwertsteuerabsenkung für ihre Leistungen lieber in Neubauten oder Modernisierungen. So sei nach dem Krisenjahr 2009 erst 2012 das Beschäftigungsniveau von zuvor wieder erreicht worden. Minijobs seien weit stärker gestiegen als sozialversicherungspflichtige Jobs. Wegen der traditionell niedrigen Gehälter, ungünstiger Arbeitszeiten und fehlender Perspektiven täten sich die Betriebe schwer, Auszubildende zu rekrutieren und Arbeitskräfte aus dem Ausland anzuwerben.
Tatsächlich befindet sich die Zahl der Auszubildenden im Gastgewerbe auf Sinkflug. Seit 2007 ist sie dem Dehoga-Verband zufolge von 107 000 um ein Drittel auf noch knapp 69 000 im Jahr 2012 abgeschmolzen. Besserung ist nicht in Sicht. «Alle Branchen kämpfen um die besten Köpfe», erklärt dazu Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges in Berlin.
Die Arbeitgeber müssten die Rahmenbedingungen gezielt verbessern, verlangt Gewerkschafter Zeitler. Die Situation in der Gastronomie sei allerdings noch schlechter als in den Hotels. «In den Kneipen werden viele Minijobs als Feigenblatt für Schwarzarbeit missbraucht.» Bei Kontrollen sei es nahezu unmöglich nachzuweisen, ob die angetroffenen Beschäftigten gerade im Rahmen eines Mini-Jobs oder schwarz arbeiten.
In den Hotels mit ihren rund 455 000 Beschäftigten gibt es nach NGG-Einschätzung weniger Schwarzarbeit, weil auch weniger Einnahmen an der Kasse vorbei generiert werden könnten. Wegen des höheren Tarifniveaus in den Hotels werde die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns nur einen leichten «Sog nach oben» bringen.
Der Branchenverband Dehoga sieht den Mindestlohn nicht ganz so entspannt. Vor allem Betriebe in Ostdeutschland bekämen Probleme, wenn die Personalkosten sprungartig um 15 bis 20 Prozent steigen, sagt Hartges. «Wir wollen qualifizierte Ausnahmen, etwa für junge Leute unter 23, die keine abgeschlossene Ausbildung haben.»
Trotz der steigenden Gästezahlen weist das Statistische Bundesamt für die Hotellerie 2013 nur gleichbleibende Umsätze aus. Im internationalen Vergleich stehe das deutsche Angebot mit seiner modernen Infrastruktur weiter besonders preiswert da, sagen die DZT-Tourismusmanager.
Unbestritten sind die hohen Investitionen, die man besonders in Berlin, aber auch in anderen Ballungszentren und in einigen Ferienregionen beobachten kann. Neben neuen 5-Sterne-Hotels entstehen zahlreiche Häuser von Budget-Ketten, die zunehmend die inhabergeführten Drei-Sterne-Hotels verdrängen.
Der unerbittliche Preiskampf werde auf dem deutschen Hotel-Markt weitergehen, sagt NGG-Mann Zeitler. «Außerhalb der Boom-und Messezeiten wird weiterhin mit Schleuderpreisen gearbeitet.» Das sieht der Dehoga-Verband durchaus ähnlich. «Auf dem Markt herrscht ein harter Verdrängungswettbewerb», sagt Hartges. dpa